Mündliche Anfrage in der BVV vom 28. August 2023

Initiator*in: Olja Koterewa

Ich frage das Bezirksamt:

Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg
Schule, Sport und Facility Management

Ihre Anfrage beantworte ich wie folgt:

1. Bezogen auf die Zeitungsberichte vom 22.8. zu gerichtlich beanstandeten Losverfahren an Schulen in unserem Bezirk: teilt das Bezirksamt grundsätzlich die Einschätzung, dass das Los-Kontingent an Schulen gerade dazu dient, dass auch leistungsschwächeren Schüler*innen garantiert zumindest eine faire Chance auf einen Schulplatz an der gewünschten Oberschule eingeräumt werden soll?

So ist es und so bestimmen es die rechtlichen Grundlagen für die Auswahlverfahren an den weiterführenden Schulen. Die entsprechenden Bestimmungen zu den Auswahlverfahren sind von den Schulträgern in Berlin daher 1:1 umzusetzen. An stark übernachgefragten weiterführenden Schulen finden sich allerdings auch im Lostopf häufig noch viele Nummern, die den Namen von sehr leistungsstarken Bewerber:innen zugeordnet sind.

2. Wie erklärt sich das Bezirksamt, dass das Gericht in mehreren Fällen die Durchführung des Losverfahrens für Schulplätze an Oberschulen im Bezirk beanstandet hat, obwohl das Verfahren unter maßgeblicher Beteiligung des und Überwachung durch das Schulamt stattfand?

Es handelt sich bei den vom Gericht beanstandeten Losverfahren um verschiedene Verfahren. Während bei der Ellen-Key-Oberschule und beim Andreas-Gymnasium 60 % der zur Verfügung stehenden Plätze über das Kriterienkontingent vergeben wurden und nur 30 % der Plätze über das Losverfahren, wurden an der Emanuel-Lasker-Schule aufgrund der Schulform GemS und da keine Kriterien durch die Schul-konferenz festgelegt wurden, keine Schulplätze über das Kriterienkontingent vergeben.
Verteilung der Schulplätze im Aufnahmeverfahren in Verantwortung des Schulträgers:
Ellen-Key-Schule:
10% Härtefälle und Geschwisterkinder
60% Kriterienkontingent
30% Losverfahren
Andreas-Gymnasium:
10% Härtefälle und Geschwisterkinder
60% Kriterienkontingent
30% Losverfahren
Emanuel-Lasker-Schule:
SuS der eigenen Grundstufe, die nicht die Schule wechseln wollen (Rechtsanspruch)
10 % Härtefälle und Geschwisterkinder

Alle übrigen SuS im Losverfahren
Die Lose werden von den Mitarbeiter*innen des Schul- und Sportamtes vorbereitet und zum Auswahl-verfahren mitgenommen. Auf den Losen befinden sich zur Anonymisierung Zahlen, die den SuS zugeordnet sind. Die Lose werden gemischt und aus einem geeigneten Gefäß (große, blickdichte Schüssel) einzeln gezogen, anschließend in der Rangfolge der Ziehung auf ein Blatt geklebt und zum Verwaltungsvorgang genommen. Es werden alle Lose gezogen, um die Nachrücker:innenliste vollständig zu bilden und sicherzustellen, dass keine Zahl zweimal im Lostopf war. Am Ende der Ziehung ist dann je-der Zahl ein Name zugeordnet und die Reihenfolge vollständig. Das Losprotokoll wird im Anschluss von allen Verfahrensbeteiligten unterschrieben.
An bereits genannten drei Schulen rügt das Verwaltungsgericht, dass das Losverfahren mit den jeweiligen mathematisch nicht wahrscheinlichen Ergebnissen nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden sei und es beanstandet jeweils die Dokumentation der Losverfahren.
Der Ablauf und die Dokumentation der Losverfahren erfolgte in diesem und den letzten Jahren immer auf die gleiche Weise und wurde noch auch in den Gerichtsverfahren bisher nie beanstandet. Auch in weiteren Gerichtsverfahren (zu hier nicht aufgeführten Schulen) wurde in diesem Jahr das gleiche Ver-fahren und die gleiche Dokumentationsweise nicht beanstandet.

3. Welche Konsequenzen wird die Beanstandung des Losverfahrens und der damit verbundene Vertrauensverlust in die stets korrekte Arbeit der Schulbehörde an den betroffenen Schulen aber auch für das Losverfahren an allen Oberschulen im Bezirk haben?

Derzeit prüfen wir intern sehr kleinteilig alle Schritte in der Vorbereitung, Durchführung und Dokumentation der Losverfahren nach möglichen Fehlerquellen. Zudem steht die Sen BJF im Austausch mit den Schulträgern und den Schulaufsichten, um die ohnehin bereits sehr ähnliche Durchführungspraxis der Losverfahren in den Bezirken noch stärker zu standardisieren. Insbesondere an der Emanuel-Lasker-Schule war in diesem Jahr die mathematische Eintrittswahrscheinlichkeit des Ergebnisses des Losverfahrens äußerst gering. Ansonsten ist es insbesondere bei den besonders nachgefragten Gymnasien und Sekundarschulen so, dass es sich überwiegend um Bewerber*innen mit guten oder sehr guten No-ten handelt. Familien, deren Kinder über keine sehr guten Grundschulempfehlungen verfügen, vermei-den häufig die Erstwunschanmeldung an einer stark übernachgefragten Schule. Daher ist es aus der Sicht des BA nachvollziehbar, dass auch im Losverfahren noch viele Plätze an Bewerber*innen mit sehr guten und guten Noten vergeben werden. Auch mit den Schulleitungen sind sowohl das Schul- und Sportamt als auch die Schulaufsicht in einem intensiven Austausch und die Prozesse werden noch ein-mal einer gründlichen Prüfung unterzogen. Weder die Vertreter*innen der Schulen noch des Schul- und Sportamtes haben ein Interesse daran, dass das Vertrauen in die Arbeit der öffentlichen Verwaltung an einem so sensiblen Punkt wie der Schulplatzvergabe Schaden nimmt. Die Vorbereitung, Durchführung (Ziehung) und Dokumentation des Losverfahrens muss über jeden Zweifel erhaben sein, auch unabhän-gig von möglichen Widerspruchs- und Gerichtsverfahren.
Die Verfahren sind in den letzten Jahren gerichtlich nicht beanstandet worden und wurden stets ordnungsgemäß durchgeführt. Diese Einschätzung gilt zunächst aus Sicht des Bezirksamtes auch in diesem Jahr. Dennoch ist die beschriebene intensive Nachprüfung erforderlich, weil zumindest das Ergebnisse des Losverfahrens an einer der Schulen äußerst unwahrscheinlich war, so dass die Vermutung von Verfahrensmängeln naheliegend ist. Das Bezirksamt begrüßt zudem die von Seiten der Sen BJF angestrebte Vereinheitlichung der Losverfahren in den Bezirken und deren rechtliche Verankerung. Wir wer-den auch an diesem Prozess aktiv mitwirken. Zudem werden wir bei künftigen Losverfahren dafür sorgen, dass interessierte Personen, z.B. Vertreter*innen der Schulkonferenzen, zu den Terminen der Los-verfahren eingeladen bzw. aktiv zur Teilnahme in beobachtender Rolle aufgefordert werden. Ich selbst werde die Aufnahmeverfahren an den o. g. drei Schulen im kommenden Jahr persönlich begleiten und an den Terminen der Losverfahren auch selbst als Beobachter teilnehmen.

Mit freundlichen Grüßen

Andy Hehmke
Bezirksstadtrat

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