DS/2346/III

Mündliche Anfrage

Ich frage das Bezirksamt:

1. Liegen dem Bezirksamt Beschwerden von Mieterinnen und Mietern der früher landeseigenen GSW über Mieterhöhungen vor?

2. Wie viele landeseigene Wohnungen, die im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg liegen, wurden in den vergangenen zwei Legislaturperioden an private Investoren verkauft?

3. Können sich die Mieterinnen und Mieter der GSW-Wohnungen gegenüber den neuen Eigentümern auf die Mieterschutzklauseln aus den Einbringungsverträgen berufen, die das Bezirksamt seinerzeit geschlossen hatte?

Nachfragen:

1. Wurden in den vergangen beiden Legislaturperioden neben Wohnungsbeständen noch weitere Immobilien im Bezirk privatisiert?

2. Ist dem Bezirksamt bekannt, ob auch die landeseigenen Wohnungsunternehmen, die Wohnungsbestände im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg haben, Mieterhöhungen planen?

Beantwortung: Herr Dr. Schulz

Zu Frage 1:

Es liegen Beschwerden und zwar zum Teil sehr deutliche Beschwerden von Mieterinnen und Mietern zu drei Liegenschaften bei uns vor.

Das ist einmal die Baerwaldstraße 3, die Wilhelmstraße 7 und die Schlesische Straße 25. Wobei der Hintergrund ist, dass die GSW gleich, als der neue Mietspiegel veröffentlicht wurde, ja verkündet hat, dass aus ihrer Sicht 15.000 Wohnungen aus ihrem Bestand ein Mieterhöhungspotenzial von rd. 6,8% haben. Nach ihren eigenen Angaben hat sich zwischenzeitlich 10.000 Mieterhöhungsankündigungen verschickt und nach dieser Aktion soll auch nach Auskunft der GSW die GSW-Aktie um 4,3% gestiegen sein.

Zu Frage 2:

In der kurzen Zeit konnte ich das leider nicht runterbrechen auf den Bezirk, weil wir ja auch noch GeWoBag und BeWoGe hier mitzubetrachten hätten, aber vielleicht so auf ganz Berlin bezogen und nur auf die GSW beschränkt, als die GSW 2004 von Rot-Rot an eine Finanzvollstrecke verkauft wurde, hatte sie damals 70.000 Wohnungseinheiten. In der Zwischenzeit hat sie rd.

50.000, also zwischenzeitlich sind 20.000 Wohneinheiten verkauft worden.

Zu Frage 3:

Das ist eine etwas schwierig zu beantwortende Frage. Wie weit jetzt diese Mieterschutzklausel noch gelten, wir haben ja die Situation, dass wir nach dem Abgeordnetenhausbeschluss von 1988, dass die Bezirke ihre Wohnhäuser an die Städtischen Wohnungsgesellschaften abzugeben haben. Das betraf bei uns die GeWoBag, die BeWoGe und die GSW, sogenannte Einbringungsverträge gemacht. In ein Drittel Verträge gab es in der Tat einen sehr umfassenden Mieterschutz und Mieterschutzrechte, diente sogenannten Eignungsverträge zwischen dem damaligen Bezirksamt Kreuzberg und diesen drei städtischen Wohnungsgesellschaften abgeschlossen wurden.

Ende der 90iger Jahre sind dann Verhandlungen zwischen dem Senat und diesen drei städtischen Wohnungsgesellschaften gelaufen mit dem Ziel, die Rückauflassungsvormerkung, mit dem sich das Land Berlin beinahe uneingeschränkt im Rahmen der Einbringungsverträge, die das Rückholen dieser Wohnhäuser wieder direkt in das Land Berlin gesichert hatte, die abzulösen.

Man hat sich am Ende dann auf im Regelfall 75% des Verkehrswertes der Grundstücke geeinigt und damit sozusagen diese Rückauflassungsvormerkung komplett gelöscht für alle drei städtischen Wohnungsgesellschaften, damit auch für die GSW.

