DS/0246/IV

Mündliche Anfrage

Ich frage das Bezirksamt:

1) Wie viele Menschen mit Behinderung und ältere Menschen haben im Jahr 2011 wie oft den Begleitservice des Verkehrsverbunds Berlin-Brandenburg (VBB) in Friedrichshain- Kreuzberg in Anspruch genommen (wenn möglich, bitte nach Art der Behinderung bzw. Einschränkung differenzieren)?

2) Welche Ziele haben die Fahrten im Allgemeinen (spezielle, einmalige Anlässe vs. alltägliche Besorgungen)?

3) Welche Anlässe bzw. Zeiträume innerhalb des Jahres sorgen aus welchen Gründen für eine besonders starke Nachfrage nach dem Begleitservice?

Nachfragen:

1) Welche Kosten hat der Begleitservice in Friedrichshain-Kreuzberg 2011 in etwa verursacht (bitte ins Verhältnis zu anderen Bezirken setzen)?

2) Wie beurteilt das Bezirksamt den Wegfall des kostenlosen Begleitservice für behinderte Menschen ab Juni bzgl. des Ziels der Beteiligung und Inklusion von Menschen mit Behinderung in Friedrichshain-Kreuzberg?

Beantwortung: Herr Mildner-Spindler

Vorweggeschickt, dass wir die Antworten zusammengetragen haben bei der Senatsverwaltung für Arbeit, Integration und Frauen, beim Begleitservice selbst, beim Jobcenter, bei der Servicegesellschaft Comovis, also bei allen, die in den vergangenen Jahren an der Organisation beteiligt waren. Die Fragen 1 bis 3 beruhen jetzt auf Auskünften des Begleitservice selbst.

zu Frage 1:

Im Jahr 2011 entfielen 14 % aller Begleitungen auf Kunden mit einer Abholadresse im Stadtbezirk Friedrichshain-Kreuzberg. Diese 14 % entsprechen 1.115 Begleitungen.

zu Frage 2:

Diese 1.115 Begleitungen schließen sich nach Art der Einschränkung wie folgt auf: 25 % erreichten Bürgerinnen und Bürger mit Rollstuhl, 33 % Bürgerinnen und Bürger mit Rollator, 16 % Bürgerinnen und Bürger, die Geheinschränkungen haben, 15 % blinde und seheingeschränkte Bürgerinnen und Bürger und 11 % Bürgerinnen und Bürger, die sich allgemein unsicher fühlen.

zu Frage 3:

Die Anlässe gliedern sich auf: Arztbesuch und medizinische Betreuung: 31 %; allgemeine Lebensführung, dazu zählen Familienbesuche und Besuche von Freunden, Behördengänge, kulturelle Veranstaltungen, aber auch Friseur und Banktermine: 46 %; Begleitungen zur Arbeit, Vorstellungsgespräche, Studienveranstaltungen: 10 %; Teilnahme am Vereinsleben: 8 %; Begleitungen zum Fernreiseverkehr, Flughafen: 5 %. Grundsätzlich, sagt der Begleitservice, gibt es eine beständige Nachfrage über das gesamte Jahr.

Eine etwas erhöhte Nachfrage ist in den Monaten März, April, Mai, Juni sowie im November und Dezember zu verzeichnen. Die Wintermonate sind dann, wie anders zu erklären, auf die Wegeverhältnisse, Witterungseinflüsse zurückzuführen.

zu Nachfrage 1:

Der Begleitservice wurde als gesamtstädtisches Projekt im Rahmen des öffentlichen Beschäftigungssektors unter Zuhilfenahme arbeitsmarktpolitischer Instrumente, Beschäftigungszuschuss BEZ und Arbeitsgelegenheit in der Entgeltvariante gefördert. Dazu wurden Bundesmittel mit Landesmitteln aufgestockt. Im Zeitraum, in dem das Projekt lief, vom 01.08.2008 bis zum 16.02.2012 wurden insgesamt 47 Kundinnen und Kunden des Jobcenters über EWS ?? gefördert.

Das Land hat über diese Jahre im gesamten Zeitraum die Bundesmittel mit insgesamt 554.822,36 EUR aufgestockt. Die Kosten aus dem Eingliederungstitel Bundesmittel für BEZ und Arbeitsgelegenheiten in der Entgeltvariante konnten in der Kürze nicht ermittelt werden. Aber das Land Berlin hat in der Zeit vom August 2008 bis in dieses Frühjahr hinein sich mit einer halben Mio. EUR über die Jahre verteilt daran beteiligt. Dem Bezirk selbst sind keine Kosten entstanden.

Wir haben uns mit dem Jobcenter Friedrichshain-Kreuzberg aktiv an der Umsetzung dieses Angebots beteiligt, nach dem Jobcenter Mitte haben wir in Friedrichshain-Kreuzberg die weitaus meisten Beschäftigten gestellt.

zu Nachfrage 2:

Ich denke, da beziehen Sie sich ja auf Pressemeldungen, die Mitte dieses Monats nochmal gespiegelt wurden, dass das gestrichen wurde. Das ist in der Tat seit Anfang des Jahres. Die letzte Maßnahme lief am 16. Februar aus in der Diskussion und ist auch im Zusammenhang mit der Bestimmung der Perspektiven öffentlicher Beschäftigung ziemlich erbittert diskutiert worden, auch mit der Landesebene.

Nach meiner jetzigen Einschätzung wird dieser Begleitservice nicht wegfallen. Ich weiß, dass das Jobcenter Treptow-Köpenick, TK, Treptow-Köpenick seit November 2011 zehn Plätze über Bürgerarbeit fördert für den Begleitservice, wir mit dem Jobcenter Friedrichshain-Kreuzberg sind auch dabei, noch weitere fünf Plätze zu organisieren, das wären dann 15. Im Verlauf von drei Jahren wurden bisher 47 Menschen dort beschäftigt. Bürgerarbeit ist eine Beschäftigung, die für drei Jahre dann erst einmal gesichert ist.

Was man aus der Senatsverwaltung für Arbeit, Integration und Frauen hört ist, dass die Senatsverwaltung sich mit der Regionaldirektion Berlin-Brandenburg einig sein soll, dass über das Jobcenter Mitte weitere 100 Beschäftigungsstellen, auf der Basis eines neuen Förderinstrumentes FAV, eingerichtet werden sollen, wo ich mir dann schon wieder die Frage stelle, ob eine solche Dimension für diesen Begleitservice, den wir für ganz wichtig halten, nicht dann wieder sozusagen schon was Kampagnenhaftes hat, ob das also ausgewogen ist, Angebot und Nachfrage, statt bisher 50, das dann in der Größenordnung zu machen. Aber das wird in Kürze sozusagen die Diskussion zeigen.

Wir wissen aus der Praxis des Jobcenters Friedrichshain-Kreuzberg, dass im Hinblick auf den Einsatz Förderung von Arbeitsverhältnissen FAV die letzten Weichenstellungen auch noch gar nicht erfolgt sind, wie das dann tatsächlich passiert. Aber man kann abschließend sagen, es gibt Bemühungen, alles Mögliche zu unternehmen, dass dieser Begleitservice auch weiterhin sichergestellt ist.

Fragesteller: Jonas Schemmel

Bündnis 90/Die Grünen

Friedrichshain-Kreuzberg, den 23.05.2012