DS/0769/III
Drucksachen der Bezirksverordnetenversammlung Friedrichshain-Kreuzberg von Berlin – III. Wahlperiode
Ich frage das Bezirksamt:
1. Wie bewertet das BA die Vorgaben der Senatsverwaltung für eine Expertise zum Thema ‚Interkulturelle Kompetenz der JobCenter‘ insbesondere unter dem Gesichtspunkt, dass für die KundInnenbefragung zu den Aspekten a. Zufriedenheit mit der Arbeit des JC, b.Beratungsqualität, c. Diskriminierungserfahrungen und d. Erwartungen an das JC nur 45 Personen in drei JobCentern, und zwar vor Ort, interviewt werden sollten, und sieht es eine Chance, zukünftig mit der Senatsverwaltung eine Repräsentativbefragung zu vereinbaren?
2. Hält das BA die Einrichtung einer Beschwerdestelle bei Diskriminierungserfahrungen, auf deren Existenz im Eingangsbereich des JobCenter deutlich hingewiesen wird, für geboten?
3. Welche konkreten Schritte bereitet das BA vor, um die prinzipielle Ablehnung einer interkul-turellen Öffnung der JobCenter bei – nach der Ramboell-Expertise – 32,5% der MitarbeiterInnen (der Prozentwert bezieht sich auf die 3 untersuchten JC, Daten für den Bezirk sind nicht veröffentlicht) abzubauen?
Herr Mildner-Spindler:
Ich werde versuchen, unsere Diskussion von vor 14 Tagen ein Stück fortzusetzen, indem ich die von ihnen aufgeworfenen Fragen beantworte, wobei das nicht so einfach ist, wie sie sich sicherlich nach unserem Austausch im Ausschuss Migration vorstellen können. Zu 1: Liegen uns nicht mehr Erkenntnisse vor, als ihnen auch vorliegen. Insofern ist es schwierig, die Vorgabe der Senatsver-waltung zu bewerten. Ich weiß nicht, in welchem sozusagen auch finanziellen Umfang dort e Auf-trag vergeben wurde. Ich bin mir auch nicht sicher, ob die Senatsverwaltung mit sozusagen der Anforderung, 45 Personen zu befragen tatsächlich einen repräsentativen Überblick haben wollte oder ob es nur darum ging, sozusagen eine Problemlage, Stimmungslage zu ermitteln, als Ein-stieg für das Projekt „Interkulturelle Öffnung des Jobcenters“, was derzeit läuft unter Beteiligung des Jobcenters unseres Bezirkes. Sicherlich ist eine Befragung von insgesamt 45 Personen nicht dazu gehalten, repräsentativ zu einem Ergebnis zu kommen. Ich bin mir auch nicht sicher, ob so-zusagen eine Befragung unmittelbar Vorort, also in der Situation der Abfertigung eine Situation ist, die ein Stück versachlicht, auch ein Feedback wiedergeben kann. Wie sie wissen, habe ich im Auftrag der Trägervertretung FK mit Herrn Piening als sozusagen Generalauftraggeber des gan-zen ein Gespräch geführt und vor allem vor dem Hintergrund, dass wir uns als Bezirk FK ja durch die Veröffentlichung in der Berliner Zeitung Anfang März durch die Darstellung von Ergebnissen durch Ramboell ein Stück auch in eine falsche Ecke gesetzt verstanden haben. Herr Piening hat mir zugesichert, dass sich die Senatsverwaltung um Seriosität, was solche Befragungen betrifft bemühen wird. Ob das Mittel einer europäischen Ausschreibung bei der dann eine Berlinfremde Forschungseinrichtung gewinnt, das richtige Mittel dafür ist, das vage ich zumindest mit einem Fragezeichen zu versetzen, da die bisherige Einladungspraxis von Ramboell, man hatte mich nicht eingeladen als Bezirksstadtrat eines Bezirkes, der daran beteiligt ist, sozusagen im Steuerungs-ausschuss mitzuwirken, die Einladungspraxis, es werden Bezirkstagsmitglieder aus Berlin Diens-tags zu 11.00 Uhr zu einem Termin eingeladen. Das zeigt zumindest, das die Einladenden von der Berliner Kommunalpolitik keine Ahnung haben. Kein Berliner Kommunalpolitiker eines Bezirksam-tes kann Dienstag um 11.00 an einer solch wichtigen Beratung teilnehmen, ….amt ausgeschlos-sen, aber Ramboell macht so eine Praxis an den Tag. Zu 2: Ich