Mündliche Anfrage

Initiator*in: Tobias Wolf, B’90/Die Grünen

Ich frage das Bezirksamt:

1. Im Bezirksplafonds-Rundschreiben für den Doppelhaushalt 2022/23 vom 14.04.2021 lässt die Senatsverwaltung für Finanzen verlauten, dass sie die Schuldenbremse unabhängig von der Pandemielage ab 2022 wieder einhalten wolle und ein zusätzlicher pauschaler Sparbetrag von 78 Mio. bei den Bezirken veranschlagt werde. Welche Auswirkungen hätten diese Sparvorgaben für Friedrichshain-Kreuzberg?

2. Ist damit zu rechnen, dass die neu geschaffenen und inzwischen besetzten Stellen im Bezirksamt mit der Fortschreibung des Teilplafonds Personal auch 2022 und 2023 ausfinanziert sind und damit bestand haben?

3. Wo zeichnen sich finanzielle Einschnitte im Bezirk ab, wenn sich SenFin mit seinen Vorstellungen durchsetzen würde?

Beantwortung: BezBmin Frau Herrmann

Ich werde alle Ihre Fragen zusammen beantworten.

zu Frage 1 bis 3: Insgesamt müssen wir als Bezirk sehr wohl damit rechnen, dass wir erhebliche finanzielle Probleme im Bezirkshaushalt 22 / 23 bekommen werden, sofern sich die Senatsverwaltung für Finanzen mit ihren Vorstellungen durchsetzt. Es ist richtig, dass die Finanzsituation derzeit angespannt ist, aber es darf sich nicht der Fehler wiederholen, dass die Bezirke kaputtgespart werden. Davon haben wir uns gerade leidlich erholt, wobei das „erholt“ ist ein vorsichtiges Wort an der Stelle, aber es geht leicht wieder nach oben in
die Arbeitsfähigkeit. Es wäre daher fatal, wenn wir als Bezirke durch die Vorgaben der Landesebene wieder um Jahre zurückgeworfen werden würden.
Einige Beispiele, welche Kröten die Senatsverwaltung für Finanzen im Plafondsschreiben für die Bezirke angekündigt hat: Der pauschale Sparbetrag oder Kürzungsbetrag von 78,1 Mio. EUR für alle Bezirke bzw. für Friedrichshain-Kreuzberg einen Anteil von 6,1 Mio. EUR. Das heißt für uns als Bezirk stünde damit von vornherein fest, dass wir 6,1 Mio. EUR unverzüglich mit Sperren untersetzen müssen.
Die Senatsverwaltung für Finanzen hat zusätzlich auch angekündigt, den Personalplafonds für alle Bezirke um 29 Mio. EUR, und zwar 26,3 Mio. für Personalkosten und 2,9 Mio. EUR für die entsprechenden Sachmittel abzusenken. Sie begründet dies damit, dass die Bezirke das Geld sowieso nicht ausgeben würden, stattdessen wird eine zentrale Vorsorge gebildet, die von den Bezirken dann beantragt werden kann. Diese sog. Vorsorge bedeutet, dass die Mittel bei der Senatskanzlei untergebracht werden mit der Zielbindung oder mit der Zweckbindung, Entschuldigung, dass sie ausschließlich für Projekte der Erhaltungsmodernisierung auszugeben sind. Also ein sehr enger Korridor.
Wir wissen nicht, wo …, gestern war ich in einer Sitzung, wo zur Verwaltungsmodernisierung mit dem Staatssekretär Verrycken und dem Staatssekretär Nägele und ich habe in dem Zusammenhang abgefragt, wie das denn sich jetzt gestalten soll. Zumindest der Kollege Nägele war sehr überrascht – es schien so, als hätte er von dem Plan von SenFin selber noch nichts gehört und bat unverzüglich den Staatssekretär für Finanzen um bilaterale Klärung, weil es nämlich so ist, dass das Verfahren noch völlig offen. Also wo wird es tatsächlich gebunkert …, untergebracht, gibt es tatsächlich eine Zweckbindung, wer darf wann warum für was irgendwas beantragen, wer entscheidet dann darüber, also das sind alles noch sehr interessante Sachen, zumindest sind diese 29 Mio. aus welchem Grund auch immer dort untergebracht. Wir könnten die glaube ich als Bezirke gut selber gebrauchen.
