Initiator*in: B’90/Die Grünen, Julian Schwarze
Antrag
Die Bezirksverordnetenversammlung möge beschließen:
Das Bezirksamt wird beauftragt, einen auf Friedrichshain-Kreuzberg abgestimmten Maßnahmenplan aufzustellen, der eine zügige Umsetzung der im vom Senat beschlossenen neuen Berliner Tourismuskonzept enthaltenen Maßnahmen beinhaltet, die sich auf die Bereiche Kiez- bzw. Stadtverträglichkeit sowie den öffentlichen Raum beziehen. Im Mittelpunkt soll die Vereinbarkeit von Tourismus mit bestehenden Kiez- und Gewerbestrukturen sowie mit den Bedürfnissen der Bewohner*innen stehen. Im Rahmen der bezirklichen Handlungsmöglichkeiten sollen darüber hinaus Maßnahmen verstärkt werden, die sich den entstandenen Nutzungskonflikten zwischen den verschiedenen Nutzer*innengruppen im Bezirk im Zuge gestiegener Besucher*innenzahlen widmen.
Ebenfalls ist zu berücksichtigen, wie die öffentliche Infrastruktur anzupassen ist, um Folgeprobleme zu entschärfen. Ebenso soll geprüft werden, für welche Gebiete verstärkt planerische Instrumente zum Einsatz zu bringen sind, um gewerblichen und beherbergungsbetrieblichen Monostrukturen zu begegnen. Im Sinne des neuen Berliner Tourismuskonzepts ist eine Ressortübergreifende Zusammenarbeit im Bereich des Tourismus durch das Bezirksamt fortzusetzen.
Begründung:
Wenn es in den letzten Jahrzehnten in Berlin um Tourismus ging, dann stand meist nur der nächste Besucherrekord im Mittelpunkt. Innerhalb von zehn Jahren haben sich die Zahlen verdoppelt, auf mittlerweile rund 12 Millionen Gäste und über 31 Millionen Übernachtungen im Jahr. Mittlerweile zählt Friedrichshain-Kreuzberg neben Mitte und Charlottenburg-Wilmersdorf zu den drei Bezirken, in denen die meisten Berlin-Besucher übernachten – rund 4 Millionen.
Diese drei Bezirke haben mit 14-35 Übernachtungen pro Einwohner*in längst die touristische Intensität deutscher Top-Ferienorte an der Nord- und Ostsee erreicht. Hinzu kommen noch einmal mehr als 33 Millionen Übernachtungen in der ganzen Stadt von Menschen, die bei Verwandten- und Bekannten in Berlin privat unterkommen.
Der Tourismus ist zu einem wichtigen Wirtschaftsbereich geworden. Gleichzeitig hat er sich aber längst auch zu einem raumprägenden und stadtentwicklungspolitischen Faktor entwickelt. Begünstigt wird diese Entwicklung dadurch, dass der Städtetourismus sein Profil entscheidend geändert hat. Wie Studien zeigen werden städtische Räume und Ressourcen von Tourist*innen und Bewohner*innen zunehmend ähnlich genutzt. Die Grenzen zwischen touristischer und nichttouristischer Aktivität verschwimmen immer mehr. Städtetourist*innen wollen in das Alltagsleben eintauchen, es wird das Authentische gesucht und somit rücken die Kieze in den Fokus.
Aber auch die innerstädtischen Besucherströme haben sich verändert, Friedrichshain-Kreuzberg zieht immer mehr Menschen aus der ganzen Stadt an – insbesondere im Bereich der sog. Nachtökonomie. Immer stärker sind die Folgen sichtbar. Neben Verträglichkeitsproblemen aufgrund von Lärm und Müll verändern sich immer schneller auch die gewachsenen lokalen Strukturen. Immer öfter ist eine Ausrichtung an den Bedürfnissen der Besucher*innen zu beobachten, was zu Lasten der Anwohner*innen geht.
Das vom Senat beschlossene neue Tourismuskonzept für Berlin leitet einen Perspektivwechsel ein. Die Tourismuspolitik soll endlich am Ziel eines stadtverträglichen und nachhaltigen Tourismus ausgerichtet werden. Hierfür werden verschiedene Ansätze, Handlungsfelder, Aufgaben und Maßnahmen skizziert. Jedes Konzept ist aber nur so gut, wie seine Umsetzung. Daher ist es wichtig, die vorgeschlagenen Maßnahmen verbunden mit weiteren geeigneten Schritten auf Bezirksebene in die Umsetzung zu bringen, bestehenden Handlungsmöglichkeiten zu nutzen und vorhandene Aktivitäten auszubauen und zu verstärken.
Friedrichshain-Kreuzberg, den 19.06.2018
Bündnis 90/Die Grünen
Antragsteller: Julian Schwarze