Das hieß insbesondere, das ist auch die Auskunft des Finanzstaatssekretärs, Herr Suntermann, ganz aktuell, weil ich ihn da noch mal angefragt habe wegen den Mieterbeschwerden. Das heißt insbesondere auch nach seiner Auskunft, dass die übertragenen Wohnhäuser auf diese drei städtischen Wohnungsgesellschaften bzw. bei der GSW ehemaligen städtischen Wohnungsgesellschaften auch verkauft werden könnten, ohne Zustimmung des Landes Berlin. Ohne Zustimmung des Landes Berlin. So, das war Ende der 90iger Jahre.

Dann ist ja die GSW 2004 verkauft worden und das, was dem Abgeordnetenhaus übergeben wurde, lässt doch deutlich werden, dass noch viele von den im Land Berlin erstrittenen und auch festgehaltenen Mieterrechte, also beispielsweise Modernisierung entlang im Standard der geförderten Wohnungen und ähnliches, dort in dem Kaufvertrag verankert werden sollten. Ich kann das selbst im Kaufvertrag nicht, aber das sozusagen sehr detailliert dem Abgeordnetenhaus als Senatsvorlage vorgelegt worden ist. Damit haben auch verankert dabei das 8-Punkte-Programm Berlins.

Viele von Ihnen kennen das, weil als die BeWoGe und GeWoBag anfingen zu verkaufen, wir da auch im politischen Alltag sehr viel damit zu tun hatten. Bei der GSW haben wir allerdings den Sonderfall. Die GSW ist mit dem Verkauf keine städtische Wohnungsgesellschaft mehr, sondern das ist eine rein private und das Land Berlin hat ja jetzt unter Rot-Rot auch im Frühjahr 2011 entschieden, die auch an die Börse zu bringen. Das ist ja eine ganz aktuelle Entscheidung. Ob sozusagen die GSW als privates Unternehmen, wenn es dann an weiteren Verkäufe die Grundstücke weitergibt verpflichtet ist, auch die doch sozusagen vom Grund her vorhandenen Mieterschutzrechte aus dem Kaufvertrag von 2004 weiterzuleiten, das kann ich Ihnen im Moment nicht beantworten. Dazu müsste ich natürlich den Kaufvertrag kennen, ob dort auch für Rechtsnachfolger, also für die Käufer von Liegenschaften, die das übernehmen, dann auch diese Mieterschutzrechte zu gelten haben.

Das ist etwa der vermittelte Hintergrund. Soweit kann ich im Moment jetzt nicht sagen, ob das Land Berlin bei dem Verkauf der GSW auch darauf geachtet hat, dass es für den Fall der weiteren Verkäufe an neue Käufer da die Mieter abgesichert worden sind. Aber ich kann Ihnen versichern, wir sind da an vielen Stellen am Nachfragen und wir wollen das nicht nur, sondern wir werden das auch klären im Interesse der betroffenen Mieterinnen und Mieter.

So, dann gibt es, das schiebe ich vielleicht nur mal hier ein, weil auch die Frau Vorsteherin das auch angesprochen hat, zwei Fragen, die von betroffenen Mietern der Baerwaldstraße 3 formuliert worden sind. Ich lese die zwei Fragen kurz vor:

Welche Möglichkeiten hat das Bezirksamt, uns vor skrupellosen Verwertungsabsichten der neuen Eigentümer des Hauses Baerwaldstraße 3, das ehemals kommunales Eigentum war, zu schützen und Instandhaltung statt Modernisierung sowie keine Umwandlung in Eigentumswohnung zuzulassen bzw. den Weiterverkauf zu stoppen?

Also wir haben dort keine Möglichkeiten, Modernisierung zu verhindern. Wenn die Modernisierung der Herbeiführung eines zeitgemäßen Ausstattungsstandard entspricht. Wir haben dort Milieuschutzgebiet und wir müssen aufgrund der letzten Rechtsprechung der letzten Jahre das zulassen.

Das würde bedeuten auflagenfreie Genehmigung für die Herbeiführung von zeitgemäßen Ausstattungsstandard. Alles, was darüber hinausgeht und das betrifft dann schon Sondermerkmale des Mietpreisspiegels, würden wir mit dem Kriterienkatalog, den wir verschärft haben, der Milieuschutzverordnung unterbinden. Erst recht Luxussanierung. Das muss man vielleicht an dieser Stelle noch mal ganz deutlich sagen.

