Mündliche Anfrage gestellt von Sarah Jermutus, Fraktionsvorsitzende der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zur BVV am 27. November 2024
Ich frage das Bezirksamt:
- Inwiefern ist der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg von den Einsparungen des rot-schwarzen Senates betroffen?
- Welche Auswirkungen haben die geplanten Einsparungen auf die soziale und kulturelle Infrastruktur sowie die freien Träger im Bezirk?
- Inwiefern wurde der Bezirk vom Senat über Auswirkungen der Einsparliste auf ihre Arbeit und die Menschen im Bezirk informiert?
Es antwortet Clara Herrmann, Bezirksbürgermeisterin, Abt. Finanzen, Personal, Wirtschaft, Kultur, Diversity und Klima
zu 1. Inwiefern ist der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg von den Einsparungen des rot-schwarzen Senates betroffen?
Es wird kalt. Es wird dunkel draußen und auch die angekündigten und jetzt bekannten Kürzungen des Senats werden nicht dafür sorgen, dass es in Berlin im nächsten Jahr zumindest, was den sozialen Zusammenhalt anbelangt und was die kulturelle Infrastruktur anbelangt, dass es dort eine positive Aussicht geben könnte.
Ich weiß, es wird – ist ja auch groß verkündet worden vom regierenden Bürgermeister, von der Bürgermeisterin vor Kai Wegner, Franziska Giffey, Finanzsenatoren, Parteivorsitzenden, Fraktionsvorsitzenden der Koalitionsfraktion, wie schnell und geräuschlos man sich hier verständigen konnte und dass man Prioritäten gesetzt hat und dass die Priorität war, die Bezirke nicht zu kürzen.
Ich kann Ihnen hier heute sagen, wir haben nach erster Durchsicht dieser Liste sehr, sehr viele Punkte gefunden, die die Friedrichshain-Kreuzberger*innen in ihrem Alltag spüren werden.
Es ist richtig, dass die sog. Globalsumme der Bezirke nicht gekürzt wird und dass es auch natürlich erst mal vielleicht in all den düsteren Zeiten eine schöne Aussicht, wenn wir aber gleichzeitig sehen müssen – und das machen alle zwölf Bezirksbürgermeister*innen, egal, ob sie ein CDU-Parteibuch haben, ein SPD-Parteibuch haben oder ein grünes Parteibuch haben – deutlich, dass die Bezirke derzeit strukturell unterfinanziert sind, also dass wir auch hier schon eine Unterfinanzierung haben.
Wo konnten wir – und wir haben uns die Liste im Bezirksamt intensiv angeschaut -, wo können wir heute schon in Friedrichshain-Kreuzberger*innen oder müssen ihnen sagen, dass die Sparliste des schwarz-roten Senates konkrete Auswirkungen auf unser Leben hier im Bezirk haben wird.
Sie wird es an vielen Stellen zusätzlich haben, wo ich Ihnen heute noch nicht sagen kann, was sich dahinter verbirgt, weil, die 3 Milliarden Einsparsumme und diese Liste, die man im Internet finden kann, an vielen Stellen Titel betreffen im Haushalt und Summen, Geldsummen im Haushalt betreffen, die ein Sammelsurium von verschiedensten Punkten sind und da verbürgen sich selbstverständlich auch Einrichtungen z. B. im ISP, soziale Einrichtungen, Mehrgenerationenhäuser, Stadtteilzentren aus Friedrichshain-Kreuzberg dahinter.
Aber da verbergen sich auch andere Sachverhalte dahinter und deshalb können wir Ihnen heute z. B. an der Stelle nicht seriös sagen, ja, diese Einrichtung wird so und so viel Hunderttausend Euro weniger haben. Das werden wir am Ende vielleicht wissen, wenn der Nachtragshaushalt beschlossen worden ist im Abgeordnetenhaus. Vielleicht werden wir es auch noch nicht mal dann wissen, sondern wirklich erst nächstes Jahr, wenn die Umsetzung durch die jeweilige Senatsverwaltung passiert.
Klar ist, die Kürzungen betreffen alle Bereiche. Sie treffen alle Abteilungen und sie werden ganz konkret sein. Sie treffen Träger in unserem Bezirk. Ob das die Kultureinrichtungen sind, ob das Träger im Jugendhilfebereich sind, ob das Träger im Sozialbereich sind, doppelt und dreifach, weil es zum einen Kürzungen konkreter Art gibt und zum anderen die Tarifsteigerungen nicht mehr finanziert werden.
