Initiator: B’90/Die Grünen, Annika Gerold, Tobias Wolf

Mündliche Anfrage

Wir fragen das Bezirksamt:

1. Aus welchen Gründen hatte das Jobcenter Friedrichshain-Kreuzberg die Nachfrage nach
den internen Weisungen im Jobcenter Friedrichshain-Kreuzberg durch die Plattform „Frag
den Staat“ unbeantwortet gelassen bzw. darauf bestanden, dass für die Beantwortung ein
Identitätsnachweis nebst persönlicher Vorsprache notwendig sei, obwohl das Jobcenter
nach dem IFG verpflichtet ist, diese Informationen ohne diese vorzulegen?

2. Welche Kosten sind dem Jobcenter durch das nachfolgende Verfahren entstanden?

3. Was veranlasste das Jobcenter dazu, die internen Weisungen dann doch vor Abschluss
eines Gerichtsverfahrens zu übermitteln?

Nachfragen:

1. Wie wird der der freie Zugang zu amtlichen Informationen auf Grundlage des IFG in Zukunft durch das Jobcenter ermöglicht, ohne dass es einer juristischen Auseinandersetzung bedarf?

Beantwortung: BezStR Herr Mildner-Spindler

zu Frage 1:
Darauf antwortet das Jobcenter mit einem ersten Satz, der könnte sozusagen auch die Überschriftenfrage von Herrn Just, nämlich der Gretchenfrage 2017 „Jobcenter – wie hältst du es mit der Transparenz?“ beantworten. Das Jobcenter Friedrichshain-Kreuzberg unterstreicht, dass es grundsätzlich Anträge nach dem Informationsfreiheitsgesetz im Umfang des Gesetzes entspricht. Maßgeblich hierfür sei jedoch das Vorliegen der Voraussetzungen für den begehrten Informationszugang.

Dem Informationsfreiheitsgesetz selbst sei nach Auffassung des Jobcenters Friedrichshain-
Kreuzberg keine ausdrückliche Regelung zu entnehmen, nach der ein Informationszugang voraussetzungslos zu gewähren ist. Es ist in der Rechtsprechung allgemein anerkannt, dass auch ohne ausdrückliche Kodifizierung ein Identitätsnachweis bei Antragstellung durch Behörden abverlangt werden kann.

Zur Frage der Offenlegung der Identität ist § 7 IFG keine Aussage zu entnehmen, der sozusagen das anders regelt. Nach der Gesetzesbegründung und der herrschenden Meinung hierzu müsse die Behörde die Identität des Antragstellers jedoch feststellen können. Soweit die Identität des Antragstellers erkennbar ist, forderte und fordert das Jobcenter Friedrichshain-Kreuzberg keinen gesonderten Nachweis.

Bei Anfragen über die Plattform „Frag den Staat“ unter Berücksichtigung der Art und Weise des Eingangs der Anträge über eine von dort nicht weiter verifizierte E-Mail, ohne dass sichergestellt ist, dass der die Plattform nutzende Antragsteller auch tatsächlich eine Person ist, unter der ein Antrag gestellt wird, sah sich das Jobcenter Friedrichshain-Kreuzberg zunächst veranlasst, jedweden Antrag über diese Plattform durch Verifikation der Antragsteller nachzuhalten.

Hierfür wurde entgegen der zu beantwortenden Anfrage nicht aufgefordert, persönlich vorstellig zu werden. Vielmehr wurde der Antragsteller aufgefordert, sich persönlich auszuweisen und er wurde dabei darauf hingewiesen, dass dies über eine persönliche Vorsprache erfolgen könne, nicht jedoch allein hierüber zu erfolgen habe. Von einem Identitätsnachweis in Form der Übersendung als Anlage einer E-Mail wurde dem Antragsteller aus datenschutzrechtlichen Gründen abgeraten, da eine qualifizierte Verschlüsselung im E-Mail-Verkehr mit dem Jobcenter Friedrichshain-Kreuzberg
gegenwärtig nicht möglich ist.

Auch die Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit hat zuletzt am 7. März 2017 grundsätzlich die Ansicht vertreten, dass eine Verifikation von Namen und zustellungsfähiger Postanschrift dann geboten ist, wenn mit der behördlichen Entscheidung eine belastende Rechtswirkung für den Antragsteller, wie z.B. eine teilweise Ablehnung des Informationszugangs und/oder die Festsetzung einer Gebühr zu erwarten ist oder Drittbetroffene zu beteiligen sind.