Was wir auch verhindern können und das will ich für die Baerwaldstraße 3 besonders erwähnen, weil vor diesem Käufer schon andere Käufer waren, der den Seitenflügel abreißen wollte. Und dieses Abreißen wäre nach der Bauordnung Berlin, die zuständige Bausenatorin hat ja das Baubeschleunigungsgesetz zugelassen, ja, man muss das aber doch noch mal sagen, es ist nicht mehr genehmigungspflichtig der Abriss, sondern nur noch anzeigepflichtig. Das heißt, der Eigentümer wäre glatt durchmarschiert.

Wir hätten auch nicht mehr mit dem Zweckentfremdungsrecht dort einschreiten können, denn der Senat ist ja der Ansicht, dass wir einen völlig entspannten Wohnungsmarkt haben und solange sie einen völlig entspannten Wohnungsmarkt haben, können sie auch kein Zweckentfremdungsrecht einführen. Das heißt, auch darüber hätten wir das nicht verhindern können und aus dem Grunde war es unglaublich wichtig in dem Fall, dass wir dort ein Milieuschutzgebiet hatten. Es war das einzige Instrument, um dem Eigentümer zu sagen nein, wir werden einen Abriss der dortigen bewohnten Wohnungen nicht zustimmen und daraufhin hat der den Vertrag rückabgewickelt.

Dann ist der Zweite gekommen. In der Frage wird auch angesprochen, wie können wir verhindern die Umwandlung von Mietwohnung in Eigentumswohnung?

Ja, da gibt es eine rechtliche Voraussetzung. Das Milieuschutzgebiet. Das haben wir dort. Und dazu müsste der Senat eine zusätzliche Satzung erlassen, die den § 172 BauGB zulässt und die Grünen haben vor der Sommerpause diesen Antrag im Abgeordnetenhaus gestellt und der ist von Rot-Rot abgelehnt worden. Den werden wir wieder einbringen. Nur im Moment könnten wir, auch in Milieuschutzgebiete, die Umwandlung von Mietwohnungen in Eigentumswohnungen nicht verhindern.

Das ist die Situation. Der wird wiederkommen, weil ich glaube, der extrem wichtig ist, um spekulativen Geschäftsmodellen dort das Geschäft zu legen.

So, dann gibt es noch eine zweite Frage:

Wie wird sich das Bezirksamt für die Offenlegung der Verkaufsrechte der GSW einsetzen, um die ursprünglich zugesicherten Mieterschutzrechte zu garantieren bzw. ggf. Vertragsbrücke der GSW nachzuweisen und zu einer Rückübertragung des Hauses erreichen zu können?

Also ich glaube, dass das nicht mehr möglich sein wird, wenn nach meiner Einschätzung die GSW als börsennotiertes Unternehmen wieder in kommunalen Besitz zurückzubringen. Das hat man vermasselt. Aber was ich schon zugesagt habe ist, dass wir verfolgen werden, ob es tatsächlich zu einem Abstreifen, zum Weggeben der Mieterschutzrechte gekommen ist, alsdann die GSW ihren Kaufvertrag mit dem Land Berlin gemacht hat und zu der Finanzvollstrecke Cerberus ging und dabei untersucht werden muss, ob damit sozusagen zugestanden wurde, dass, wenn die weiterkaufen, sie sozusagen, wie heißt es bei Ihnen auf dem Plakat? Wild West dann gearbeitet werden kann.

Zu Nachfrage 1:

Ja, aber nicht nur im Bezirk, das betrifft ja insbesondere die gewerblichen Flächen. Wir müssen ja eigentlich auch viel stärker als bislang über die Gewerbemietensteigerung im Bezirk und in der Innenstadt reden. Und da gibt es natürlich ein ganz mächtiges Instrument, kommunale Wirtschaftsförderung für kleine und mittlere Unternehmen und das war die Gewerbesiedlungsgesellschaft.

Das war GSG, die zu bezahlbaren Mieten, Gewerbemieten Flächen, sanierte Flächen dort angeboten hat. Aber die haben sie auch verkauft. Das muss man sagen und damit ist das Instrument auch weg und damit im Grunde kein wirklicher Schutz und Förderung von Gewerbemieten.

