Für viele ukrainische Familien gilt es in den nächsten Wochen ein Ankommen in Berlin zu ermöglichen sowie die Betreuung und schulische Ausbildung der Kinder und Jugendlichen zu sichern. Die hierfür erforderlichen Strukturen müssen Land und Bund gemeinsam finanzieren.

Am 24.2.2022 hat Putin einen grausamen und invasiven Angriffskrieg auf die Ukraine begonnen. Ende März waren bereits 3,6 Millionen Menschen vor diesem Krieg auf der Flucht. Vor Bomben und Gewalt. 90 Prozent von ihnen sind Frauen mit Kindern oder unbegleitete Kinder und Jugendliche. Berlin hat sich zu einem Drehkreuz der Fluchtbewegung entwickelt.  Tausende Menschen sind am Hauptbahnhof oder am ZOB angekommen. Ehrenamtliche haben schnell Strukturen der Versorgung aufgebaut, die nun nach und nach der Senat unterstützt und übernimmt. Viele Ankommende bleiben vorerst in der Stadt. Sie müssen mit Wohnraum, grundlegenden Gütern des Alltags aber auch mit einer Infrastruktur versorgt werden, die Familien in ihren Bedarfen auffängt und eine zeitnahe Kinderbetreuung und Beschulung möglich macht.

 

Herausforderungen für die Landesebene

Wie kann es uns auf Landesebene gelingen, diese Bedarfe konkret zu erfassen und darauf zugeschnittene Maßnahmen zu initiieren? Und aus welchen Ressourcen können damit einhergehende Kosten gedeckt werden? Der Krieg war nicht vorhersehbar, deshalb enthält der aktuelle Haushalt Landeshaushalt keine Mittel für die Versorgung der Geflüchteten. Neben Geldern, die allgemein für ein Krisenmanagement eingeplant sind, ist Berlin auf finanzielle Mittel des Bundes angewiesen.

Für die Erstaufnahme von unbegleiteten Minderjährigen ist die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie zuständig. Alle ankommenden Kinder und Jugendliche werden durch die Erstaufnahmeeinrichtung erfasst. Diese Einrichtungen sind Tag und Nacht geöffnet und organisieren die Unterbringung. Falls das Vorclearing ergibt, dass eine bundesweite Verteilung dem Kindeswohl entgegensteht, durchlaufen die Kinder ein Aufnahmeverfahren in eigens dafür eingerichteten Jugendhilfeeinrichtungen.

 

Aufstockung der Kita- und Schulplätze

Unser Ziel ist die erfolgreiche Integration der in Berlin bleibenden Familien. Herausforderung hierbei ist die Schaffung von Kita- und Schulplätzen in einem bereits ausgelasteten System. Aber in der Not rücken Kitas und Schulen zusammen: Alle Akteur*innen sind offen für niedrigschwellige und schnelle Lösungen, um Kindern Struktur und Kontakt mit anderen Kindern zu ermöglichen und damit für Familien einen Hauch von Normalität zu schaffen. Durch unbürokratisches Ausstellen von Kitagutscheinen, die Aufnahme von ukrainischen Fachkräften in den Kitas, weitere Räume und größere Gruppen. Die unbekannte Größe dabei ist, für wie lange diese Lösungen halten müssen.

 

Integration ukrainischer Schüler*innen und Pädagog*innen

In Berlin stehen alle Beteiligten vor der Frage: Wie lange werden die Kinder und Jugendlichen bleiben und worauf soll bei ihrer weiteren Schulbildung der Schwerpunkt gelegt werden? Auf dem Lernen der deutschen Sprache, der Integration in das deutsche Schulsystem oder auf dem Weiterführen des ukrainischen Curriculums? Besondern Jugendliche, die kurz vor ihrem Schulabschluss stehen, brauchen hier schnell Klarheit. Ein guter Moment, um pragmatische Ideen in die Praxis umzusetzen: Beispielsweise in Form hybrider Unterrichtsmodelle, die im Wechsel die digitalen Unterrichtsangebote aus der Ukraine mit den Schultagen vor Ort verbinden: ukrainische Inhalte digital, deutsche Sprache und Miteinander vor Ort. Eine andere Idee sind Pop-up Schulen durch Umnutzung von Räumen und das Zusammenbringen von ukrainischen Lehrkräften und ukrainischen Schüler*innen.

Voraussetzung für diese Modelle ist die schnelle Integration von ukrainischen Pädagog*innen durch Anerkennung ihrer Abschlüsse und der zügigen Erstellung von Arbeitsverträgen. Damit könnten sie die Verbindung zu den Kindern und zwischen den Bildungssystemen sein.

Für eine nachhaltige Integration ist es wichtig, für alle Orte des Willkommens und Wohlfühlens zu schaffen – für die Kinder, die neu gekommen sind, aber auch für die Kinder, die schon immer hier waren. Es geht um Lösungen, welche die Hoffnung auf eine Rückkehr in die Heimat und einen Frieden in der Ukraine einschließen, die aber auch ein dauerhaftes Ankommen in Berlin in Betracht ziehen.

 

Marianne Burkert-Eulitz, Mitglied im Abgeordnetenhaus von Berlin

 

Dieser Artikel erschien zuerst im Stachel, der bündnisgrünen Parteizeitung in Xhain.