Wo erwarten wir weitere Kürzungen? Wir können das konkret für den Bereich Klima, Verkehr usw. heute schon sagen, im Klimaschutzbereich werden die Mittel zur Co-Finanzierung sog. BENE-Mittel deutlichst reduziert für die öffentliche Hand wie für private Akteure. Von rd. 31 Mio. werden knapp 12 Mio. EUR gekürzt. Das kann ich weder inhaltlich nachvollziehen, Klimaschutz müssen wir machen und wenn wir ihn nicht heute machen, wird es nur, nur immer, immer weiter teurer. Ich kann es auch deshalb finanziell nicht nachvollziehen, weil das Eigenmittel sind und dahinter stecken zusätzliche Mittel, die wir von Europa nach Berlin holen.
Was haben wir im Bezirk damit gemacht? In der Zusammenarbeit mit dem Facilitymanagement und dem Klimateam haben wir hier z. B. Energiekosten gesenkt, indem wir Einsparungen gemacht haben bei unseren bezirklichen Gebäuden in der Heizung. Das heißt, wir haben Klimaschutz gemacht, wir haben Energiekosten und Haushaltskosten gesenkt und das haben wir mit diesen Mitteln gemacht und jetzt werden sie drastisch gekürzt.
Im Bereich Straßen- und Grünflächenamt und im Umwelt- und Naturschutzamt keine drastische Kürzungen, massive Kürzungen, Lärmminderung, Radverkehrsanlagen, Erhöhung der Verkehrssicherheit für Fußgängerinnen und Fußgänger.
Im … und z. B. das Umweltbildungszentrum nirgendwo ist von Kürzungen ganz konkret betroffen.
Im Bereich Schule massive Kürzungen beim Thema Schüler*innenhaushalt. Was wir noch nicht genau sagen können, die angestrebten Reduzierungen der Freistellungen von Lehrkräften werden wahrscheinlich, vielleicht Auswirkungen haben auf unsere außerschulischen Lernorte, die Gartenarbeitsschule, die Jugendkunstschule. Es ist nicht klar, inwiefern dieses Angebot aufrechterhalten werden kann.
Im Bereich der Jugendhilfe gibt es auch Auswirkungen. Ob das jetzt Jugendsozialarbeit ist, auch Sachen aus dem Jugendgewaltgipfel. Wir müssen uns das genau anschauen, welche Bereiche davon betroffen sind. Was wir auch sagen können ist, dass die Schulsozialarbeit, die wird gekürzt und das werden wir auch an Schulen in unserem Bezirk merken.
Im Bereich der Stadtplanung, wir hatten das gerade das Thema Mieter*innenschutz. Wir haben Städtebauförderung. Wir haben Beratungsangebote, Ausschreibungen von Gutachten, Untersuchungen, all das wird gekürzt werden und natürlich sind da auch wir betroffen.
Dann haben wir den Kulturbereich. Kürzungen im Bibliotheksangebot. Bei der … die Zielvereinbarung wird zu 70 %, fast 80 % gekürzt. Zuschüsse an die Zentrale und Landesbibliothek 4 Millionen, dahinter verbürgt sich nicht die Landesbibliothek alleine, sondern der gesamte Bibliotheksverbund mit den Stadtteilbibliotheken.
Die Stiftung kulturelle Weiterbildung und Kulturberatung wird abgewickelt. Darunter befindet sich das Servicezentrum für die Berliner Musikschulen. Das sind unsere bezirklichen Musikschulen.
Auch im Bereich der Kultur … das kann ich bei der 2. Frage machen.
Also Sie sehen, Sie merken, es betrifft alle Bereiche durchgängig, auch Suchthilfe ist von den Kürzungen betroffen. Es ist kein Bereich ausgenommen. An manchen Stellen können wir es konkret sagen, dazu komme ich jetzt, an anderen Stellen werden wir das erst im Laufe der Debatte, vielleicht auch erst Anfang nächstes Jahr wissen.
zu 2. Welche Auswirkungen haben die geplanten Einsparungen auf die soziale und kulturelle Infrastruktur sowie die freien Träger im Bezirk?
Massive Kürzungen, die uns alle sehr schmerzen und ich muss mal ganz deutlichen sagen, was ich in dieser ganzen Debatte am schwierigsten finde ich 1., es war ein ausgemachtes Problem. Der Haushalt ist beschlossen worden von Schwarz-Rot; man wusste das vorher. Man hat die Stadt hier bewusst – weiß ich nicht -, aber man hat auch im letzten Jahr den Leuten was vom Pferd erzählt. Man ist rumgerannt und hat den Trägern erzählt, es gäbe eine Hauptstadtzulage. Am Ende kommen noch nicht mal die Tarifsteigerungen für die Träger und Akteure. Ich habe heute mit dem HAU telefoniert. Dass HAU eine wichtige und wesentliche Kultureinrichtung in unserem Bezirk. Die haben keine ausreichende Information bekommen – wie niemand von dieser Regierung sind die in irgendeiner Art und Weise vorbereitet worden auf das, was jetzt kommt.
