Initiator*in: B’90/Die Grünen, Filiz Keküllüoglu
Mündliche Anfrage
Ich frage das Bezirksamt:
1. Welche konkreten Maßnahmen wurden seit der Veröffentlichung des „Handlungskonzeptes: Strategien für die Wirtschaftsförderung“ unternommen bzw. sind in der Planung?
2. Inwiefern schätzt das Bezirksamt seine Maßnahmen und Instrumente zur Wirtschaftsförderung als erfolgreich ein (bitte möglichst mit Erfolgsindikatoren untersetzen)?
3. Welchen Beitrag leistet die Wirtschaftsförderung zu „Fachkräfteentwicklung und –sicherung“, die als eines der Handlungsfelder im Rahmen des o.g. Handlungskonzeptes genannt werden?
Nachfragen:
1. Inwiefern werden Geflüchtete als Fachkräfte wahrgenommen, gezielt angesprochen sowie aktiv gefördert?
Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg
Abt. Wirtschaft, Ordnung, Schule und Sport
Ihre Anfrage wird beantwortet wie folgt:
Vorbemerkung:
Das vom Arbeitskreis 1 des bezirklichen Bündnis für Wirtschaft und Arbeit mit initiierte und von der Wirtschaftsförderung aus den EFRE-Mitteln „Wirtschaftsdienliche Maßnahmen“ beantragte und in Auftrag gegebene Projekt: „Handlungskonzept für den Wirtschaftsstandort Friedrichshain-Kreuzberg – Strategien für die bezirkliche Wirtschaftsförderung“ wurde im Mai 2015 fertig gestellt und abgerechnet. Der Zeitraum der Anfrage bezieht sich also auf fast 3 Jahre.
Im Rahmen der Erarbeitung des Konzeptes wurden u.a. 60 Fachgespräche mit Unternehmen, Institutionen, Vereinen und Parteien geführt. Ziel war es, die Arbeit der Wirtschaftsförderung und aller wirtschaftsrelevanten Akteur*innen im Bezirk noch enger an festgestellte spezifische Bedarfe aus der lokalen Wirtschaft auszurichten und so die Ressourcen des Bezirkes noch gezielter zur Stärkung des Wirtschaftsstandortes Friedrichshain-Kreuzberg einzusetzen.
Das Konzept ist Grundlage für die thematischen Ziele des „Handlungsfeldes 1 – Wirtschaftsstandort Friedrichshain-Kreuzberg 2030“ des Aktionsplanes des Bezirklichen Bündnisses für Wirtschaft und Arbeit für die Förderperiode 2014-2020. Somit ist das Handlungskonzept nicht nur Grundlage für die meinem Bereich zugeordnete Wirtschaftsförderung sondern auch Arbeitsgrundlage für alle Bündnispartnerinnen und -partner. In meiner Beantwortung beziehe ich mich jedoch nur auf die Organisationseinheit Wirtschaftsförderung.
1. Welche konkreten Maßnahmen wurden seit der Veröffentlichung des „Handlungskonzeptes: Strategien für die Wirtschaftsförderung“ unternommen bzw. sind in der Planung?
„Die in jedem Bezirk bestehende Organisationseinheit für Wirtschaftsförderung berät in wirtschaftsrelevanten Angelegenheiten insbesondere Unternehmen und Existenzgründer und fördert wirtschaftlich bedeutsame Vorhaben im Bezirk. Sie ist an allen wirtschaftlich bedeutsamen Planungen von den zuständigen bezirklichen Stellen von Amts wegen zu beteiligen. Die Organisationseinheit für Wirtschaftsförderung ist bezirkliche Anlauf- und Koordinierungsstelle für Unternehmen und Investoren.
Sie begleitet Unternehmen in wirtschaftlich bedeutsamen bezirklichen Genehmigungsund sonstigen Zulassungsverfahren und wird hierbei von den zuständigen bezirklichen Stellen unterstützt.“ (Auszug § 37 Bezirksverwaltungsgesetz) Mit dem Konzept wurden der Wirtschaftsförderung keine neuen Tätigkeitsfelder aufgezeigt. Vielmehr sind nach Fertigstellung des Konzeptes Prioritätensetzungen überdacht worden und es erfolgte
im Rahmen der vorhandenen personellen und finanziellen Kapazitäten eine Fokussierung der Aktivitäten auf die im Konzept benannten Handlungsfelder.
Über konkrete „inhaltliche“ Maßnahmen wird von der Wirtschaftsförderung keine Statistik geführt. Im Rahmen der Kosten- und Leistungsrechnung werden Mengen für das Produkt „Wirtschaftsberatung und Unternehmensbetreuung“ erhoben. Das Produkt umfasst alle Maßnahmen der Berliner Wirtschaftsförderungen von Beratungsdienstleistungen über Standortmarketingmaßnahmen bis hin zu Maßnahmen zur Initiierung von Projekten. Diese werden von der Anzahl her, nicht aber vom Inhalt her erfasst.
