Seit Anfang des Jahres läuft das Dialogverfahren zur Entwicklung des 71.000 m² großen RAW-Geländes im Süden Friedrichshains. Es zeichnen sich mittlerweile einige mögliche Kompromisse ab.

Die jüngste öffentliche Dialogwerkstatt fand am 10. Juli im Säälchen auf dem Holzmarktgelände statt. Etwa 150 Menschen wollten sich über die bisherigen Ergebnisse des Verfahrens informieren und ihre Meinung zur Debatte beisteuern. Abwechselnd kamen Anwohner*innen, Nutzer*innen, politische Vertreter*innen und Eigentümer zu Wort. Teilweise ziemlich kontrovers wurde diskutiert, wie viel Bebauung an welcher Stelle möglich ist, welche Bestandsgebäude erhalten werden sollen, welche Gebäude einer anderen Bebauung weichen können und vor allem auch, welchen Mehrwert das Gelände in Zukunft für Berlin und die Nachbarschaft haben soll.

Erhalt des Sozio-Kulturellen-Zentrums ist zentral

Alle anwesenden politischen Parteien betonten noch einmal die zentrale Bedeutung des Erhalts der gewachsenen sozio-kulturellen Nutzungen, die auch sonst niemand im Saal in Frage stellte. Ungefähr 80 Vereine und zahllosen Künstler*innen machen mit ihrer Kultur-, Sport- und Jugendarbeit jenen Teil der Seele des Geländes aus, der über den verfallenden Industriecharme hinaus geht. Um dieses Ziel zu erreichen, werden noch harte Verhandlungen zu führen sein. Mit den diesen Teil des Geländes besitzenden Eigentümern, der Kurth-Gruppe, zeichnen sich jedoch Kompromissmöglichkeiten ab. Ein solcher Kompromiss wird bedeuten, dass sich der Charakter des RAW-Geländes verändert. Nur wenn die Eigentümer ihre Chancen auf Profit an anderer Stelle verwirklicht sehen, werden sie zustimmen, die relativ große Gebietskulisse innerhalb derer sich die sozio-kulturelle Nutzung konzentriert, weiterhin sehr preiswert zu vermieten. Sollte kein Kompromiss möglich sein und es damit zu keiner Nachverdichtung kommen, werden die Eigentümer die jetzt schon bewirtschaftbaren Flächen zu viel höheren Mieten vermarkten. Das würde das Ende der unkommerziellen Sozio-Kultur auf dem Gelände bedeuten.

Freiflächen und Plätze mit Aufenthaltsqualität

Weitgehende Einigkeit besteht darüber, dass es auf dem Gelände freie Flächen und Plätze mit hoher Aufenthaltsqualität geben soll. Gestritten wird noch über die Größenordnungen, den Grünanteil (die BVV fordert einen hohen Grünanteil) und den Grad der öffentlichen Nutzbarkeit. Einige der Flächen sollen sich auf Sockelgebäuden befinden. Andere Flächen, besonders im östlichen Teil der Münchener International Campus Gruppe, werden in den Darstellungen der Eigentümer als gepflasterte Einöden präsentiert. Auch hier muss noch viel diskutiert werden. Wobei man feststellen muss, dass bei den Eigentümern International Campus sowie Mast und Tränkle bisher nicht zu erkennen ist, warum die BVV einem veränderten Bebauungsplan zustimmen sollte, der diesen eine dichtere Bebauung erlaubt als im Bestand.

BVV muss am Ende abwägen

Am Ende wird es für die BVV darauf ankommen zu beurteilen, ob die Einigung unter Berücksichtigung aller Interessen tragbar ist… oder eben nicht. Im Bereich der Kurth-Gruppe kann gesagt werden, dass man sich auf einem Weg in die richtige Richtung befindet. Im östlichem Teilbereich Richtung Modersohn-Brücke ist es dagegen noch unklar, welchen Mehrwert die Allgemeinheit von einer dichteren Bebauung haben sollte, die von den gewählten Vertreter*innen der Allgemeinheit in der BVV beschlossen werden müsste. In jedem Fall bleibt es spannend. Nach einer Überarbeitungsphase mit weiteren, intensivierten Aushandlungsprozessen für Lösungen um Grün- und Aufenthaltsflächen sowie den Erhalt der Sozio-Kultur, wird das Verfahren im November weitergehen.

Andreas Weeger, Bezirksverordneter für den Stachel August 2018