Bei dem HAU, die haben auch eine Pressemitteilung herausgegeben, schauen Sie sich das an, bedeutet das mit Spareinschnitten, den 750.000,00 EUR, die jetzt konkret gekürzt werden, zusätzliche Belastungen dadurch, dass es auch die Tarifsteigerungen nicht gibt, sagt mir …, wird mir gesagt, dass man keinerlei Programmmittel mehr hat. Man ist aber schon Verpflichtungen für das nächste Jahr eingegangen. Was machen wir hier eigentlich? Was machen sie hier eigentlich mit den Leuten? Und das kann ich in keinster Art und Weise nachvollziehen, wie man die Menschen, wie man so planlos und die Menschen solange in Sicherheit hat wiegen lassen können und dann noch nicht mal einbezieht, noch nicht mal nach fachlichen Kriterien entscheidet und teilweise die Träger und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter letzte Woche Dienstag sich wiederfinden auf einer Liste und seitdem wissen, dass sie ab Januar keinen Job mehr haben. Das ist unmöglich. Und teilweise wissen sie es noch nicht mal.
Und einen Bereich, weil wir nach der Kultur- und sozialen Infrastruktur gefragt worden ist, möchte ich noch die Kulturraum Berlin GmbH und das Atelierprogramm und die Arbeitsraumprogramm, weil, auch das die freie Szene und die Kulturschaffenden und unser Bezirk ist ein diverser Bezirk, ist ein bunter Bezirk und nicht nur Berlin, sondern auch unser Bezirk lebt von der vielfältigen Kultur und von den Künstlerinnen und Künstlern.
Die Kulturraum GmbH soll abgewickelt werden, das ist schlecht für Berlin und auch am Ende für uns, weil wir z. B. mit der Kulturraum GmbH zusammen bei der Entwicklung des RAW-Geländes um die Erhaltung des soziokulturellen Ls kämpfen.
Wir haben das Atelierprogramm, das Arbeitsraumprogramm ist mit großer Mühe aufgebaut worden und wissen Sie, auch bei der Debatte, die wir gerade hatten, für Kulturschaffende, wie übrigens für viele Gewerbetreibende in dieser Stadt, sind die explodierenden Gewerbemieten sich nicht mehr zu leisten und wenn wir die Vielfalt und Diversität erhalten möchten und auch das, was unsere Stadt so liebenswert macht, dann müssen wir da reininvestieren. Was passiert, das Arbeitsraumprogramm wird von 24 Mio. EUR, wird 50 % eingespart. 12 Mio. EUR reduziert letztlich und die Kulturraum GmbH komplett abgewickelt. Das wiederum halte ich für einen großen Fehler, auch übrigens wenn wir uns überlegen, was wir damit auslösen in der Frage, wie attraktiv sind wir eigentlich noch als Berlin, auch für Besucherinnen und Besucher, wenn wir genau das kaputt machen.
zu 3. Inwiefern wurde der Bezirk vom Senat über Auswirkungen der Einsparliste auf ihre Arbeit und die Menschen im Bezirk informiert?
Der Bezirk ist so informiert worden, wie die vielen Träger und andere Akteure auch. Es fehlen konkrete Abstimmungen. Es fehlt die Transparenz. Ich kann Ihnen ein ganz persönliches Beispiel sagen, wir hatten das vorhin, letzte Woche Montag war eine Sitzung in der Senatskulturverwaltung. Es ging um die Servicestelle Musikschule mit dem neuen Leiter der Stiftung, wo die Servicestelle untergegliedert ist. Am nächsten Tag konnten wir in der Zeitung lesen, dass die Stiftung abgewickelt wird. Einen Tag vorher wusste – zumindest in diesem Raum – niemand was davon und wir haben noch über eine Geschäftsordnungs miteinander zu diesem Gremium gesprochen – herzlichen Dank.
Herr Garcia Bergt: Vielen Dank. Da Sie gerade die Kulturraum Berlin GmbH angesprochen habe. Ich erinnere mich schwach, dass sie einen zentralen Teil beim RAW spielen sollte. Kann das Bezirksamt vielleicht sagen, was für Auswirkungen auf die Verhandlung vielleicht haben wird?