Im Ergebnis ist damit grundsätzlich die Forderung eines Identitätsnachweises, anders als in der vorliegenden Anfrage angenommen, nicht ausgeschlossen, insbesondere zulässig.

zu Frage 2:
Das hatte ich schon gegenüber dem Kollegen Just beantwortet.

zu Frage 3:
Zunächst wird durch das Jobcenter klargestellt, dass Inhalt des gegenständlichen Antrags nicht die Übermittlung einer hausinternen Anweisung war, sondern vielmehr eine Übersichtsliste der vorhandenen Anweisungen. Diese Übersicht wurde im Verlauf des vor dem Verwaltungsgericht geführten Verfahrens aus nachstehenden Gründen übermittelt.
Nachdem zunächst vom Jobcenter die o.g. Auffassung in Übereinstimmung mit der herrschenden Meinung zur Zulässigkeit der Abforderung eines Identitätsnachweises in jedem Fall vertreten wurde, schloss sich das Jobcenter aufgrund einer erst im Verlauf des durch den Antragsteller angestrengten Klageverfahrens vor dem Verwaltungsgericht eingegangenen Stellungnahme der Bundesbeauftragten im Interesse einer größtmöglichen Transparenz und eines im Informationszugang nicht zu sehr belastenden  Verwaltungsverfahren der Auffassung der Bundesbeauftragten für den Datenschutz an.

Nach Stellungnahme bleibt die Abforderung von Identitätsnachweisen grundsätzlich
zulässig, nicht jedoch dann, wenn mit der behördlichen Entscheidung keine belastenden
Rechtswirkungen für den Antragsteller, wie z.B. eine teilweise Ablehnung des Informationszugangs und/oder die Festsetzung einer Gebühr zu erwarten ist oder Drittbetroffene zu beteiligen sind.

Unter Berücksichtigung dieser Auffassung wurde durch das Jobcenter eine grob summarische Prüfung vorgenommen, in deren Ergebnis festzustellen war, dass bei einem wie die vorliegenden einfachen Auskunftsbegehren belastende Rechtswirkungen im vorstehend genannten Sinn nicht zu erwarten sind, so dass eine Verifikation des Antragstellers nicht zweckmäßig erscheint. Aus diesem Grund wurde auf ein Fortführen des Klageverfahrens vor dem Verwaltungsgericht verzichtet.

Die Anpassung der in Übereinstimmung mit der herrschenden Meinung geübten Verwaltungspraxis war dem Jobcenter erst nach Vorliegen der genannten Stellungnahme möglich. Diese erging erst nach Erlass des Widerspruchsbescheids und der durch den Antragsteller angestrebten Klage ein.

zu Nachfrage 1: Das Jobcenter wird künftig bei Eingang von Anträgen nach dem IFG prüfen, ob es sich um einen einfachen Antrag handelt, der keine belastenden Rechtsfolgen für den Antragsteller nach sich zieht oder nicht. Und in den Fällen, wo es keine nach sich zieht, wird es ohne Identitätsüberprüfung Auskünfte erteilen. In derartigen Fällen wird es auch zukünftig dann keine Identitätsnachweise abfordern. Soweit jedoch belastende Rechtswirkungen zu erwarten sind, wird es diese nach wie vor einfordern.

Erlauben Sie mir, an beide gerichtet, zum Abschluss eine Bemerkung und Einschätzung: Das Jobcenter entscheidet in eigener Verantwortung. Die Konstruktion der gemeinsamen Einrichtung durch zwei Träger hatte ich dem Kollegen Just im Nachgang zu seinen Anfragen vor einem Monat schon mitgeteilt. Wir als Träger, Kommune, Land und Bezirk, die Arbeitsagentur tauschen uns mit der Geschäftsführung über die Geschäftspolitik aus. Ich werde dort das Thema EFG noch mal thematisieren, will aber für den konkreten Fall sagen: Wir haben einen Konflikt in einem Fall gehabt.

Das Jobcenter als Verwaltung hat in einem Rechtsstreit nach Erkenntnis reagiert, sich korrigiert. Etwas Besseres kann ich von einer Verwaltung nicht erwarten.

