DS/1835/III

Mündliche Anfrage

Sehr geehrter Herr Dr. Lenk,

anbei übersende ich die schriftliche Beantwortung der mündlichen Anfrage.

Ich frage das Bezirksamt:

1. In welchem Maße werden den Schülerinnen und Schülern an den Schulen unsere Bezirks – neben den Berufsberatungen und Sonderveranstaltungen der Arbeitsagentur – erweiterte sinnkonkrete Kenntnisse über die heutigen Berufsausbildungsgänge und Berufe im Wandel vermittelt?

Die berufsberatende Tätigkeit der Agentur für Arbeit in der Schule und im Berufsinformationszentrum ist für Schüler sicherlich die grundlegende Quelle für Kenntnisse über heutige Ausbildungsgänge. Hinzu kommen Sonderveranstaltungen wie z.B. den von der Agentur für Arbeit organisierten Ausbildungstag am 23.6.2010 in Friedrichshain, bei dem sich über 70 Arbeitgeber aus den Bereichen Handwerk, Dienstleistung, Gesundheit, Verwaltung und Hotel- und Gastgewerbe mit ihren Ausbildungsstellen und Berufen präsentiert haben.

Welche Anbote und Veranstaltungen in der Verantwortung von einzelnen Schulen durchgeführt werden, ist dem Jugendamt nicht im Detail bekannt. Hierzu wäre eine Abfrage aller Oberschulen erforderlich, die in der Kürze der Zeit nicht zu leisten ist.

Im Zentrum der Bemühungen des JobCenters und auch des Jugendamts stehen vor allem sozial benachteiligte junge Menschen, Jugendliche mit Migrationshintergrund und junge Menschen ohne abgeschlossene Schulausbildung bzw. ohne berufliche Qualifikation. Das Ziel für diese Gruppen ist vorrangig, sie überhaupt auf eine Ausbildung zu orientieren und ihnen dies bzgl. entsprechende Unterstützung anzubieten. Kurz gesagt, das Ziel sind die Wege in den Beruf, hierbei wird auch auf neue Ausbildungsgänge verwiesen.

Durch das Jugendamt wird in diesem Kontext insbesondere die bezirkliche Kompetenzagentur kompaX in Kofinanzierung zu ESF-Mitteln gefördert. Die Kompetenzagentur unterstützt besonders benachteiligte Jugendliche bei ihrer beruflichen und/oder sozialen Integration durch Beratung, Vermittlung in weiterführende Angebote wie Qualifizierung, Ausbildung und Arbeit und Begleitung in Form eines mittel- und langfristig angelegten Case- Managements. Hierdurch soll vielen Friedrichshain-Kreuzberger Jugendlichen eine sichere Perspektive auf dem Ausbildungs- und Arbeitsmarkt geboten werden. Dies geschieht in vier Beratungs-Centern sowie in Kooperation mit und an Schulen.

Beantwortung Außenstelle der Senatsverwaltung Bildung, Wissenschaft und Forschung Die Schulen bieten sowohl Berufsorientierung, Betriebspraktika und Betriebserkundungen an. Alle Angebote stehen in engem Verhältnis zu den Rahmenlehrplänen der Sekundarstufe I und werden unterrichtsimmanent vor- und nachbereitet. Dabei kommt dem Instrument des Berufswahlpasses eine besondere Bedeutung zu.

Vom 26.10-29.10.2010 findet als ergänzendes Angebot das Projekt „Komm auf Tourmeine Stärken meine Zukunft“ für alle weiterführenden Schulen im Bezirk statt. Dies ist ein Projekt der Bundesanstalt für gesundheitliche Aufklärung, welches gemeinsam mit den Ländern und Kommunen, Sozialversicherungsträgern, Freien Trägern sowie weiteren Kooperationspartnern entwickelt wurde. Schon im vergangenen Jahr haben sich Schulen unseres Bezirkes an diesem Projekt beteiligt. Die positiven Erfahrungen lassen eine noch breitere Beteiligung für das kommende Schuljahr erwarten.

2. An welchen Schulen finden hierzu besonders oder relativ gelungene Angebote statt (evtl. best-practice-Modelle) und wodurch zeichnen sich diese aus?

