DS/1210/III
Mündliche Anfrage
Ich frage das Bezirksamt (Bezug nehmend auf die Leitprojekte 5 B und 2 D im Integrationskonzept II des Senats „Vielfalt fördern – Zusammenhalt stärken“):
1. Mit welchem Verbindlichkeitsgrad und für welche Arbeitsbereiche sind interkulturelle Kompetenzen als Kriterium für eine Einstellung im JobCenter des Bezirks festgeschrieben?
2. Wie ist der Anteil mehrsprachiger Beschäftigter mit Migrationshintergrund im JobCenter des Bezirks aktuell zu beziffern?
3. Wie wird im JobCenter des Bezirks das Operationelle Programm des Landes Berlin für den Europäischen Sozialfonds 2007 – 2013 umgesetzt, wonach „Ausländerlinnen an der Gesamtheit der Aktionen mindestens entsprechend ihrem Anteil an den Arbeitslosen, tendenziell in stärkerem Umfang zu beteiligen“ sind und „deutsche StaatsbürgerInnen mit Migrationshintergrund … zusätzlich in angemessenem Umfang an den Aktionen beteiligt sein (sollen), insgesamt in einer Größenordnung von (zunächst) ca. 30% der ausländischen TeilnehmerInnen“?
Zusatzfragen:
4. Wie werden die bestehenden Angebote des JobCenter Friedrichshain/Kreuzberg hinsichtlich ihrer Wirksamkeit für KundInnen mit Migrationshintergrund überprüft?
5. Welche Angebote zur interkulturellen Schulung der MitarbeiterInnen des JobCenter gibt es bisher und in welchem Maße wurden sie wahrgenommen?
Herr Mildner-Spindler:
Ihre Anfrage beantworte ich als Vorsitzender der Trägervertretung der ARGE unter Zuarbeit des Geschäftsführers des Jobcenters.
Zu1:
Die Einstellung von MitarbeiterInnen in den Jobcentern obliegt der Agentur für Arbeit als einstellende Behörde. Grundlage für die Auswahl ist hierbei in erster Linie das Tätigkeits- und Kompetenzprofil des Dienstpostens sowie die Beachtung der gesetzlichen Grundlagen, wie das allgemeine Gleichbehandlungsgesetz.
Die entspr. Tätigkeits- und Kompetenzprofile der Agentur für Arbeit sind bundesweit gültig und anzuwenden, also auch in Kommunen und Landkreisen mit geringerem Ausländeranteil als bei uns. Die enthalten keine ausdrückliche Nennung interkultureller Kompetenzen. Die regionalen Anforderungen können daher nur im konkreten Auswahlverfahren bestimmt und geprüft werden.
Das Jobcenter Friedrichshain-Kreuzberg ist an der Auswahl geeigneter BewerberInnen beteiligt und erkundet im Interview während des Auswahlverfahrens u.a. auch die interkulturellen Kompetenzen, die für eine adäquate Betreuung der KundInnen des Jobcenters in Friedrichshain-Kreuzberg als unabdingbar angesehen werden. Da sind wir uns sozusagen in der Geschäftspolitik unseres Jobcenters einig.
Zu 2:
Im Rahmen des Projektes zur interkulturellen Öffnung der Jobcenter , an dem sich unser Jobcenter beteiligt hat, wurden ale MitarbeitereInnen des Jobcenters, die über fremdsprachliche Kenntnisse verfügen gebeten, sich zu melden und ihre Kenntnisse im Bedarfsfall bei Verständigungsschwierigkeiten zur Verfügung zu stellen. Diese Soforthilfe kann jedoch in der Regel Dolmetscherdienste nicht ersetzen.
In einer, für alle Mitarbeiter zugänglichen Liste sind z.z. 55 Mitarbeiter mit insgesamt 19 verschiedene Sprachen, hier steht dann incl. der Gebärdensprache aufgeführt. Von diesen 55 MitarbeiterIinnen haben 19 Personen selbst einen Migrationshintergrund. Tatsächlich haben jedoch mehr MitarbeiterInnen des Jobcenters einen Migrationshintergrund. Es haben sich jedoch nicht alle mit ihren Sprachkenntnissen für eine solche Tätigkeit und Erfassung zur Verfügung gestellt. Der Migrationshintergrund bei den Mitarbeitern des Jobcenters wird personaltechnisch statistisch nicht erfasst.