Herr Just:
Ich habe noch eine Frage und zwei Nachfragen. Ich mache jetzt erst mal nur die eine
Frage. Wie erklärt sich denn der Stadtrat, dass wenn ich auf die Seite von „Frag den Staat.de“ gucke und angucke, wie viele Anträge da eingegangen sind, ich auf andere Zahlen komme als Sie, und zwar nicht unerheblich, und zwar 34 Anträge, die gestellt wurden, davon wurden vier beantwortet, drei am Montag jetzt, zwei wurden zurückgezogen. Damit bleiben 28, die noch nicht beantwortet sind. Das stimmt ja nun überhaupt nicht mit dem überein, was Sie mir gerade erzählt haben und was wir im letzten Monat öfter gehört haben.

zu Nachfrage 2:
Herr Just, ich habe Ihnen die Position des Geschäftsführers des Jobcenters Friedrichshain-Kreuzberg gemäß den Auskünften, zu denen er uns gegenüber verpflichtet ist, vorgetragen. Wenn Sie da einen Widerspruch sehen, müssen wir den Widerspruch aufklären. Was? … Das sollten Sie Herrn Felisiak mal selber sagen, dass er lügt. Halten Sie sich da ein bisschen zurück.

Herr Wolf:
Ja, vielen Dank erst mal zunächst für die Ankündigung, dass Sie da auch beim Jobcenter
darauf hin bitten können und werden. Meine Frage geht dann dementsprechend auch in die Richtung. Ich will jetzt keinen großen Prolog führen. Wie und wann wird ein digitales Verfahren zur standardisierten Bereitstellung von Informationen nach Informationsfreiheitsgesetz beim Jobcenter Friedrichshain-Kreuzberg implementiert? Das umfasst eben auch die Möglichkeit verschlüsselter Kommunikation.

zu Nachfrage 3:
Werter Kollege, die Frage kann ich Ihnen so nicht beantworten. Das haben Sie sicher auch gar nicht anders erwartet. Das Jobcenter Friedrichshain-Kreuzberg wird als eines der letzten in Berlin, im nächsten Jahr auf die elektronische Akte umgerüstet werden. Ob im Rahmen der elektronischen Akte diese Auskünfte dann zur Verfügung stehen, kann ich Ihnen jetzt nicht beantworten. Was wir sicher wissen von der Erfahrung mit der Arbeitsagentur und zentralen Strukturen einen Alleingang und eine Lösung auf Friedrichshain-Kreuzberg bezogen, wird es nicht geben.

Herr Just:
Keine Sorge, ich frage jetzt nicht mehr nach irgendwelchen Zahlen, nicht dass der Herr
Nöll irgendwie noch einen Anfall kriegt, aber weil wir beim Thema Verschlüsselung sind: Wie bewertet denn das Bezirksamt, dass es nicht möglich ist, datenschutzrelevante Informationen mit dem Jobcenter, dass man die nicht austauschen kann, weil noch nicht verschlüsselt und man mit dem Jobcenter kommunizieren kann?

zu Nachfrage 4:
Weil Herr Just mit seinen Firmen dort noch keinen Auftrag abgegriffen hat. Okay. Ich habe das gerade sachlich im Hinblick auf eine elektronische Aktenführung und auf ein modernes System beantwortet. Die Agentur stellt bundesweit um. Berlin gehört zu den letzten. Unter Bezirk gehört innerhalb Berlins wiederum zu den letzten Bezirken, die anders als  Bezirksverwaltungen des Landes Berlin im nächsten Jahr über elektronische Akten verfügen werden und dann ist dieses Problem sicher auch behoben.

Herr Nöll:
Der Herr Nöll kriegt einen Anfall, weil eine Auskunft fehlt mir jetzt, die wir vorhin schon
mal im Rahmen unserer Fraktionssitzung bekommen haben. Ist denn das Bezirksamt, sind Sie, Herr Stadtrat, direkt weisungsbefugt gegenüber dem Jobcenter zum Umgang mit dem Informationsfreiheitsgesetz? Danke.

zu Nachfrage 5:
Lieber Olli Nöll, die Frage habe ich beantwortet, indem ich Herrn Just darauf hingewiesen habe, dass ich ihm sozusagen die Strukturorganisation „Gemeinsame Einheit“ schon zugeleitet habe. Im Rahmen dieser gemeinsamen Einrichtung verantworten Bund und Land ihre Aufgaben alleine und haben kein Weisungsreicht in den Aufgaben jeweils des anderen, sondern sie tauschen sich zur Geschäftspolitik dazu aus.

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