Vor den Parlamentswahlen 2010 hat sich auf den Philippinen eine grüne Partei registrieren lassen – die erste ihrer Art in Südostasien. Zugleich erklärte der grüne Aktivist Nicanor Perlas, Träger des alternativen Nobelpreises, seine Präsidentschaftskandidatur. Sie alle treten an gegen reiche Polit-Dynastien und machthungrige Medienmacher.
Die Philippinen zählen zu den artenreichsten Regionen der Erde, ein Paradies für Biologen und Naturliebhaber. Trotz einer aktiven zivilgesellschaftlichen Tradition, die in der Region ihres Gleichen sucht, schreitet die Umweltzerstörung jedoch rapide voran. In den letzten dreißig Jahren gingen 70 Prozent natürlicher Lebensraum verloren, die bewaldete Fläche schrumpfte von 70 Prozent um 1900 auf derzeit sechs Prozent, nur noch 0,24 Prozent der Korallenriffe sind in exzellentem Zustand. „Wir haben eingesehen, dass wir nicht weiter kommen, wenn wir bloß von Außen auf die Verabschiedung von Gesetzen drängen, demonstrieren und Aufklärungsarbeit leisten“, erklärt Roy Cabonegro, Generalsekretär der Partido Kalikasan (Umweltpartei), die Entscheidung seiner Partei, an den landesweiten Wahlen im Mai 2010 teilzunehmen.
Als politische Gruppierung besteht die Partido Kalikasan (PK) bereits seit Ende 2003. Damals beschlossen mehr als 50 grüne Aktivisten aus allen Teilen des Landes in der Hauptstadt Manila die Gründung einer Partei. Den Grundsätzen „ökologische und persönliche Integrität“, „soziale Gerechtigkeit“, „Solidarität und aktive Gewaltlosigkeit“ und „Basisdemokratie“ folgend setzte sich die Partei zum Ziel, die sozialen zusammen mit den ökologischen Problemen des Landes anzugehen: „Die Menschen, die vor allem unter Umweltproblemen leiden, sind Bauern, Fischer, und traditionelle Volksgruppen“, sagt Cabonegro. Gut ein Viertel der philippinischen Bevölkerung lebt unter der Armutsgrenze. „Bei uns ist Umwelt kein Luxusgut sondern zentral für das Überleben Vieler, obwohl wir auch viele urbane Mittel-Klasse Probleme haben, wie etwa Luftverschmutzung.“ Der Fokus der PK liegt auf der Förderung dezentraler Gemeinschaften. Mit ungefähr 3000 Mitgliedern und 15 lokalen Regionalverbänden ist sie in allen Teilen des Landes vertreten.
Mangels staatlicher Parteienfinanzierung blieb die Frage der finanziellen und personellen Ausstattung der PK jedoch lange ungeklärt, weshalb die Mitglieder ihre Partei zunächst nicht offiziell bei der Wahlkommission registrierten. Geld spielt in der philippinischen Politik, die von reichen Oligarchen, Landbesitzern und Medienmachern dominiert wird, eine zentrale Rolle. „Die Herausforderung für uns ist, den Würgegriff der politischen Dynastien zu brechen“, so PK-Mitglied Albert Banico.
Die wachsende Unzufriedenheit mit der Regierung um Präsidentin Gloria Macapagal Arroyo drängte die PK zum Handeln. Pläne wie etwa die Aktivierung eines Atomkraftwerks auf der Bataan-Halbinsel, das in den 80er Jahren in einer von Erdbeben und Vulkanausbrüchen bedrohten Zone gebaut, jedoch nie in Betrieb genommen worden war, förderten die Politisierung der Grünen auf den Philippinen. Auch die grüne Rhetorik, mit der traditionelle Politiker verstärkt ein „Greenwashing“ ihrer Politik betreiben, spornt die PK an: „Die Leute werden nicht auf uns warten. Wenn nicht wir unsere Stimme erheben, werden es weniger Fähige tun um die wachsende grüne Wählerschaft anzuzapfen“, so Albert Banico. Vor allem KALIKAS, der Jugendarm der Partei, drängte auf eine offizielle Registrierung, die schlussendlich im vergangenen August auf der zweiten PK-Nationalversammlung – die aufgrund von Resourcen-Mangel online gehalten werden musste – offiziell beschlossen wurde.
Einige Monate zuvor hatte bereits Nicanor Perlas, philippinischer Umweltaktivist und Träger des alternativen Nobelpreises, seine Präsidentschaftskandidatur für 2010 erklärt. Perlas, der den „Right Livelihood Award“ für seine Ideen zur gerechten Gestaltung der Globalisierung erhielt und sich für ökologische Landwirtschaft, die Förderung erneuerbarer Energien und die Stilllegung eben jenes Atomkraftwerks in Bataan einsetzt, gilt unter vielen Grünen als Hoffnungsträger. Die Partido Kalikasan steht in enger Verbindung zu Perlas. Nie zuvor war die Chance auf den Philippinen so groß, dass nach einer Wahl grüne Politik von grünen Politikern gestaltet werden kann.
Serhat Ünaldi
Weitere Infos und Unterstützungsmöglichkeiten: www.partidokalikasan.org www.nicanor-perlas.com |