Des Weiteren will die Senatsverwaltung die Integrationsmittel für Geflüchtete, für bezirkliche Nachbarschaftsprogramme aus dem Masterplan Integration vollständig streichen und ja, es stimmt, wir konnten 2020 nicht alle Personalmittel ausgeben, aber trotz verstärkter Anstrengungen konnten wir 100 …, ich muss jetzt noch mal nachgucken, ich habe hier die Zahl …, konnten wir 175 neue …, konnten wir 175 Stellen besetzen, die wir nun nach vielen Jahren des Sparens im laufenden Haushalt deswegen auch mal schaffen konnten, weil eben in dieser Wahlperiode unter Rot-Rot-Grün versprochen worden ist, die Bezirke wieder handlungsfähig zu machen.
Wir haben trotz Corona und der erschwerten Bedingungen viele Einstellungsverfahren durchgeführt, nämlich insgesamt 239.
Wenn Stellen nicht nahtlos nachbesetzt werden können, bleiben Mittel liegen, wenn Mitarbeiter*innen ihre Stunden reduzieren, bleiben Mittel liegen, aber schon in diesem Jahr sieht die Prognose für die Ausschöpfung der Personalmittel ganz anders aus. Sie sieht vor, dass wir mit hoher Wahrscheinlichkeit unsere Personalmittel sogar überziehen werden.
Im Aufstellungsrundschreiben 22/23 gab es für den kommenden Haushalt die Ankündigung, dass neue Stellen für die Bezirke nur innerhalb sehr enger Vorgaben möglich sind, z.B. explizit aufgeführte Sachverhalte oder bei Streichung von Bestandsstellen als Ausgleich, aber nicht mal an diese Zusage scheint die Senatsverwaltung für Finanzen sich zu halten. Die Umsetzung des Mobilitätsgesetzes z.B. zieht Bedarfe nach neuen Personal in den Bezirken nach sich, jetzt aktuell für den Fußverkehr. Hier wurde uns signalisiert, dass dafür neue Stellen mit entsprechender Zuweisung nicht vorgesehen sind.
Jetzt erfahren wir auf Nachfrage, dass auch keine weiteren Stellen zu erwarten sind. Neue Stellen sind alle schon in den damaligen 360 Mio. EUR berücksichtigt, die die Bezirke über die letzten Jahre zur Umsetzung der Richtlinien der Regierungspolitik zugewiesen wurden – so die Auskunft der Senatsverwaltung für Finanzen.
Der Verweis auf diesen Topf kommt immer, wenn wir Bezirke Gesetze von der Landesebene umsetzen sollen, aber er ist eben nicht unerschöpflich. Es ist also klar, dass die Spielräume zur eigenständigen Gestaltung sehr eingeschränkt sein werden. Letztendlich sprechen wir hier, meine Worte, im Grunde wieder von einem Einstellungsstopp. Das heißt also, wir können tatsächlich für die Aufgaben, die wir haben und auch für die neuen Aufgaben, die wir haben, kein weiteres Personal mehr einstellen. Wir können uns im Grunde, so die Ansage der Senatsverwaltung, mehr oder weniger wieder nur im Bestand aufhalten, d.h. also, wenn eine Kollegin akquiriert in Pension, dann können wir noch diese Stelle neu besetzen und wir werden sehen, wie lange das noch so sein wird.
Sollten die jetzt angekündigten Einschnitte tatsächlich so kommen, werden wir uns ganz genau anschauen müssen, ob wir als Bezirk das bestehende Stammpersonal überhaupt noch ausfinanziert bekommen. Das Personal ist der Schlüssel für handlungsfähige Bezirke. Diese Frage dürfen wir in allen Diskussionen und Auseinandersetzungen um den neuen Haushalt nicht aus den Augen verlieren und hier würde ich sehr darum bitten, dass wir uns gemeinschaftlich dafür stark machen, dass wir hier keinen Rückschritt in Zeiten wie vor 2016 erleben müssen.

Sehr herzlichen Dank.

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