Genossenschaften müssen unsere zentralen PartnerInnen werden, um langfristig bezahlbaren Wohnraum zu erhalten und zu schaffen. Rot-Rot-Grün muss mehr Unterstützung leisten.

Es gibt über 100 Genossenschaften in Berlin mit über 194.000 Wohnungen, das ist ein Anteil von 12 Prozent des gesamtes Mietwohnungsmarktes. Das ist aber kein Selbstläufer, wie man anhand der Tatsache, dass der entstehende Neubau größtenteils aus teuren Eigentumswohnungen besteht, sieht.

Bei einer Anhörung des Stadtentwicklungsausschusses im Berliner Abgeordnetenhaus Ende Juni wurde deutlich, dass Rot-Rot-Grün noch mehr tun muss, damit der Anteil genossenschaftlichen Wohnens am Berliner Wohnungsmarkt nicht sinkt. Ich finde, unser Anspruch muss sogar sein, dass der Anteil genossenschaftlichen Wohnraum bis zum Ende der Legislaturperiode steigt, so wie es wir Grünen in Friedrichshain-Kreuzberg bereits anstreben.

Förderung kommt endlich

Denn Genossenschaften sind ein Garant für niedrige Mieten und gegen Spekulation: So liegt deren durchschnittliche Miete bei unter 5,30 Euro/QM nettokalt – das ist niedriger als bei den  landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften. Aber Genossenschaft ist nicht gleich Genossenschaft: Das Studentendorf Schlachtensee braucht andere Unterstützung und Rahmenbedingungen als die Berolina, weil die jungen Genossenschaften oft eben nicht über ausreichend Eigenkapital verfügen. Was aber alle dringend brauchen sind Grundstücke.

Zu deren Förderung haben wir im Landeshaushalt 20 Millionen Euro für 2018 und 2019 beschlossen – zugegebenermaßen nicht genug – und der Senat hat daraus endlich ein Programm gestrickt, das der Hauptausschuss bald beschließen wird. Dabei ist uns besonders wichtig, dass Genossenschaften, die noch nicht ausreichend Eigenkapital haben, unterstützt werden und dass wir eine Öffnung der Genossenschaften hinbekommen, so dass auch mehr Einkommensschwache sich eine Mitgliedschaft bzw. Genossenschaftsanteile leisten können. Zentral ist auch, dass wir beim kommunalen Vorkaufsrecht neu zu gründende Hausgenossenschaften dann finanziell unterstützen können.

Grundstücke sind zentral

Jedoch ist das Thema Grundstücke zentral bei der Frage, ob wir Berlin zur Hauptstadt des genossenschaftlichen Wohnens in Deutschland machen können. Natürlich ist es richtig, dass die landeseigenen Wohnungsunternehmen dabei bisher bevorzugt wurden, denn auf die kommunalen haben wir direkten politischen Einfluss. Aber wir müssen jetzt klotzen und nicht kleckern und sollten die Genossenschaften dementsprechend unterstützen bei der Grundstücksvergabe. Gerade mal drei Grundstücke sind derzeit in der Ausschreibung zur Konzeptvergabe für Genossenschaften vorgesehen. Das müssen und werden aber mehr werden. Gerade bei den neuen Stadtquartieren, die wir entwickeln, werden sie auch teils schon mit einbezogen, das ist allerdings noch ausbaufähig. So wollen wir Grüne eine Mindestquote von 30 Prozent auf solchen Flächen erreichen.

Und vor allem müssen die finanziellen Konditionen stimmen bei der Grundstücksvergabe. Und dass wir dabei das Rad nicht neu erfinden müssen, zeigen die Städte München und Potsdam. Dort gibt es Vergaben in Erbbaupacht und zwar wirklich vergünstigt – klar unterhalb des Verkehrswerts bzw. zu einem wirklich niedrigen Pachtzins – und dafür bekommen die Städte dann mindestens 40, 60 oder 99 Jahre lang – Genossenschaften brauchen langfristige Planungen – günstigen Wohnraum, der den Bedürfnissen der BerlinerInnen entspricht. Das ist eine zentrale Lösung bei der Wohnungsfrage. Leider zeigen sich unsere beiden Koalitionspartner dabei sehr zurückhaltend, so dass noch einiges an Überzeugungsarbeit geleistet werden muss. Das hat auch die Anhörung im Abgeordnetenhaus klar ergeben.

Für den Wiener Weg

Dabei sind Genossenschaften keine Nische, sie sind zentrale PartnerInnen bei der Schaffung von mehr niedrigpreisigem Wohnraum und sollten daher vom Senat auch dementsprechend behandelt werden. Die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften und die Genossenschaften haben gemeinsam einen Anteil von 30 Prozent des Mietwohnungsmarktes – Wien oder Zürich haben dagegen mit 50 und 60 Prozent einen viel höheren Anteil an öffentlichen und genossenschaftlichen Wohnungen. Und deshalb sollten auch diese beiden Städte bei der Förderung von Genossenschaften bzw. deren Konditionen unsere Vorbilder sein: schnelle und transparente Verfahren bei der Grundstücksvergabe, günstige bzw. unterhalb des Marktpreises festgelegte Konditionen sowie ein Fördersystem, das dauerhaft sozialen Wohnraum fördert und nicht nach 30 Jahren bereits endet.

Katrin Schmidberger, MdA und wohnungspolitische Sprecherin für den Stachel August 2018