Kleine Anfrage der Abgeordneten Clara Herrmann (Bündnis 90/Die Grünen) vom 22. Januar 2007 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 23. Januar 2007) und Antwort (Drucksache 16/10235)
Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt:
1. Welche konkreten Zahlen und Informationen hat der Senat zum neuartigen Phänomen der sogenannten „Flatrate-Alkohol-Parties“, die zunehmend in Berliner Clubs und Diskotheken veranstaltet werden? Teilt der Senat die Einschätzung, dass es sich hierbei um eine Besorgnis erregende Entwicklung handelt?
Zu 1.: Dem Senat liegen keine konkreten Zahlen zur Häufigkeit sogenannter Flatrate-Partys vor. Recherchen haben ergeben, dass diese Veranstaltungen eher selten sind, da sie in der Regel gegen den § 20 des Gaststättengesetzes verstoßen. Vergleichbare Angebote (wie „1,- Euro-Partys“ und „Happy Hour“) hat es vereinzelt auch schon in der Vergangenheit gegeben. Von daher sieht der Senat hier zzt. noch keine zu ernsthafter Besorgnis Anlass gebende Entwicklung. Er beobachtet diesen Trend jedoch, um, wenn nötig, zu reagieren.
2. Wie viele Fälle von Jugendlichen bis 19 Jahre, die 2006 wegen Alkoholvergiftung in Berliner Krankenhäuser eingeliefert worden sind, sind bekannt? (Die Zahlen bitte nach Bezirken und Geschlecht gesondert ausweisen)
Zu 2.: Die Zahlen aller Krankenhausbehandlungen für das Jahr 2006 liegen dem Senat frühestens im IV. Quartal 2007 vor. Im Jahr 2005 wurden in den Berliner Krankenhäusern 274 Patientinnen und Patienten (108 weibliche und 166 männliche) im Alter von 10 bis unter 20 Jahren wegen akuter Alkoholintoxikation (akuter Rausch, ICD- 10 Nr. F10.0) vollstationär behandelt. Die Angaben nach dem Wohnort (Bezirk) und dem Geschlecht der Betroffenen sind der Tabelle 1 der Anlage zu entnehmen. Diese 274 Patientinnen und Patienten entsprechen 0,1 % der gesamten Altersgruppe.
Auswertungen von ambulanten Behandlungen (lokale notärztliche Einsätze oder Behandlungen in den Rettungsstellen) liegen nicht vor.
3. Wie viele Jugendliche zwischen 15 – 19 Jahren sind in den Jahren 2000 – 2006 wegen Alkoholvergiftung in die Berliner Krankenhäuser eingeliefert worden? (die Zahlen bitte für jedes Jahr, jeden Altersjahrgang und geschlechtergetrennt auflisten, so wie die Veränderungen im Vergleich zum Vorjahr in Prozentwerten angeben)
Zu 3.: Die Zahlen aller Krankenhausbehandlungen für das Jahr 2006 liegen dem Senat frühestens im IV. Quartal 2007 vor.
In den Jahren 2000 – 2005 wurden insgesamt 309 weibliche und 495 männliche Jugendliche im Alter von 15 bis unter 20 Jahren mit einer Alkoholvergiftung in den Berliner Krankenhäusern behandelt. Die Differenzierungen nach Jahr, Altersjahrgang, Geschlecht sowie die Vergleichsprozentwerte sind der Tabelle 2 der Anlage zu entnehmen.
4. Wie viele Jugendliche unter 15 Jahren sind aufgrund von Alkoholmissbrauch zwischen 2000 – 2006 in Berliner Krankenhäuser eingeliefert worden? (die Zahlen bitte für jedes Jahr, jeden Altersjahrgang und geschlechtergetrennt auflisten, so wie die Veränderungen im Vergleich zum Vorjahr in Prozentwerten angeben)
Zu 4.: Die Zahlen aller Krankenhausbehandlungen für das Jahr 2006 liegen dem Senat frühestens im IV. Quartal 2007 vor.
In den Jahren 2000 – 2005 wurden insgesamt 311 Kinder und Jugendliche im Alter von 10 bis unter 15 Jahren (166 weibliche, 145 männliche) mit einer Alkoholvergiftung (ICD-10 Nr. F10.0) in den Berliner Krankenhäusern behandelt. Die Differenzierungen nach Jahr, Altersjahrgang, Geschlecht sowie die Vergleichsprozentwerte sind der Tabelle 2 der Anlage zu entnehmen.
