Der Grünen-Abgeordnete Dirk Behrendt, führender Kopf des linken Flügels in der Partei, hat im Hinblick auf eine mögliche rot-grüne Koalition nach der Landtagswahl 2011 deutliche Kritik an der SPD geäußert.Ein Artikel aus der Morgenpost von Christina Brüning.
„Im Umgang mit uns muss sich bei der SPD gehörig etwas ändern“, sagt Behrendt der Berliner Morgenpost. „Sie müssen uns endlich ernst nehmen und aufhören, uns als temporäres Phänomen zu betrachten.“ Bei vielen Grünen gebe es großen Frust, was das Verhältnis zur SPD angehe. „Die SPD wollte uns nie auf Augenhöhe begegnen, sie behandeln die Grünen gern von oben herab“, sagte der rechtspolitische Sprecher der Fraktion.
Behrendt will auch ein Bündnis mit der CDU nicht ausschließen, falls seine Partei nach der Wahl die Möglichkeit zu einer grün-schwarzen Koalition hätte. Vor einem Jahr hatte er Fraktionschef Volker Ratzmann noch angegriffen, weil dieser auch Bündnisvarianten mit der Union für denkbar hielt. „Wir sprechen nach der Wahl mit allen demokratischen Parteien, weil sich das so gehört“, sagte Behrendt jetzt. Dass seine Partei dabei mehr Nähe zur SPD als zur CDU sehe, sei aber kein Geheimnis. Allerdings verhandele es sich mit den Sozialdemokraten leichter, wenn man noch Alternativen habe. Für eine Zusammenarbeit mit der SPD müsse sich auch der Politikstil der Sozialdemokraten ändern, sagte Behrendt. „Wir würden gern mehr Bürgerbeteiligung, mehr Verständigung, mehr Transparenz im Regierungsstil für Berlin einführen.“ Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) und SPD-Partei- und Fraktionschef Michael Müller pflegten eine „autoritäre Art“, die nicht nur die Opposition, sondern auch viele Mitglieder der rot-roten Koalition ärgere.
Als einen Kurswechsel bei den linken Grünen will man die „Option Grün-Schwarz“ in Behrendts Kreisverband Friedrichshain-Kreuzberg nicht interpretieren. „Wir schließen eine Koalition mit der CDU nicht aus, halten sie aber für sehr unwahrscheinlich und wollen sie auch nicht“, sagte Daniel Wesener, Fraktionssprecher der Grünen in der Bezirksverordneten-Versammlung. Es wäre aber“strategisch unklug“, vor der Wahl per se die Zusammenarbeit mit einer Partei kategorisch auszuschließen, ohne inhaltliche Diskussionen geführt zu haben. Wesener warnte jedoch davor, den grünen Kurs im Wahlkampf nicht eindeutig klarzumachen. „Strategische Offenheit darf nicht inhaltliche Beliebigkeit bedeuten“, sagte er. Mit der Berliner CDU und der Großwetterlage im Bund – etwa beim Thema Stuttgart 21 oder der Atompolitik – werde der Abstand zwischen Grün und Schwarz von Woche zu Woche größer.
Manch einer im linken Flügel der Grünen ist darum auch gar nicht glücklich mit der grün-schwarzen Option. „Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass unsere Wähler das möchten“, sagte die Abgeordnete Heidi Kosche. Die CDU habe gerade in den letzten Wochen in der Integrationsdebatte einen Ruck nach rechts gemacht, den die Grünen nicht nachvollziehen könnten. „Mit der CDU können wir die Stadt nicht voranbringen“, sagte Kosche. Auch wenn Koalitionsverhandlungen mit der SPD „schwer und steinig“ würden, sei ihr das lieber, als auf die CDU zuzugehen.