Seit 10 Jahren betreut QueerTausch bei AFS queere Jugendliche auf ihrem Weg durch die Welt.

AFS Interkulturelle Begegnungen e. V.

„American Field Service“ (AFS): Was sich auf den ersten Blick sehr martialisch anhört, begann mit friedlichen Absichten: 1915 wurde der AFS in Paris von jungen Amerikanern gegründet, die sich in beiden Weltkriegen als freiwillige Sanitätsfahrer betätigten. Ihr Antrieb war der Wunsch nach Völkerverständigung und Weltfrieden. Aus der Initiative entwickelte sich im Laufe der Jahrzehnte ein international vernetztes Austauschprogramm, das mittlerweile Menschen aus über 60 Ländern miteinander verbindet. Mehr als 450.000 Menschen nahmen bislang weltweit an AFS-Programmen teil – Tendenz steigend. Neben den gängigen Austauschprogrammen für Schüler*innen und Jugendliche ist es dort auch möglich, sich etwa im „Weltwärts“-Programm als Freiwillige* in sozialen oder ökologischen Projekten zu engagieren. Ziel ist es dabei, den Teilnehmenden interkulturelle Kompetenzen zu vermitteln und ihr Verständnis für globale Zusammenhänge zu vertiefen. Viele Teilnehmer*innen an einem der Austauschprogramme betätigen sich nach ihrem Aufenthalt auch ehrenamtlich für AFS.

QueerTausch bei AFS

Im Jahr 2010 entschlossen sich mehrere deutsche AFSler*innen, die Interessengemeinschaft (IG) QueerTausch zu gründen. Die IG dient vor allem als Ansprechpartner für Menschen innerhalb von AFS, die sich mit sexueller Vielfalt auseinandersetzen. Man will Programmteilnehmer*innen über queere Themen aufklären und sie für den Umgang mit LGBTIQ-Menschen sensibilisieren. Die Gruppe hilft interessierten Jugendlichen, indem sie Workshops durchführt oder queere AFS-Teilnehmer*innen vor, während und nach ihrem Gastaufenthalt betreut. Der zwischenmenschliche Austausch spielt hier natürlich eine große Rolle: „Wenn man Menschen mit Witz und Charme an Themen ranbringt, hilft man auch mehr Menschen“, betont Ole. Ein zweites Ziel der Gruppe ist es, die eigenen Aktivitäten nach außen sichtbar zu machen. Für Florian war etwa die „You‘re save with me“-Kampagne etwas Besonderes. Nachdem hunderte AFS-Teilnehmer*innen in den sozialen Medien mit Regenbogenschildern signalisierten, dass AFS auch für queere Menschen ein sicherer Hafen ist, schlossen sich spontan mehrere Länder der Initiative an. Doch noch ein anderes wichtiges Ziel verfolgt der QueerTausch: Vorurteile abbauen! „Ich hatte vorher etwas gegen Schwule, aber Ihr seid total cool!“. Reaktionen wie diese hat Vanessa schon oft gehört und motivieren sie in ihrem Engagement.

QueerTausch bei der Arbeit (c) Christopher Peter

„Wir machen die Welt bunter!“

Nicht nur mit Workshops und Kampagnen, auch durch die Aufnahme und Betreuung Jugendlicher aus allen Teilen der Welt engagiert sich die Gruppe für AFS. Andrea und Shuggi haben bereits 9 Gastjugendliche bei sich aufgenommen und sind nach wie vor Feuer und Flamme. „Der AFS schult ungemein für die Vielfalt der Welt“, findet Shuggi, die es wissen muss. Aber nicht jeder Aufenthalt verläuft harmonisch: „Wenn die Chemie nicht stimmt, stimmt sie eben nicht“, weiß Andrea. Etwa ein Drittel der Teilnehmer*innen wechselt während ihres Aufenthaltes die Gastfamilie. Andere Teilnehmer*innen erleben dagegen eine angenehme Zeit, haben sich etwa geoutet oder Freunde gefunden, reagieren am Ende ihres Programmes aber verängstigt auf die Rückkehr in ihr Herkunftsland: „Jetzt muss ich wieder in meinen Schrank zurück!“. Auch hier ist der QueerTausch gefragt, der sich nicht zuletzt zum Ziel setzt, Ängste abzubauen und das Vertrauen in die eigene sexuelle Identität zu festigen. Insgesamt überwiegen aber die positiven Erfahrungen: „Wir machen die Welt bunter!“, meint Shuggi und lacht.

Infos und Kontakt:
www.queertausch.de

Christopher Peter, KV Tempelhof-Schöneberg für den Stachel Dezember 2020