Am 7. August 2019 war es endlich soweit: die Eröffnung der temporären Spielstraße in der Böckhstraße, einer Kreuzberger Straße in meinem Wahlkreis. In weniger als einem Jahr gelang den Initiator*innen rund um Cornelia Dittrich in konstruktiver Zusammenarbeit mit dem Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg dieser kleine, aber bedeutende Schritt in Richtung Verkehrswende – Nachahmer*innen dringend gesucht.
Bei ihrem ersten Anlauf, einen Raum für freies Spiel und Begegnen zu initiieren, in der Gudvanger Straße in Pankow, scheiterte die Initiative an denen, die eigentlich von der Veränderung profitieren sollten – an den Anwohner*innen. Über eine Klage beim Verwaltungsgericht wurde die Veranstaltung „Temporär spielende Kinder“ wieder eingestellt. Doch das Interesse und der Bedarf nach zusätzlichem öffentlichen Platz für Spiel und Freizeitgestaltung wuchs, und ein Bündnis aus verschiedenen Akteur*innen, u.a. den Berliner Kinder- und Schülerläden, dem Bund und dem Deutschen Kinderhilfswerk, formierte sich.
Bündnis „Temporäre Spielstraße“
Dieses Bündnis will lokale Nachbarschaften bei der Etablierung temporärer Spielstraßen unterstützen. Gemeinsam mit dem Bezirksamt und insbesondere dem unter grüner Leitung agierenden Straßen- und Grünflächenamt kann das Bündnis nun einen ersten Erfolg verzeichnen: die erste temporäre Spielstraße in der Böckhstraße. Jeden Mittwoch von 14-18 Uhr in der Saison April-Oktober müssen Autofahrer*innen im Abschnitt Grimm- bis Graefestraße draußen bleiben. Auch parkende Fahrzeuge sind nicht zugelassen. So kann die Straße in ihrem vollen Umfang zum Spielen genutzt werden. 1.000 Unterschriften von Unterstützer*innen des Projekts mussten dem Bezirk dafür vorgelegt, und Vereinbarungen über einen Schrankenwärter*innen-Dienst abgeschlossen werden. Denn sowohl Menschen mit Gehbehinderungen als natürlich auch Rettungsfahrzeuge müssen in der Spielzeit die Straße befahren können.
Rege Teilnahme bei der Eröffnung
Am Tag der Eröffnung wurde die Spielstraße mit großer Begeisterung angenommen. Bobby-Cars, Roller und Bälle waren in Bewegung, wo sonst nur Autos rollen. Kinder konnten hüpfen und rennen, ohne auf motorisierte Gefahrenquellen Acht geben zu müssen. Die Stimmung war ausgelassen und fröhlich. Ein Pilotprojekt in Berlin, das hoffentlich bald Nachahmer*innen findet. Denn das Recht der Kinder auf Platz zum Spielen ist ein elementares. Für eine gesunde Entwicklung brauchen Kinder Raum zur Entfaltung. In einer wachsenden Stadt, in der sich immer mehr Kinder immer weniger Raum teilen müssen, ist es unsere Verantwortung, dafür zu sorgen, diesen zu schaffen. Und zunehmend ein Bewusstsein dafür zu generieren, dass öffentlicher Raum nicht zwangsläufig für motorisierte Verkehrsteilnehmer*innen zur Verfügung steht. Sondern dieser Raum dem Wohle aller dienen sollte. Auch dem der ganz Kleinen.
Nachahmer*innen gesucht
Die erste temporäre Spielstraße ist ein kleiner Schritt in Richtung alternativer Straßennutzung, doch ein großer für ein gemeinsames Kiezleben und in Richtung Verkehrswende. Ich hoffe auf einen breiten Bekanntheitsgrad und wachsendes Interesse an diesem Pilotprojekt. Und auf Spielstraßen bald in jedem Bezirk und nahezu allen Kiezen. An Spielstraßen interessierte Bürger*innen können sich auf der Webseite www.spielstrassen.de informieren oder sich unter der Mailadresse info@spielstrassen.de vernetzen.
Marianne Burkert-Eulitz für den Stachel September 2019