Zu 3:
Das Jobcenter selbst setzt über seinen Haushalt Bundes- und nicht ESF Mittel ein und ist daher nicht unmittelbar davon berührt, sofern bei der Durchführung von Maßnahmen nach den Bestimmungen des SGB II Mitte aus dem europäischen Sozialfonds als Kofinanzierung genutzt werden, gelten hierfür selbstverständlich die Förderrichtlinien und Rahmenbestimmungen des ESF und das operationelle Programm des Landes Berlin.
Kofinanzierungsmittel aus dem ESF werden jedoch in der Regel nicht dem Jobcenter zur Verfügung gestellt, sondern vom Land Berlin über den Treuhänder, also die ,,,direkt an den durchführenden Träger ausgezahlt. Dieser ist auch gegenüber dem Land Berlin hinsichtlich der Einhaltung der Bestimmungen des ESF nachweispflichtig.
Zur 1. Nachfrage:
Als eines von 3 Berliner Jobcentern hat sich das Jobcenter Friedrichshain-Kreuzberg am Modellprojekt interkulturelle Öffnung des Jobcenters beteiligt, um eine Gesamtstrategie zur interkulturellen Öffnung zu entwickeln. Ein zahlengestütztes Controlling hinsichtlich Wirksamkeit von Ma0nahmen und Instrumenten des SGB II für KundInnen mit Migrationshintergrund ist, wie schon desöfteren dargestellt derzeit noch nicht möglich, da die von der Agentur für Arbeit genutzten IT Verfahren Bundeszentraleverfahren nach wie vor eine Erfassung der Staatsangehörigkeit, aber nicht einer Herkunft oder Migrationshintergrund ermöglichen. Dort erhoffen wir uns eigentlich von dem Programm interkulturelle Öffnung durch aus auch einen Impuls, dass die bundesweiten Verfahren dementsprechend auch angepasst werden. Derzeit ist also die Abbildung des Migrationhintergrundes weiterhin nicht möglich.
Die Gesamtstrategie des Jobcenters Friedrichshain-Kreuzberg zur Interkulturellen Öffnung sieht mittelfristig die Definition von Zielen und Indikatoren für die Vermittlung von Menschen mit Migrationshintergrund vor. Ob der dafür vorgesehene Zeitrahmen im Laufe des Jahres 2010 eingehalten werden kann, erscheint vor dem Hintergrund der derzeit ungeklärten Zukunft der Jobcenter jedoch fraglich. Wir wissen ja alle, wie bundespolitisch in der letzten Woche die Weichen gestellt wurden bzw. nicht gestellt wurden, sodass wir derzeit nur gesichert haben, dass das Bundesministerium die Bundesagentur aufgefordert hat, die Errichtungsverträge bis 2010 fortzuschreiben.
Die Perspektive des Jobcenters hin zu einem Zentrum für Arbeit und Grundsicherung, wie es der Kompromissvorschlag eigentlich war, ist derzeit offen. Das haben sie alle der Presse entnehmen können. Die derzeit von KundInnen mit Migrationshintergrund genutzten Maßnahmen mit Sprachförderung, angeboten durch das Jobcenter Friedrichshain-Kreuzberg werden im rahmen regelmäßiger Gesprächsrunden mit den durchführenden Trägern bei der Beauftragten für Migrationangelegenheiten des Jobcenters FK ausgewertet und laufend angepasst.
Zur 2. Nachfrage:
Alle MitarbeiterInnen des Jobcenters Friedrichhain-Kreuzberg nehmen am Selbstlernprogramm der Bundesagentur für Arbeit teil. Über 30% der MitarbeieterInnen aus dem Jobcenter Friedrichshain- Kreuzberg beteiligten sich darüber hinaus an den verschiedensten Maßnahme im rahmen dieses Modellprojektes zur interkulturellen Öffnung des Jobcenters. Es gibt spezielle Maßnahmen für Führungskräfte, es gibt ausgebildete IntegrationsbegleiterInnen im haus und zahlreiche weiterführende Angebote, die auch durch die Beauftragte für Migrationangelegenheiten im Jobcenter publik gemacht werden.
Zu dem beschäftigen sich MitarbeiteInnen des Jobcenters in einer ständigen Arbeitsgruppe neben ihren originären Arbeitsaufgaben dauerhaft mit dem Thema Migration. Die MitarbeiterInnen dieser AG sind somit neben der Beauftragten für Migrationangelegenheiten zentraler Ansprechpartner für diese spezielle Fragestellung in ihrem Arbeitsteam.
Friedrichshain-Kreuzberg, den 31.03.09
B’90/Die Grünen
Fragesteller: Dr. Wolfgang Lenk