denke, dass wir dieses im Prozess und letztlich auch als Schlussfolgerung aus unserer Beteiligung an dem Modellprojekt Ende des Jahres gemeinsam betrachten werden . Agentur für Arbeit und BA als Träger in der AG des Job-centers gemeinsam mit der Geschäftsführung des Jobcenters. Ich denke, dass da notwendig ist die Diskussion um Beschwerdestelle usw. fortzusetzen. Zweifellos ist das sozusagen eine Sache, die inbetracht gezogen werden sollte. Zu 3:Die Frage ist mehrfach schwierig zu beantworten, weil wir als BA einer der beiden Träger in der AG sind und insofern über die Trägervertretung gemein-sam mit der Agentur für Arbeit die Geschäftspolitik des Jobcenters bestimmen und darüber auch beeinflusst u.a. die Personalgestaltung, Personalrekrutierung des Jobcenters Einfluss nehmen. Da und so wie ich das im Ausschuss auch schon gesagt habe, immer wieder mit der Forderung bei Neueinstellungen von MitarbeitereInnen des Jobcenters auch sozusagen die interkulturelle Öff-nung und die Beteiligung und Einstellung von Mitarbeitern nichtdeutscher Herkunft stärker zu ver-folgen. Wir selbst als BA, die wir ursprünglich mal etwa ein Drittel der Mitarbeiter des Jobcenters als kommunale Mitarbeiter gestellt haben, können darauf steuernd über unsere eigenen Mitarbei-ter so gut wie keinen Einfluss mehr nehmen. Wir haben mit der Bildung des Jobcenters , wie ge-sagt ein Drittel, ca. 200 MitarbeiterInnen aus der Bezirksverwaltung in das Jobcenter abgeordnet. Wir sehen im Moment keine Möglichkeit aus dem Personalkörper unserer Verwaltung heraus wei-tere Mitarbeiter in das Jobcenter abzuordnen. Was uns immer wieder Probleme bereitet, wenn MitarbeiterInnen des Jobcenters, kommunale Mitarbeiter den Wunsch äußern, in die Bezirksver-waltung zurück zu kommen. Dadurch verringert sich der Anteil der kommunalen Mitarbeiter, da-durch ändern sich die Finanzierungsgrundlagen für das Jobcenter. Das ist der eine Aspekt, der andere ist da will ich noch mal drauf eingehen, dass sie sagen, es müsse die prinzipielle Ableh-nung einer interkulturellen Öffnung bei 32,5 % der MitarbeiterInnen abgebaut werden. Diese Zahl liegt uns aus den Darstellungen von Ramboell vor. Nach den mir vorliegenden konkreten Abfrag-ergebnissen erschließt sich mir schon wiederum nicht, wie diese Prozentzahl von 32,5 und dann auch noch mit der Wertung „prinzipielle Ablehnung der interkulturellen Öffnung“ zustande gekom-men ist. Ich kann ihnen hier die Fragen zeigen zur interkulturellen Öffnung. Das sind aus dem Fragebogen 9 Fragen, die unter Mehrfachnennung beantwortet werden konnten und keine dieser Fragen lässt wirklich zu, einen Schluss darauf zu ziehen , dass es eine prinzipielle Ablehnung gibt. Ich lese das mal vor „ was halten sie persönlich vom Thema interkulturelle Öffnung der Verwal-tung“. Das ist die Frage Mehrfachnennung bei den, jetzt sozusagen Auswahlmöglichkeiten sind möglich. 1. „finde ich notwendig, weil Personen mit Migrationshintergrund aktuell zu wenig im Fo-cus stehen“. Wurde 17 x genannt in unserem Jobcenter. Sind 13,6%. „Finde ich notwendig, weil ich das Thema generell wichtig finde“. Wurde 51 x genannt. Sind 40,8%. „Finde ich nicht notwen-dig, weil Personen mit Migrationshintergrund bereist genug Unterstützung erhalten“ wurde 21x gewählt. Sind 16,8%. „Finde ich nicht notwendig, weil mein Jobcenter bereits interkulturell ausrei-chend geöffnet ist“. Wurde 26x genannt. Sind 20,8%. „Ich bin skeptisch, ob sich dadurch etwas ändern wird“ wurde 32 x genannt. Sind 25%. „Halte ich für eine Modeerscheinung ohne weitere Relevanz“ wurde 6x gewählt. Sind 4,8%. „Ist mir egal, solange das keinen Mehraufwand für mich bedeutet“ wurde 1x gewählt. Sind 0,8%. „Ist mir egal, solange ich