Nach anhaltenden Protesten rückt Vattenfall von seinem Plan ab, an der Rummelsburger Bucht ein gigantisches neues Kohlekraftwerk zu bauen. Dies hätte die Berliner Klimabilanz auf Jahrzehnte ruiniert, denn das geplante Kraftwerk würde allein über 20 Prozent des derzeitigen CO2-Ausstoßes Berlins verursachen

Mit Vattenfalls Entscheidung Anfang März haben Bündnis 90/Die Grünen, die Umweltverbände und nicht zuletzt das Berliner Klima einen großen Sieg errungen. Außerdem ist den BewohnerInnen von Stralau und Lichtenberg die Ansicht des bis zu 80 m hohen Schornsteins erspart geblieben. Es zeigt sich wiederum, dass engagierter BürgerInnenprotest Erfolg haben kann. Insbesondere die Bürgerinitiative „Nein zum Kohlekraftwerk“ hat den öffentlichen Druck beständig aufrecht erhalten. Dieser Druck, in Kombination mit der anhaltenden, kritischen Auseinandersetzung zwischen den bündnisgrünen Abgeordneten im Abgeordnetenhaus und dem Senat, hat den Erfolg ermöglicht.

Bevor der rot-rote Senat sich über seinen eigenen Standpunkt klar wurde, ist eine der wichtigsten Entscheidungen über die künftige Energieversorgung der Stadt ohne sein Zutun gefallen. Vattenfalls neues Energiekonzept, Kohlekraftwerke durch Biomasse- und hocheffiziente Erdgaskraftwerke zu ersetzen, ist ein großer Schritt auf dem Weg zu einem klimafreundlicheren Berlin. Dies zeigt, dass auch aus der Opposition heraus inhaltliche Erfolge erzielt werden können.

Energieriese in die Knie gezwungen

Allerdings darf die Aufmerksamkeit jetzt nicht schwinden. Berlins energiepolitische Zukunft soll nicht zurück in die alleinige Entscheidungsgewalt von Senat und Vattenfall geraten. Die Erfahrung zeigt, dass kein Verlass auf die Regierungskoalitionäre ist. Opposition, Verbände und Öffentlichkeit müssen sich aktiv an der Entwicklung des überfälligen Berliner Energiekonzepts beteiligen. So sollte es gelingen, ein fortschrittliches Konzept, das auch die Erschließung der Potenziale für dezentrale Energieerzeugung beinhaltet, mit einer intelligenten Industriepolitik zu verbinden.

Rückblickend darf sich ein wenig Stolz darauf einstellen, – im Gegensatz zu Hamburg – einen der vier mächtigen Energieriesen Deutschlands in die Knie gezwungen zu haben. Die Aussicht Hunderttausende von KundInnen zu verlieren, wenn man sich gegen den erklärten BürgerInnenwillen wendet, kann offenbar selbst Großkonzerne zur Aufgabe bewegen.

Andreas Weeger und Dirk Behrendt, Mitglied des Abgeordnetenhauses