Berlin braucht einen vitalen „grünen Umhang“. Seit April gibt es die neue AG „Ökologie“als Reaktion auf die Klimakrise. Ute Kätzel, die unter anderem zum Thema „ökologisch begrünte Innenhöfe“ arbeitet, hat sie ins Leben gerufen.

Der letzte Hitzesommer hat mich in Panik versetzt. Alle Pflanzen und Bäume riefen: „Hilfe, ich verdurste!“ Ich goss so viel ich konnte, doch das war wie ein Tropfen auf einen immer heißer werdenden Stein. Annedore Langner von „Finde Vogel e.V.“ erklärte mir, dass viele Vogeleltern ihre Jungen verhungern ließen. Ich brachte ihr verlassene Vogelküken, bis sie sagte: „Füttere lieber die Vogeleltern.“ Vögel füttern im Sommer, weil es keine Insekten mehr gibt. Ein Zukunftsszenario? Irgendwann dann ein Sommer ganz ohne Vögel?

Mich erschreckt, dass viele weiterhin Flugreisen machen, 14-Liter-fressende SUVs kaufen, täglich Fleisch essen, kostbares Trinkwasser verschwenden. Ich habe keine Lust, „Kassandra“ zu sein. Ich habe in meinem Leben genug demonstriert und politisch gearbeitet. Doch ich höre Greta Thunberg sagen: „Get out of the comfort-zone.“ Seid unbequem, auch um den Preis, euch unbeliebt zu machen.

Also wurde ich Mitfrau beim NABU, den Grünen, und habe die „AG Ökologie“ gegründet, mit dem Untertitel „Klimakrise stoppen“. Ich bin nicht einmal sicher, ob die Zeit noch reicht. Doch wenn die Kinder und Jugendlichen für „Fridays for Future“ Schule schwänzen, können, ja müssen wir Erwachsenen doch erst recht aktiv werden.

Die Liste ist lang: Grüne Oasen besser schützen, in Parks, Friedhöfen, Innenhöfen. Wir brauchen einen Paradigmenwechsel in der städtischen Grünpflege, weg von Laubbläsern und jährlichem Gemetzel an Büschen, damit nur ja keine Ratte mehr Unterschlupf findet, aber eben auch keine Käfer, Würmer oder Hummeln und kein Vogel mehr sein Nest bauen kann.

Die meisten wiegen sich in Sicherheit. Vor allem in vielen Hausverwaltungen und Behörden. Dort geht es nur noch um „Effektivität“. Berlin sei doch eine „grüne Stadt“, höre ich. Doch wie viele Hitzesommer werden die Straßenbäume noch verkraften? Und wie viel Fläche wird jeden Tag zugebaut und zubetoniert!

Wir müssen viel radikaler dagegensteuern. Berlin braucht einen vitalen grünen Umhang. Dächer und Fassaden müssen begrünt werden, kostbares Regenwasser darf nicht mehr in die Kanalisation, sondern muss den Böden, den Pflanzen zugutekommen, es muss entsiegelt werden, usw.

Bei der Landesdelegiertenkonferenz wurde beschlossen, durch eine Bundesratsinitiative den Weg frei zu machen für „Solar auf jedem Dach“. Wir brauchen dringend die Energiewende, doch auch die Wende bei Begrünung und Entsiegelung. Warum haben wir Grüne nicht schon längst verankert, dass Dächer und Fassaden begrünt werden müssen?

Unsere AG Ökologie sucht Mitstreiter*innen, die Forderungen stellen, Beschlussvorlagen erarbeiten, selbst Innenhöfe begrünen, Bienenvölker pflegen, Samenbomben werfen. Ich zitiere Greta: „We all should panic!“

Ute Kätzel, Historikerin und Soziologin, Aktivistin
2006-2011 als Parteilose für die Grünen in der BVV, u.a. im Stadtplanungsausschuss.
Seit 2018 Mitfrau bei NABU und Grünen
AG Ökologie, montags, ca. alle 4 Wochen im Igelbau. Weitere Infos findet Ihr hier.