DS/1924/IV Mündliche Anfrage
Abt. Familie, Gesundheit und Personal
Ihre Anfrage beantworte ich wie folgt:
1. Wie viele Integrationslots*innen sind gegenwärtig im Bezirk tätig?
Zurzeit sind 7 Integrationslotsinnen/Stadtteilmütter finanziert über das Landesprogramm im Bezirk tätig, schwerpunktmäßig im Bereich Frühe Bildung und Erziehung zur Unterstützung der Eltern mit Migrationshintergrund bei der Erziehung, Bildungswegbegleitung und dem gesunden Aufwachsen der Kinder, sowie eine Koordinatorin für die Qualifizierung und die Einsätze der Stadtteilmütter. Alle sind mit 30 Wstd. beim Diakonischen Werk Stadtmitte beschäftigt.
Darüber hinaus sind 2 interkulturelle Familienbegleiterinnen (Stadtteilmütter mit spezieller Sozialassistentinnen- Weiterbildung) mit je halber Stelle über die bezirkliche Familienförderung nach §16 tätig, ebenso weitere 7 Stadteilmütter mit Honorarverträgen von durchschnittlich 4-6 Wstd.
Zusätzlich gibt es seit einigen Monaten 2 Integrationslots*innen für geflüchtete Menschen
mit je 30 Wstd. und 8 Wstd. zusätzlicher Koordination, die über keine Stadtteilmütterausbildung verfügen und daher schwerpunktmäßig mit den Gemeinschaftsunterkünften im Bezirk kooperieren.
2. Wie viele weitere sind angemeldet?
Das Diakonische Werk hat in Absprache mit dem Bezirk und angesichts der Planungen für
weitere Gemeinschaftsunterkünfte für Geflüchtete weitere 8 Stellen für Integrationslots*
innen für geflüchtete Menschen mit je 30 Wstd. und zusätzlicher Koordination bei der
Senatsverwaltung Arbeit, Integration und Frauen beantragt. Die Aussichten, diese zu bekommen, sind allerdings trotz Aufstockung des Landesprogramms Integrationslots*innen von berlinweit 96 auf 150 Stellen in 2016 für unseren Bezirk schlecht, da der Verteilerschlüssel geändert wird.
Es soll nicht mehr nur die Zahl der Personen mit SGB II-Bezug ausschlaggebend sein, sondern nun zu 50% auch die Zahl der untergebrachten Geflüchteten. Da diese Zahl in Friedrichshain-Kreuzberg nicht so hoch wie in anderen Bezirken liegt, scheint es nicht realistisch, mit einer Aufstockung der Stellen zu rechnen. Eher muss befürchtet werden, dass die vorhandenen Stellen nicht gehalten werden können. Es ist aber noch nicht entschieden.
3. Sollen die neuen Integrationslots*innen überwiegend bzw. ausschließlich die Geflüchteten begleiten?
Das ist der Wunsch der Senatorin Kolat. Die Absicht ist nachvollziehbar, allerdings stellt es
die bisherigen Ziele und Zielgruppen des Landesprogramms und damit die Einsatzfelder
unserer Stadtteilmütter in Frage.
Nachfragen:
1. Wie viele Integrationslots*innen sind und bleiben mit Elternberatung und Bildungsförderung für bereits länger hier lebende Eltern und Kinder tätig?
Wir können noch keine Aussagen dazu machen, ob die bisherigen 7 Integrationslotsinnen/Stadtteilmütter alle weiterfinanziert werden und nach den neuen Förderrichtlinien weiterhin dieser Tätigkeit nachgehen dürfen. Wir werden uns aber dafür einsetzen, da wir dieses Arbeitsfeld weiterhin für zentral für eine gelingende Integration halten. Zusätzlich bemühen wir uns um Arbeitsstellen für weitere 9 Frauen, die zum Jahresende mit ihrer Ausbildung zur Stadtteilmutter fertig werden und dann natürlich finanzierte Arbeitsplätze benötigen.
Hier sind wir mit dem Jobcenter und Herrn Mildner-Spindler, dem Stadtrat für Soziales,
in Verhandlungen über andere Beschäftigungsprogramme Arbeitsplätze finanziert zu
bekommen.
Die Nachfrage für Einsatzorte der Stadtteilmütter an Kitas, Familienzentren und auch in
Willkommensklassen ist groß und auch die aufsuchende Arbeit vor allem im Netzwerk der
Frühen Hilfen gewinnt an Bedeutung. Leider gibt es seitens des Bezirks selbst keine zusätzlichen Finanzierungsmöglichkeiten im nächsten Haushalt.
2. Gibt es Schritte hin zu einem Ausbau des Lotsenprogramms weg von der befristeten Beschäftigung hin zu einem Beruf, der auf eine stabile und langfristige Integration der
Lots*innen in die Beratungs- und Hilfsinfrastruktur für Migrant*innen abzielt?
Ja, das SPI als Servicestelle und die Senatsverwaltung für Integration haben eine Arbeitsgruppe unter Beteiligung von Trägern, Bezirken und weiteren Experten gebildet, die bis zum Jahresende eine Empfehlung abgeben wird, ob ein Berufsbild „Integrationslotse“ entwickelt werden soll. Insbesondere bedarf es hierzu einer Arbeitsmarktanalyse, denn nur wenn mögliche interessierte Arbeitgeber gesichtet werden können (Krankenhäuser, Arztpraxen, Betriebe??), sind die Jobcenter bereit für die Ausbildung Bildungsgutscheine zur Finanzierung zu vergeben und auch nur dann kann ein Berufsbild von der Bildungsverwaltung anerkannt werden.
Da die Zugänge zu einer solchen beruflichen Ausbildung allerdings einen MSA voraussetzen würden, stellt dieser Weg nur für einen Teil der jetzigen Lots*innen und Stadtteilmütter eine Perspektive dar und ist nicht niedrigschwellig für unsere bisherige Zielgruppe.
Zu erwarten ist auch, dass Erzieher*innen und andere soziale Berufe dies als unerwünschte Konkurrenz betrachten und soziale Verbände eine Unterminierung des Fachkräftegebots in der Jugendhilfe und anderen Bereichen befürchten würden. Es ist hier also ein starker Gegenwind zu erwarten, obwohl wir einen immer stärkeren Fachkräftemangel in den sozialen Bereichen zu verzeichnen haben. Allerdings dauert die Entwicklung eines Berufsbildes bis zur Zertifizierung der ersten Absolventen sowieso mehrere Jahre und ist demnach keine Perspektive für die jetzt Tätigen.
Die Weiterbildung zur Interkulturellen Familienbegleiter*in/Sozialassistent*in anschließend an die Stadtteilmutterausbildung, wie wir sie mit dem Diakonischen Werk und der Fachschule Lobetal bereits konzipiert und durchgeführt hatten, wird leider zurzeit nicht vom Jobcenter finanziert, da kein Markt für Sozialassistenten gesehen wird und dieser Berufsabschluss möglicherweise ganz eingestellt werden soll. Ich denke, es handelt es sich hier um eine Verkennung der Tatsache, dass die Sozialassistenz als Interkulturelle Familienbegleiter*in nicht gleichzusetzen ist mit der gewöhnlichen Ausbildung zur Sozialassistent*in.
Monika Herrmann
Friedrichshain-Kreuzberg, den 28.10.2015
Bündnis 90/Die Grünen
Fragesteller: Dr. Wolfgang Lenk