Gerne gebe ich aber einen kleinen Überblick – ohne Anspruch auf Vollständigkeit – zum Stand der Umsetzung der Empfehlungen aus dem Handlungskonzept:
Handlungsfeld: Bestandspflege/ Existenzgründungen
Empfehlungen
• Handlungsfeld hat weiterhin hohe Priorität
• Prüfung einer Aufgabenverschiebung von der Existenzgründung zur Bestandspflege
• Prüfung der Konzentration auf bestimmte Branchen, z. B. Kreativwirtschaft
Umsetzung
• Schwerpunkt der Arbeit der Wirtschaftsförderung sind – wie im Bezirksverwaltungsgesetz § 37 Abs. 3 beschrieben – Tätigkeiten der zentralen Anlauf- und Koordinierungsstelle für Unternehmen im Bezirk – insbesondere das Behörden- und Genehmigungsmanagement
• Organisation von proaktiven Unternehmensbesuchen der Wirtschaftsförderung – auch in Begleitung des Dezernenten, der Agentur für Arbeit und des FKU e.V.
• Angebot der Orientierungsberatungen für Gründungsinteressierte bleibt im Umfang aufgrund der Nachfrage erhalten und richtet sich weiterhin an Gründer*innen aller Branchen, es erfolgt eine regelmäßige Evaluierung
• Pflege der Netzwerke: IHK, HWK, Agentur für Arbeit, Jobcenter, Berlin Partner, FKU e.V. u.a.
Handlungsfeld: Gewerbeflächen sichern
Empfehlungen
• sensibler und weitsichtiger Umgang mit verfügbaren und potenziellen Gewerbeflächen
• in Bezug auf Potenzialstandorte: Prüfung Gewerbenutzung, vertiefende Betrachtung, Entwicklung von Nutzungskonzepten, Kontaktaufnahme mit Eigentümer*innen
• in Bezug auf eingestreute Gewerbestandorte („Berliner Mischung“): Untersuchung von Quartieren mit gefährdeter „Berliner Mischung“ und Entwicklung entsprechender Maßnahmen
• frühzeitige Beteiligung der Wirtschaftsförderung bei geplanten Nutzungsänderungen
• Flächensicherung und Bereitstellung für innovative Handwerksunternehmen, z. B. Handwerkerhof
Umsetzung
• Es wurden in enger Zusammenarbeit mit der Stadtplanung GRW-Mittel zur Erstellung eines Gewerbeflächenentwicklungskonzeptes mit den Schwerpunkten eingestreute Gewerbestandorte und Potenzialstandorte beantragt, ausgeschrieben, fachlich begleitet und abgerechnet. Die Fertigstellung erfolgte 2017.
• Planung eines Gewerbeflächenmanagements für den Bezirk
• diverse Maßnahmen zum Erhalt von Gewerbestandorten, z. B. Dragonerareal, Victoriaspeicher, Bockbrauerei
• Es erfolgt ein regelmäßiger Austausch mit dem Fachbereich Stadtplanung.
Handlungsfeld: stadtverträglicher Tourismus
Empfehlungen
• Ausbau der Aktivitäten, höherer Stellenwert des Handlungsfeldes in der Wirtschaftsförderung
• Erledigung Basisaufgaben, z. B. Kontaktpflege, Runder Tisch Tourismus, Tourismusmarketing
• Vorbereitung und Begleitung einzelner herausgehobener Projekte
• Entwicklung gemeinsamer Lösungsansätze mit Gewerbetreibenden, Bezirk, Land und verantwortlichen Landeseinrichtungen
• Entlastung von Schwerpunkten im Bezirk
• Tourismuskonzept für den Bezirk bzw. mehrere Innenstadtbezirke
Umsetzung
• AG „Tourismus“ des Bezirksamtes , Expertenteam „Tourismus“, Fortsetzung der Arbeit auch in der neuen Wahlperiode
• Begleitung und Teilnahme am Runden Tisch Tourismus Friedrichshain-Kreuzberg
• Umsetzung von individuellen Maßnahmen für einen stadtverträglichen Tourismus – unter dem Label „fair.kiez“ u.a. aus Mitteln der Senatsverwaltung für „besondere touristische Projekte“ (Antrag, Umsetzung, Abrechnung)
• Intensivierung der Zusammenarbeit mit den Nachbarbezirken, z.B. Mitwirkung an einer Radroute zur Umfahrung der touristisch belasteten Gebiete
• Zusammenarbeit mit visit.berlin im Marketing (Bezirkstreffen, Entlastung von belasteten Gebieten)
• Unterstützung von Projekten für mehr Sauberkeit , wie z.B. „Augen auf“ und „wir Berlin“
• Intensive Mitarbeit am Tourismuskonzept Berlin 2018+
