Grüne-Abgeordnete erzielt vor Landesverfassungsgerichtshof erneut einen Teilerfolg. Ein Artikel aus dem Neuen Deutschland von Martin Kröger.
Es ist ein kleiner Sieg für Heidi Kosche. Die Abgeordnete der Grünen hatte bereits im Jahr 2007 auf vollständige Einsicht in die Akten des Senats zur umstrittenen Teilprivatisierung der Berliner Wasserbetriebe aus dem Jahr 1999 vor dem Berliner Landesverfassungsgerichtshof geklagt. Gestern bekam sie vor Berlins höchstem Gericht zumindest teilweise einmal mehr Recht (VerfGH 159/10).
Rückblende: Als Kosche ihre Klage 2007 einreichte, waren die Teilprivatisierungsverträge der Wasserbetriebe noch geheim, heute sind jedoch große Teile veröffentlicht. Doch eben nicht alles: Bestimmte Papiere aus den 180 Aktenordnern mit ihren 90 000 Seiten sind weiter nicht für die Abgeordneten einsehbar. Der Senator für Finanzen Ulrich Nußbaum (parteilos) hatte Kosche ein entsprechendes Einsichtsbegehren, das Abgeordneten laut Verfassung von Berlin nach Artikel 45 Absatz 2 zusteht, verweigert.
In Vorläuferverfahren hatte Kosche bereits große Siege vor dem Verfassungsgerichtshof erzielt. Gestern ging es nun um weitere Dokumente. Das Gericht befand zum einen, dass die Abgeordnete drei Berichte des Aufsichtsrates der Wasserbetriebe, die vor der Teilprivatisierung verfasst wurden, lesen darf. Die Präsidentin des Verfassungsgerichtshofes des Landes Berlin, Margret Diwell, betonte in ihrer Urteilsbegründung, dass die Senatsverwaltung nicht substanziiert dargelegt habe, „dass die Aufsichtsratsdokumente Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse enthalten“. Diese Gründe hatte der Senat zuvor für seine Weigerung aufgeführt.
Anders sieht es indes für weitere Dokumente aus, in denen der Senat 1998 Modelle für eine Teilprivatisierung der Wasserbetriebe und dazugehöriger Vorbereitungen niedergeschrieben hat. Hierbei, so befand der Verfassungsgerichtshof, handelt es sich um sogenannte „Regierungsakten“ und keine Verwaltungsakten. Regierungsakten müssen aber Abgeordneten nicht gezeigt werden. Der Hintergedanke dabei: Regierungen müssen auch mal Alternativen erörtern, ohne dass dies im Nachhinein bekannt wird.
Heidi Kosche will nun in Ruhe erörtern, ob sie weiter vor Gericht streiten will. Viel Aufmerksamkeit dürfte demnächst der einjährige Sonderausschuss des Abgeordnetenhauses zum Thema Wasser einnehmen, der sich am 6. Januar konstituieren wird. Im neuen Jahr dürfte es darüber hinaus auch mehr Klarheit über die mögliche Preissenkungsverfügung des Bundeskartellamts geben. Und langfristig steht die Rekommunalisierung der Wasserbetriebe an.