Eine Geschichte vom Rückzug der öffentlichen Hand aus der Daseinsfürsorge und den teilweise tragischen Folgen.

Im Jahr 2002 wurde auf Grund von strukturellen Maßnahmen und einer Haushaltskonsolidierung die Betriebspflicht für das Baerwaldbad durch die Berliner Bäderbetriebe beendet. Das Baerwaldbad hat im Bezirk Kreuzberg eine jahrelange Tradition und deshalb wollten die Schwimmsportvereine und insbesondere der TSB den Wegfall des Baerwaldbades nicht hinnehmen und gründeten die Initiative zur Rettung des Baerwaldbades. Ab Oktober 2002 konnten Schwimmsportvereine, Schulen und die Bürger*innen wieder im Baerwaldbad schwimmen gehen. In den darauffolgenden Jahren wird das Baerwaldbad unter Aspekten des Denkmalschutzes umfassend saniert und in der oberen Etage entstanden Sporträume,die verschiedenen Gruppen zur Verfügung gestellt wurden. Das Baerwaldbad stand dann in erster Linie den Grundschulen des Bezirks, den Sportvereinen und der Öffentlichkeit zur Verfügung. Der Pachtvertrag zwischen dem TSB und dem Bezirksamt existierte von 2003-2012. Der Betreiber erhielt von den Berliner Bäderbetrieben eine finanzielle Unterstützung. Es gab immer wieder Diskussionen mit den Berliner Bäderbetrieben über ihre Unterstützung des Baerwaldbades und Streitereien zwischen Nutzergruppen und dem TSB waren an der Tagesordnung.

Foto: Henry Arnold


Land und Bezirk verabschieden sich

Im September 2011 wurde zwischen dem Bezirksamt und dem TSB ein Erbbaupachtvertrag abgeschlossen, obwohl kein ausreichendes Finanzierungskonzept des Vereins vorlag. Als erneut die Berliner Bäderbetriebe ihre Unterstützung für das Baerwaldbad aufkündigen wollten wurde zugunsten des Baerwaldbades das Schul- und Vereinschwimmen in die Holzmarktstr. verlagert. Das geschah unter der Federführung des damaligen Sportstadtrats der SPD. Doch schon damals hätten sich die Verantwortlichen die Frage stellen müssen, ob es nicht letztlich unverantwortlich von Land und Bezirk war, die Last der Finanzierung des Betriebes des Baerwaldbades, welches der Bezirk nicht stemmen konnte und das Land in seinem Ausbluten der öffentlichen Infrastruktur im Dienste des „Sparens bis es quietscht“ nicht leisten wollte, auf einen kleinen, privaten Schwimmverein abzuwälzen. Und ein Scheitern sehenden Auges in Kauf zu nehmen, selbst wenn es bis dahin vielleicht einige Jahre dauern würde. Der Höhepunkt dieser Geschichte der Überforderung beim Betreiben des Baerwaldbades waren die Beschwerden von Nutzer*innen über die hygienischen Zustände im Baerwaldbad, worauf  das Gesundheitsamt die Schließung des Bades anordneten. In der Zwischenzeit gab es eine Fusion des TSB mit dem Verein Wasserratten e.V.. Doch auch nach dieser Fusion waren die Vereine in den Folgemonaten nicht in der Lage, die Hygienemängel in dem Umfang zu beseitigen und damit die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass das Baerwaldbad wieder der Bevölkerung zur Verfügung steht. Im Gegenteil. Der neu gewählte Vorstand mußte feststellen, dass nur noch die Anmeldung der Insolvenz blieb.

Seit dem ist das Baerwaldbad geschlossen und seine Zukunft ungewiss. Vielleicht ja nun nicht mehr. 

Jutta Schmidt Stanojevic, Bezirksverordnete für den Stachel August 2018