meine Arbeitsweise nicht ändern muss“ wurde 1x genannt. Sind 0,8%. „Hab eich mir noch keine Gedanken drüber gemacht“ wurde 1x gewählt. Sind 0,8%. Wie aus dieser Befragung summiert die Wertung kommen kann „das prin-zipiell 32% eine interkulturelle Öffnung ablehnen“ erschließt sich mir nicht, lässt sich eher wieder-um ein Stück nehmen, als eine Wertung oder Einordnung, wie sozusagen diese Expertise zustan-de gekommen ist. Um jetzt nicht falsch verstanden zu werden, das habe ich vor 14 Tagen im Aus-schuss auch schon deutlich gesagt. Jeder fall von Diskriminierung ist einer zu viel, jeder Mitarbei-ter im Jobcenter, der sich aufgrund seiner Position über einen anderen auf der anderen Seite und dann noch wegen seiner Herkunft hinweg setzt ist einer zu viel und unabhängig davon, wie man die Fragen jetzt einordnet, denke ich wird daraus auch klar, dass es nicht ein deutlich klares Ver-ständnis gibt, was interkulturelle Öffnung der Verwaltung oder des Jobcenters auch bei den Mitar-beiterInnen des Jobcenters und insofern ist es nur begrüßenswert, selbst wenn so problematisch gestartet, dass wir uns jetzt in diesem Modellprojekt befinden, dass es AGs innerhalb des Jobcen-ters gibt und das wir Ende des Jahres, so ist das ja befristet, dann zumindest einen Blick darauf werfen können, was es in diesem Jahr an Wegen hin zu einer interkulturellen Öffnung hin zu einer größeren Sensibilisierung für die Problematik erreicht wurde, um das dann nachhaltig und in eige-ner Verantwortung und ohne einen solchen Auftragnehmer weiter fortsetzen zu können.
Herr Lenk:
Danke für die konkreten Zahlen auf Bezirksebene, denn die waren ja nicht in der Studie enthalten und auch nicht veröffentlicht. Ich erlaube mir noch kurz die Bemerkung, dass selbst wenn man die prinzipielle Ablehnung etwas abschwächt, dieses Zahlen auf Kreuzberger Ebene also deutlich Signalcharakter haben im Hinblick auf die große Diskrepanz, die zwischen den Absichten und den tatsächlichen Auffassungen bei den MitarbeiterInnen im Jobcenter bestehen und deswegen meine Frage, da ja interkulturelle Öffnung eine Thema ist, das hier schon eine lange Geschichte hat. Wie bewertet das BA den Befund aus der Ramboell Expertise, wonach bisher dreiviertel der Mitarbeite-rInnen des Jobcenters keine Ansätze einer interkulturellen Öffnung bisher bemerkt haben oder selber erfahren konnten.
Herr Mildner-Spindler:
Auch da verspreche ich ihnen, gucke ich noch mal, wie sozusagen die konkrete Fragestellung war. Das stelle ich ihnen auch zur Verfügung. Ja, insgesamt haben wir uns ja vor 14 Tagen darauf verständigt, die pauschale Darstellung, wie wir sie da Anfang März erfahren haben die ist zu undif-ferenziert, um der Problemlage gerecht zu werden. Auf der anderen Seite gibt es überhaupt kei-nen Grund, sich sozusagen an den Problemen vorbei zu mogeln oder davor die Auge zu ver-schließen, aus welchen Gründen auch immer Mitarbeiter im Jobcenter Migrationshintergrund oder Migrationserfahrung bei ihren Kunden, als Belastung und nicht als Ressource betrachten, wenn es darum geht, über Zielvereinbarungen geeignete Maßnahmen ein Prozess und einen Weg der In-tegration in Arbeit zu beschreiben. Ob das aus einer Situation einer Arbeitsüberlastung ist oder ob das, was zu vermuten ist, wenn man den Bevölkerungsdurchschnitt in seiner Einschätzung über Menschen mit Migrationshintergrund zu Grunde legt, eben tatsächlich eine kulturell verinnerlichte Ablehnung oder Fremdheit empfinden, den vermeintlich anderen gegenüber, ist eigentlich egal. Es zeigt doch, dass wir dort vor einer Hersausforderung stehen, für Veränderungen zu sorgen.
Fragesteller: DR.Wolfgang Lenk
Fraktion B´90/Die Grünen
Friedrichshain-Kreuzberg, den 26.05.08