Ein Kommentar aus der taz vom 14.07.2009 von SEBASTIAN HEISER.
Der Verfassungsgerichtshof verhandelt heute über die Frage, wie souverän das Volk ist. Nach Ansicht des Senats sollte die oberste Staatsgewalt nur eingeschränkt bei den Bürgern liegen: Eine Volksabstimmung über eine bessere Kita-Betreuung ist danach nicht zulässig. Schließlich sind damit Kosten von rund 165 Millionen Euro jährlich verbunden. Das sind rund 0,8 Prozent des Landeshaushalts – nach Ansicht des Senats darf über so viel Geld nur das Parlament entscheiden und nicht das Volk.
Moment – von wem wird das Parlament denn gewählt? Das sind immer noch die Bürger. Und die sind ja auch mündig genug, zu entscheiden, ob sie zum Beispiel eine linkspopulistische Partei mit ihren überzogenen Wahlversprechen ins Parlament wählen. Wer mit seiner Wahl darüber entscheidet, welche Parteien über 100 Prozent des Landeshaushalts bestimmen dürfen – warum soll der nicht direkt über einen Bruchteil davon entscheiden können?
Souveränität ist unteilbar. Hoffentlich schreiben die Richter, die die Berliner Verfassung hüten, dem Senat diesen Grundsatz ins Stammbuch. Sonst müssten Volksentscheide auf Sandkastenthemen beschränkt bleiben. Besser wäre es andersherum: Eigentlich müsste das Abgeordnetenhaus verpflichtet werden, sich teure Ausgaben wie zum Beispiel den Neubau der Zentral- und Landesbibliothek vorab von den Bürgern bestätigen zu lassen. Es ist schließlich deren Geld.