Grundsätzlich wird die Idee der Produktionsschule unterstützt, bei der die Entwicklung produktionsorientierter Arbeit an einer Sekundarschule des Bezirks im Fokus steht. Hierbei handelt es sich bisher um einen Kooperationsverbund mehrerer Oberschulen im Bezirk.

In diesem Rahmen sollen Schüler/innen in klassischen Berufsfeldern an Ausbildung und Arbeit herangeführt werden. Beantwortung Außenstelle der Senatsverwaltung Bildung, Wissenschaft und Forschung An folgenden Schulen gibt es besondere Angebote, die hervorzuheben sind:

  • Ferdinand-Freiligrath-Schule mit an praktischen Tätigkeiten und Handlungsorientierung
  • ausgerichtetem Arenen-Modell unter Beteiligung so genannter „Dritter“, die aus der Arbeitswelt kommend fachlich, persönlich und auch sozial besondere Ansprechpartner und auch Vorbilder für Schüler sind.

  • Carl-Friedrich-Zelter-Schule durch enge Kooperationen mit betrieblichen Partnern
  • intensive Berufsorientierung und Konzept „Pfad in die Ausbildung“ bzw. neu „Pfad in die Verantwortung“

  • Stadt-als-Schule mit dem Konzept des Dualen Lernens, in dem Schülerinnen und
  • Schüler bis zu drei Tage in der Schulwoche, durch Lehrer pädagogisch begleitet, an Praxisarbeitsplätzen in der Stadt lernend tätig sind. Vgl. auch Konzept zum Produktiven Lernen. Darüber hinaus gibt es an verschiedenen Standorten die werkpädagogisch ausgerichteten Klassen.

3. Sollte Schule adäquate Berufsvorstellungen zur Zeit nicht leisten können, erachtet das Bezirksamt es dann im Gefolge der Schulstrukturreform als sinnvoll, zusätzliche Nachmittagsangebote (ggf. in einer kreativen Pilotphase) zu initiieren, in denen dies erprobt wird?

Die Finanzierung und damit auch die Gestaltung der Nachmittagsangebote ist noch in der Diskussion, sicherlich sind in diesem Bereich berufsorientierende, aber ebenso schulergänzende lebenspraktische, politische, medienorientierte oder freizeitpädagogisch ausgerichtete Bildungsangebote anzustreben.

4. Welche besonderen Anstrengungen haben sich aktuell insbesondere an den Hauptschulen bewährt, um den Wunsch von Jugendlichen zu fördern oder zu festigen, in jedem Fall eine abgeschlossene Berufsausbildung anzustreben?

Im Rahmen der Jugendsozialarbeit werden an einigen Oberschulen methodisch die werkpädagogischen Klassen genutzt, um durch handwerkliche Praxis eine Nähe zur beruflichen Praxis zu entwickeln. Aber auch schulische Angebotsformen wie z.B. Schülerfirmen haben sich als förderlich bewährt. Dazu liegen keine Erhebungsergebnisse vor.

Im Zuge der Schulreform wird künftig mehr Wert auf praktisches, lebensbezogenes Lernen gelegt werden. Es wird an den Sekundarschulen eine neues Fach WAT (Wirtschaft, Arbeit, Technik) geben.

5. Sieht das Bezirksamt Möglichkeiten, insbesondere bei diesen Jugendlichen mit einer prekären Schulbiografie durch eine bessere öffentliche Kommunikation einzelner „grün“ modernisierter, im Kern aber traditioneller Handwerks- und Industrieberufe (die für den klimaschützenden Umbau der Stadt nötig sind) Teilhabechancen und Motivation zu erhöhen?

Die Unterstützung und Befähigung benachteiligter junger Menschen bezieht sich vorrangig darauf, sie überhaupt in die Lage zu versetzen, mit ausreichenden Kompetenzen und der entsprechenden Motivation eine Ausbildung beginnen zu können. Die Nachhaltigkeit solcher Bemühungen ist sicherlich dann gegeben, wenn sie auf zukunftsträchtige Berufe ausgerichtet sind. Dies sind ohne Zweifel moderne handwerkliche Berufe, aber ebenso besteht absehbar ein hoher Arbeitskräftebedarf in Dienstleistungs- und Sozialberufen, z.B. im Bereich der Pflege.

Mit freundlichen Grüßen

Mildner-Spindler

Fragesteller: Dr. Lenk, Wolfgang