Im Streit um die Offenlegung der Wasserverträge hat das Verfassungsgericht den Senat kritisiert. Die Begründung für die Ablehnung der Akteneinsicht an eine Grünen-Abgeordnete fiel den Richtern zu pauschal aus. Ein Artikel aus dem Tagesspiegel von Ulrich Zawatka-Gerlach.
Im Streit um die Offenlegung der Wasserverträge hat das Verfassungsgericht den Senat kritisiert. Die Begründung für die Ablehnung der Akteneinsicht an eine Grünen-Abgeordnete fiel den Richtern zu pauschal aus.
Die Grünen-Abgeordneten Heidi Kosche wird nicht alle Verträge und Akten zur Teilprivatisierung der Berliner Wasserbetriebe einsehen können. Das Landesverfassungsgericht stellte am Dienstag klar, dass der Senat nicht verpflichtet werden kann, sämtliche Unterlagen offenzulegen. Trotzdem klopften die Richter der Verwaltung auf die Finger, die nur einen Teil der 180 Aktenordner mit 90 000 Seiten herausrücken will. Es fehlt dem Gericht offenkundig an einer schlüssigen Begründung, warum manche Unterlagen ein Geheimnis bleiben sollen.
„Wir unterstellen Ihnen keineswegs, dass Sie nicht alles sorgfältig und vollständig abgewogen haben“, sagte ein Verfassungsrichter bei der zweistündigen mündlichen Verhandlung des Falls zu den Rechtsvertretern der Innenbehörde: „Aber Sie können sich noch so schöne Gedanken im Dienstzimmer machen, wenn sich diese der amtlichen Begründung anschließend nicht entnehmen lassen.“
In einem zehnseitigen Schreiben war der Grünen-Abgeordneten Kosche mitgeteilt worden, warum sie diese und jene Aktenblätter oder Verträge nicht einsehen darf. Nicht nur der Politikerin, sondern auch dem Verfassungsgericht fiel diese Begründung viel zu pauschal aus. Das Urteil zur Verfassungsklage wird zwar erst am 14. Juli gefällt. Aber dem Berliner Senat wird dann gewiss mit der notwendigen Strenge deutlich gemacht, dass Anträge von Abgeordneten auf Akteneinsicht künftig mit mehr Herzblut und Offenheit bearbeitet werden müssen.
Die Entscheidung könnte wegweisend sein, denn ein spezielles Akteneinsichtsrecht für Abgeordnete gibt es bisher nur in Berlin und Brandenburg. „Die Einsichtnahme darf nur abgelehnt werden, soweit überwiegend öffentliche Interessen einschließlich des Kernbereichs exekutiver Eigenverantwortung oder überwiegende private Interessen an der Geheimhaltung dies zwingend erfordern“, steht in Artikel 45 der Berliner Verfassung. Diese Anhäufung unbestimmter Rechtsbegriffe schreit geradezu nach dem juristischen Konflikt. Die Grünen-Abgeordnete Kosche kämpft seit fast drei Jahren darum, alle Dokumente zum teilweisen Verkauf der Wasserbetriebe an die Investoren RWE und Veolia zu sehen.
Beide Unternehmen verweigerten die Offenlegung. Der Senat wägte ab und stellte dann einen Teil der Akten zur Verfügung. „Zielte die Abwägung darauf, abzuwiegeln oder der Abgeordneten positiv gerecht zu werden?“, stellte die Verfassungsgerichts-Präsidentin Margret Diwell die wohl entscheidende Frage an den Senat. Ulrich Zawatka-Gerlach