Handlungsfeld: Fachkräfteentwicklung und –sicherung
Empfehlungen
• Überführung von Projekten wie „jobentdecker“ in dauerhafte Maßnahmen
• Durchführung unterstützender Aktivitäten und Einzelprojekte bei Bedarf
• Erhöhung der Sensibilität der Unternehmen, Öffentlichkeitsarbeit zu Angeboten und Unterstützungsleistungen sowie Einbindung der Unternehmen
Umsetzung
• Unterstützung des jobentdecker-Projektes „Netzwerk praktische Berufsorientierung“
• enger Kontakt zum Arbeitgeberservice der Agentur für Arbeit
• Leitfaden für Unternehmen („Vom Gelingen Ausbildungsplätze passend zu besetzen“)
• aktuelle Informationen für Unternehmen zum Thema Fachkräfte auf www.wirtschaftsfoerderung-friedrichshain-kreuzberg.de , z. Zt. Hinweise zur Beschäftigung von Flüchtlingen
• Mitglied und regelmäßige Teilnahme am Jour fixe des Regionalen Ausbildungsverbunds
• Planung Projekt „Übergang Wirtschaft-Schule“ in Zusammenarbeit mit dem EUBeauftragten Handlungsfeldübergreifend
Empfehlungen
• Herausstellung der im Leitbild: „Friedrichshain-Kreuzberg: der Berliner Innenstadtbezirk – anders, kreativ und international.“ genannten Aspekte
• Standortmarketing als übergeordnete Aufgabe, Wirtschaftsstandort Friedrichshain-Kreuzberg stärker in Fokus rücken
• verstärkte Kommunikation und Berichterstattung über Wirtschaftsthemen, Wirtschaftsstandort und Arbeit der Wirtschaftsförderung
Umsetzung
• Verwendung der Leitbildbegriffe bei Beschreibung des Wirtschaftsstandortes im Internet
• Öffentlichkeitsarbeit: regelmäßige Information über Aktivitäten der Wirtschaftsförderung und deren Partner*innen auf der Internetseite, außerdem ständig aktualisierte anstehende Termine und Informationen zu Wettbewerben für Unternehmen
• Flyer „WIRtschaft STÄRKEN VOR ORT“
• Wirtschaftsförderer sind vertreten auf der deGUT und ITB
2. Inwiefern schätzt das Bezirksamt seine Maßnahmen und Instrumente zur Wirtschaftsförderung als erfolgreich ein (bitte möglichst mit Erfolgsindikatoren untersetzen)?
Das Bezirksamt hat 2015 das Handlungskonzept für den Wirtschaftsstandort Friedrichshain-Kreuzberg und 2017 das Gewerbeflächenentwicklungskonzept als Arbeitsgrundlage zur Kenntnis genommen. Die Empfehlungen und Maßnahmen aus den Konzepten werden im Rahmen der bezirklichen Möglichkeiten wie unter 1. für das Handlungskonzept beschrieben sukzessiv umgesetzt. Erfolgsindikatoren hierfür gibt es nicht. Der Bezirk ist als Wirtschaftsstandort jedoch sehr beliebt und wird nachgefragt.
3. Welchen Beitrag leistet die Wirtschaftsförderung zu „Fachkräfteentwicklung und -sicherung“, die als eines der Handlungsfelder im Rahmen des o.g. Handlungskonzeptes genannt werden?
siehe Beantwortung zu 1.: Handlungsfeld Fachkräfteentwicklung und -sicherung.
Nachfragen:
1. Inwiefern werden Geflüchtete als Fachkräfte wahrgenommen, gezielt angesprochen sowie aktiv gefördert?
Die Wirtschaftsförderung ist in erster Linie Anlaufstelle für Unternehmen und Existenzgründungswillige. Eine gezielte Ansprache von Geflüchteten gehört nicht zu ihren Aufgabenfeldern. Gleichwohl werden sowohl durch Veranstaltungen als auch durch vielfältige Hinweise auf der Internetseite der Wirtschaftsförderung interessierte Unternehmen über die Beschäftigung von Geflüchteten informiert.
Die Unternehmen nutzen hauptsächlich die vorhandenen Informationsangebote des Arbeitgeberservices der Bundesagentur für Arbeit, der IHK und weiterer Institutionen. Die Wirtschaftsförderung unterstützt im Rahmen ihrer „Lotsenfunktion“ interessierte Unternehmen bei der Kontaktvermittlung zu den entsprechenden Organisationen innerhalb und außerhalb des Bezirksamtes.
Mit freundlichen Grüßen
Andy Hehmke
Friedrichshain-Kreuzberg, den 21.03.2018
Bündnis 90/Die Grünen
Fragestellerin: Filiz Keküllüoglu