Da die EU auf dem Zusammenschluss souveräner Staaten beruht, darf sie nur im Rahmen der Kompetenzen, die ihr von den Mitgliedstaaten zuletzt durch den Vertrag von Lissabon übertragen worden sind, Entscheidungen treffen.

Maßgeblich dabei ist das sogenannte Subsidiaritätsprinzip, d.h. alle Entscheidungen sollen möglichst bürgernah, also auf der „niedrigsten“ Ebene getroffen werden.  Es ist vertraglich festgehalten, dass die EU nur aktiv werden darf, wenn das Ziel auf einer anderen Ebene nicht ausreichend erfüllt werden kann Und dies auf europäischer Ebene besser gelingen kann. Das mag zwar im konkreten sehr unbestimmt sein, doch dieser Grundsatz zeigt, dass es eben nicht darum geht über Köpfe hinweg zu entscheiden, wie es der EU oftmals vorgeworfen wird.

Außerdem wurden in den Verträgen bestimmte Kompetenzen der Union festgelegt, in welchen Bereichen nur die EU tätig werden darf (z.B. Zölle) oder wo dies in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten (z.B. Binnenmarkt, Sozialpolitik) erfolgen muss.

Die EU entfaltet gesetzgeberische Wirkung über Verordnungen und Richtlinien. EU-Verordnungen wirken direkt und unmittelbar, das heißt, wenn Rat und Parlament eine Verordnung erlassen, gilt diese bei uns wie ein Gesetz mit all den damit verbundenen Rechten und Pflichten. Ein weiteres und viel genutztes Instrument ist die Richtlinie, welche zunächst nur indirekt Wirkung entfaltet. Wenn die EU beispielsweise eine Umweltschutz-Richtlinie erlässt, dann muss Deutschland deren Inhalte und Bestimmungen in deutsches Recht, also ein Gesetz, innerhalb einer vorgegebenen Frist umsetzen. Richtlinien sind ein beliebtes Instrument zur Harmonisierung der Gesetzgebung in den doch teils sehr unterschiedlichen Ländern. Ziel ist dabei Schritt für Schritt eine Anpassung der Lebensverhältnisse und Rahmenbedingungen in der gesamten EU.

Was darf das EU-Parlament?

Das Parlament ist zusammen mit dem Rat die Gesetzgeberin in der EU. Das heißt mittlerweile, dass im Regelfall keine Entscheidung ohne das Parlament getroffen werden kann. Außerdem beschließt das Parlament über den Haushalt, also über Mittel von ca. 150 Mrd. Euro im Jahr, die der EU für ihre Politiken zur Verfügung stehen. Ein Großteil dieser Gelder fließt in Form von Fördermitteln zurück in die Mitgliedstaaten.

Wer erwartet, dass im Parlament Regierungsfraktionen gegen Oppositionsfraktionen, wie wir es von Bundes- und Landesebene kennen,  streiten, findet gerade auf europäischer Ebene eine andere Situation vor. Es ist nämlich ein Ort, an dem Mitglieder nicht nur aus 28 Staaten, sondern auch aus unterschiedlichen Parteien zusammenkommen. So ist die europäische Parteienlandschaft etwas bunter, wenn auch nicht durch hunderte kleiner Fraktionen im EP, sondern derzeit mit acht Fraktionszusammenschlüssen sowie 22 fraktionslose Abgeordnete. Bei der Fraktion Die Grünen/Europäische Freie Allianz beispielsweise treffen 52 Vertreter*innen aus 18 Ländern und 26 Parteien zusammen, darunter auch die 11 Abgeordneten von Bündnis 90/Die Grünen. Allein durch diese Strukturen hat sich das EP zu einem Arbeitsparlament entwickelt, indem Abgeordnete oft über Fraktionsgrenzen hinweg zusammenarbeiten und es auch keinen strikten Fraktionszwang gibt.

Auch wenn die Wirkung der Arbeit aus dem Parlament oft diffus bleibt, so haben die Entscheidungen des EPs oft große Bedeutung und weitreichende Wirkung. Als Beispiele seien hier die Stärkung des Datenschutzes jedes und jeder einzelnen EU-Bürger*in durch die DSGVO, Umweltstandards, welche Gesundheits- und Umweltschutz höherstellen als die Interessen der Autoindustrie oder auch EU-weit niedrige Roaming-Gebühren. Und auch in Zukunft werden hier wichtige Entscheidungen getroffen werden. Durch Eure Stimme bei der Europawahl, entscheidet ihr mit!

Wie ist das EP zusammengesetzt?

Das Parlament hat 751 Sitze und wählt aus seiner Mitte eine*n Parlamentspräsident*in, die*der das Parlament auch gegenüber den anderen EU-Organen wie z.B. den Staats- und Regierungschefs vertritt. Die*der Präsident*in wird jeweils zur Hälfte der Legislaturperiode neu gewählt. Bei der Verteilung der Parlamentssitzen auf die Mitgliedstaaten gilt das Prinzip der proportionalen Depressivität. Das bedeutet, dass Abgeordnete aus größeren Mitgliedstaaten mehr Bürger*innen vertreten, als deren Pendants in kleinen Mitgliedstaaten. So kommt auf 80.000 Menschen in Malta ein*e Abgeorndete*r, während ein MdEP in Deutschland über 800.000 Menschen vertritt. Auch wenn dies zunächst nicht ganz gerecht klingt, soll dieser Mechanismus dafür Sorge tragen, die politische Vielfalt in kleineren Ländern repräsentieren zu können sowie die Mitspracherechte der „kleinen“ Mitgliedstaaten in der EU besser auszugestalten. Schließlich hat die EU auch den Anspruch, dass die Abgeordneten aus Luxemburg, Malta, Estland, Irland und Co auch mitreden können und nicht alles von den zwei bis drei größten Mitgliedstaaten diktiert wird.

Durch den anstehenden Brexit werden die 73 Sitze des Vereinigten Königreichs freibleiben. Der Vorschlag auch von grüner Seite die Sitze in transnationalen europaweiten Listen zu besetzen, konnte sich leider nicht durchsetzen. Stattdessen wird das nächste EP „nur“ noch 705 Sitze haben und die verbleibenden 27 Sitze werden auf 14 Mitgliedstaaten, die bisher im Vergleich leicht unterrepräsentiert waren (z.B. Spanien, Niederlande oder Irland) verteilt. Deutschland behält als bevölkerungsreichstes Mitglied die Höchstzahl an 96 Sitzen.

 

Vasili Franco, Mitglied im Geschäftsführenden Ausschuss für den Stachel März 2019