DS/1715/III

Mündliche Anfrage

Ihre Anfrage beantworte ich wie folgt:

1. Besteht aus Sicht des Bezirksamts die Möglichkeit anlässlich der Filmaufnahmen für „Google Street View“ dem Internet-Konzern Google Sondernutzungsgebühren in Rechnung zu stellen?

Nach den derzeit vorliegenden Erkenntnissen aus Rechtsprechung, Expertenkommentaren und Praxis ist nicht davon auszugehen, dass es sich bei der Befahrung von Straßen durch Google für Zwecke des Programms Google Street View um eine erlaubnispflichtige Straßenlandsondernutzung handelt.

Vielmehr dürfte sich die Nutzung im Bereich des sogenannten gesteigerten Gemeingebrauchs bewegen. Die Aufnahmen werden aus Fahrzeugen durchgeführt, die sich mit einer Geschwindigkeit zwischen 30 und 50 km/h fortbewegen. Diese Geschwindigkeit ermöglicht eine angepasste Fahrweise, die insbesondere Behinderungen des Straßenverkehrs ausschließt. Es werden nicht bestimmte, ggf. abzusperrende Verkehrsflächen in Anspruch genommen, so dass weder der ruhende noch der fließende Verkehr in bemerkenswerter Art und Weise beeinträchtigt wird.

Die Fachkommission großstädtischer Straßenverkehrsbehörden des Deutschen Städtetages hat sich mit dieser Frage beschäftigt und kommt zu dem Schluss, dass weder statische noch dynamische Beeinträchtigungen des Widmungszwecks der Straßen gegeben seien und sich mithin kein Ansatz für eine unerlaubte bzw. erlaubnispflichtige Sondernutzung bietet.

Kommentatoren verweisen im Übrigen auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts Karlsruhe aus dem Jahr 1999 betreffend die vergleichbare Aktion eines Telefonbuchverlages. Diesbezüglich ist entschieden worden, dass das Befahren einer Straße mit einem Kleintransporter, um mit einer Präzisionskamera Abbildungen vom Straßenverlauf und Gebäudeansichten aufzunehmen, keine erlaubnispflichtige Sondernutzung darstellt. Es handelt sich um einen Beschluss vom 1.12.1999, Aktenzeichen 2 K 2911/99. Darüber hinaus liegt Rechtsprechung zu Werbefahrten von Kraftfahrzeugen vor.

Insoweit ist anerkannt, dass der Einsatz von Werbefahrzeugen dem Straßenverkehr und nicht dem Straßenund Wegerecht zuzuordnen ist. Ein Verkehrsvorgang, der im Rahmen der Straßenverkehrsvorschriften erfolgt, bewegt sich gleichzeitig innerhalb des straßen- und wegerechtlichen Gemeingebrauchs. In straßenverkehrsrechtlich relevanter Weise könnte die Befahrung nur problematisch sein, wenn etwa ein allzu langsames Fahren negative Auswirkungen auf den Verkehrsfluss haben könnte. Davon ist hier, wie eingangs ausgeführt, nicht auszugehen.

2. Falls ja: wann und welcher Form soll dies geschehen?

entfällt

3. Falls nein: warum, und weshalb kommt das Bezirksamt zu einem anderen Ergebnis als beispielsweise Kommunen in Nordrhein-Westfalen?

Aus Nordrhein-Westfalen ist hier nur ein Versuch der Stadt Ratingen bekannt, in diesem Fall eine erlaubnispflichtige Sondernutzung anzunehmen und entsprechende Gebührenforderungen durchzusetzen. Über einen rechtskräftigen, erfolgreichen Abschluss des Verfahrens liegen jedoch noch keine Erkenntnisse vor.

Sollte die Stadt erfolgreich sein, wird das Wirtschafts- und Ordnungsamt eine erneute Prüfung der Anspruchsgrundlage einleiten.

Dr. Peter Beckers

Fragesteller: Daniel Wesener

Friedrichshain-Kreuzberg, den 29.03.10

Bündnis `90/Die Grünen