Krankenhausbehandlungen infolge von Alkoholmissbrauch (ICD-10 Nr. F10.1) sind im Kindes- und Jugendalter eher selten (im Zeitraum von 2000 bis 2005 waren das bei den 10- bis unter 15-Jährigen 13 Mädchen und 3 Jungen).
5. In welchem Umfang, welchen Klassenstufen und Fächern spielt das Thema „Umgang mit Drogen/Sucht“ in der Schule eine Rolle? Welche inhaltlichen Schwerpunkte sollen dabei jeweils gesetzt werden? Welche Materialienvorschläge (insbesondere Literatur und Film) werden dabei gemacht? Inwiefern werden in der Suchtprävention und -hilfe tätige Institutionen und Träger in den Unterricht einbezogen?
Zu 5.: „Grundsätzlich ist es Aufgabe aller Lehrerinnen und Lehrer, im Rahmen ihrer Möglichkeiten und vor allem durch ihr eigenes Verhalten im Bereich der Primärprophylaxe, zu der vor allen Dingen die psychische Stabilisierung der Schüler/innen gehört, tätig zu werden …“ (Rundschreiben II Nr. 20 / 1997)
Das Thema Drogen/Sucht als spezieller Unterrichtsinhalt ist in Berlin für folgende Klassenstufen und Fächer ausgewiesen:
Sucht in den Rahmenlehrplänen
Fach | Jahrgangsstufe(n) | Thematischer Aspekt |
Englisch | 9/10 | S. 49: Themenbereich C: Das öffentlich-gesellschaftliche Leben Thema: Gesundheit Fakultativer Inhalt: Drogen |
Französisch | dito | dito |
Naturwissenschaften | 5/6 | S. 27: Sucht und soziale Aspekte als didaktischer Hinweis S. 34: Strategien zur Abwehr von Suchtverhalten: Stoffliche, nichtstoffliche Suchtformen: Tabak, Alkohol, Drogen, Fernsehen/Video, Computer, Süßes |
Sachunterricht | 1/2 | S. 26: Sich selbst wahrnehmen unter dem Schwerpunkt Suchtprävention |
3/4 | S. 38: Sich selbst wahrnehmen unter dem Schwerpunkt Suchtformen (Ess-, Fernseh-, Spielsucht) |
„Suchtprophylaxe in der Schule ist in der Regel Primärprophylaxe. Sie richtet sich an alle Schülerinnen und Schüler mit dem vorrangigen Ziel, solche Einstellungen und Handlungsmöglichkeiten zu fördern, die zu konstruktiven Lösungen alltäglicher Lebensprobleme wie auch zur Bewältigung schwieriger Existenzfragen beitragen.“ (Rundschreiben II Nr. 20 / 1997)
Die Suchtprophylaxe wird wesentlich von Informationen, Aufklärung und Projekten getragen.
Für die Grundschulen ist die Teilnahme am „Buddy- Projekt“ verbindlich. Dieses Projekt ist ein die Lebenskompetenz förderndes Programm zur Unterstützung der Selbstwertentwicklung mit dem Schwerpunkt „Soziales Lernen“. Die Oberschulen haben den Auftrag, das Thema Nichtrauchen zu bearbeiten.
Die Schulprojekte beinhalten auch das Material für Lehrer und Schüler. Die Auswahl weiterer Materialien obliegt den Lehrkräften. Insbesondere kommen Materialien zum Einsatz, die vom Referat für Drogen und Sucht der Senatsverwaltung für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz, der Fachstelle für Suchtprävention, der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) und der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) herausgegeben werden.
Institutionen und Träger sind sowohl in den Unterricht direkt als auch in die Entwicklung von Konzepten, die Durchführung von Fortbildungen und der Qualitätssicherung eingebunden. Aktuell sind das z.B. die Berliner Fachstelle für Suchtprävention, Karuna e.V., Nacoa e.V., buddY E.V. der Verein Programm KLASSE2000.
Berlin, den 05. Februar 2007
In Vertretung
Dr. Benjamin Immanuel Hoff
Senatsverwaltung für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz
(Eingang beim Abgeordnetenhaus am 26. Februar 2007)
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