Initiator*in: B’90/Die Grünen, Dr. Wolfgang Lenk

Mündliche Anfrage

Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg von Berlin
Abt. Arbeit, Bürgerdienste, Gesundheit und Soziale
Stellvertretender Bezirksbürgermeister und Bezirksstadtrat
Ihre Anfrage wird beantwortet wie folgt:

1. Wie ist es möglich, dass zwei Wohnungen in Marheinekeplatz 8 und 9 seit mindestens drei bzw. sechs Jahren leer stehen können?

Bei beiden Objekten handelt es sich um Häuser mit Eigentumswohnungen verschiedener Eigentümer. In der Vergangenheit wurde sowohl wegen Leerstand als auch wegen Zweckentfremdung durch Ferienwohnungsbetrieb ermittelt. Am Marheinekeplatz 8 gab es einen Hinweis auf „illegale Vermietung“ im 2. OG. Die Recherche führte zu keinem Ergebnis. Es konnten trotz Bewohnerbefragung keine Beweise gesichert werden.

Auch wurde im Jahr 2016 am Marheinekeplatz 8 (EG,links) und Marheinekeplatz 9 (EG,links) bereits jeweils in einem Fall wegen Leerstand ermittelt. Dieser Vorgang musste allerdings aufgrund mangelnder Beweise eingestellt werden. Es konnte nicht ermittelt werden, dass die Wohnungen tatsächlich und rechtlich leer stehen.

In der Arbeitsgruppe Zweckentfremdung ist aktuell in den oben genannten Objekten kein Leerstand bekannt, die mündliche Anfrage wird als Hinweis verwendet werden, um weiter zu recherchieren. Die Wohnungen gehören verschiedenen Eigentümern, die eventuell nicht immer vor Ort sind. Um dem vermuteten Leerstand nachgehen zu können, wären konkretere Angaben zur Wohnungslage in den jeweiligen Häusern (Vorderhaus, Seitenflügel, Hinterhaus, rechts oder links, Etage)
sehr hilfreich.

2. Mit welchen Argumenten oder Tricks agieren die Eigentümer*innen, da hier auch keinerlei Baumaßnahmen erfolgen?

Hier ist keine Auskunft möglich, da uns aktuell für die betreffenden Wohnungen ein Leerstand bisher nicht gemeldet wurde, bzw. festgestellt wurde.

3. Welche Möglichkeiten bietet das ASOG, diese Wohnungen temporär Obdachlosen als Schlafstätte zur Verfügung zu stellen?

Hier verweise ich auf die Ausarbeitung des Deutschen Bundestages „Beschlagnahme von privatem Wohneigentum zum Zwecke der Unterbringung von Asylbewerbern“ von 2015 unter dem Aktenzeichen: WD 3 – 3000 – 235/15. Der konkrete Hintergrund war sicherlich die Unterbringung von Asylbewerbern. Die erhebliche Störung oder Gefahr für die öffentliche Sicherheit ist anerkannt die unfreiwillige Obdachlosigkeit. Insofern ist es egal welchen aufenthaltsrechtlichen Status der
obdachlose Mensch hat.

„Zunächst muss eine gegenwärtige erhebliche Störung oder Gefahr für die öffentliche Sicherheit zu beseitigen sein. Es ist allgemein anerkannt, dass unfreiwillige Obdachlosigkeit als Störung der öffentlichen Sicherheit zu bewerten ist. Erforderlich ist außerdem, dass die Ordnungsbehörden die Gefahr nicht oder nicht rechtzeitig entweder selbst oder durch Beauftragte abwehren können. Das bedeutet, dass eine Inanspruchnahme von Gebäuden, die in privatem Eigentum stehen, erst nach Erschöpfung aller anderen (zumutbaren) Möglichkeiten (z.B. Unterbringung in einer städtischen Notunterkunft, Anmietung von Hostelzimmern usw.) in Betracht kommt.“

Bevor das Land eine Inanspruchnahme von Eigentumswohnungen realisieren darf, müssen alle in der Verantwortung des Landes stehenden Möglichkeiten erschöpft sein.
Der Leerstand einer Eigentumswohnung wird schwerlich nachzuweisen sein. Auch bei der gelegentlichen Nutzung als Zweitwohnung findet noch keine Zweckentfremdung statt. Erst wenn Wohnungen gewerblich genutzt werden, kann man von Zweckentfremdung reden. Die Nutzung einer Zweitwohnung als Ferienwohnung während der Abwesenheit ist nach aktueller Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts eine zu genehmigende Zweckentfremdung und somit legal.

Mit freundlichen Grüßen
Knut Mildner- Spindler

Fragesteller: Dr. Wolfgang Lenk
Bündnis 90/Die Grünen
Friedrichshain-Kreuzberg, den 08.11.2017

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