Mieter, die in Not geraten, weil wir kein Gewerbemietrecht haben wie im Wohnungsmietrecht. Zu Nachfrage 2: Erst mal insgesamt hat der BWU ja gesagt, dass auf der Basis des neuen Mietspiegels etwa 17.000 Wohnungen Mieterhöhungen bekommen aus dem Bestand der städtischen Wohnungsgesellschaft und dass die GeWoBag für etwa 6.000 Wohneinheiten ab 01.10. Mieterhöhungen verlangen wird und zwar durchschnittlich 13,70 EUR oder 13,74 EUR pro Monat.

Das ist vielleicht für viele von Ihnen nicht zu viel, für Leute, die Transferleistung beziehen, die sowieso schon an der Oberkante Richtwerte AV wohnen sich befinden, kann das möglicherweise das aus sein und die soziale Verdrängung beginnt.

So, das vielleicht so auf der schnelle die Beantwortung von Ihren Fragen. Danke schön.

Herr Jösting-Schüßler:

Frau Vorsteherin, meine sehr geehrten Damen und Herren, lieber Herr Bürgermeister, das Problem ist ja, was angesprochen wird, schon nicht ganz so neu, nämlich mindestens drei Monate bekannt, Stichwort: Besetzung Schlesische Straße und ja, ich war soweit jetzt die Frage zu formulieren. Herr Bürgermeister, was haben Sie denn in den letzten drei Monaten unternommen, um also auch die von Ihnen vorhin angesprochenen Vertragsbestandteile im GSWVerkaufsvertrag zu eruieren und daraus entsprechende Schlussfolgerungen abzuleiten?

Zu Nachfrage 3:

Ja, Frau Vorsteherin, meine Damen und Herren, zuerst einmal habe ich einen wirklich hoch motivierten und hoch aktiven Mitarbeiter des Wohnungsamtes losgeschickt, der auch ganz persönlich mit dieser Sachlage beschäftigt ist, weil er der GSW nämlich eine Anhörung geschickt hatte wegen Vertragsverstoß und von der GSW dann belehrt wurde, dass er schiefliegt und alle Dinge gelöscht sind durch das Land Berlin.

Vor der Basis hat es nun mal eine Kurzrecherche gegeben und daraufhin habe ich dann Herrn Sundermann natürlich angesprochen. Wie Sie wissen, auch als Bezirksverordnete, antwortet Herr Sundermann nicht sofort. Die Antwort ist letzte Woche gekommen, hat allerdings genau diese Frage, die ich ihm da u.a. gestellt habe, nicht beantwortet.

Darüber hinaus kann ich Ihnen natürlich versichern, dass ich auch versucht habe, über meine eigenen Parteikontakte herauszubekommen, ob ich diesen Vertrag bekomme. Ich denke, ich werde ihn auch bekommen.

Was mir allerdings im Moment erst vorliegt, das sind die Unterlagen, die der Senat als Senatsbeschlussfassung an das Abgeordnetenhaus gegeben hat und die natürlich jedem Abgeordneten und natürlich dann auch der Öffentlichkeit bekannt gemacht worden sind und die für sich genommen jeweils ein summary darstellen von dem, was an Regelungen und Gegenständen in dem Kaufvertrag von 2004 ist, aber den Kaufvertrag selbst im Moment noch nicht, aber ich bin guter Dinge, dass das demnächst passiert.

Herr Lüdecke:

Würde denn heute das Bezirksamt in ähnlich gelagerten Fällen noch einmal den Mietern eines solchen Hauses schriftlich zusichern, dass ihre Rechte weitgehend gewahrt bleiben oder würde ein solches Schreiben künftig den Zusatz zumindest enthalten, dass das nur gilt, solange der Berliner Senat nicht wortbrüchig wird?

Zu Nachfrage 4:

Ja, Frau Vorsteherin, meine Damen und Herren, das ist nicht eine Frage, ob der Senat wortbrüchig wird oder nicht, sondern was in diesem Vertrag drinsteht. So einfach ist die Sache.

Und ich glaube, es gibt ein großes Bedürfnis in der Bevölkerung nicht nur zu wissen, was in den Wasserverträgen steht, sondern was auch in diesen Kaufverträgen steht und deswegen bin ich ein ganz starker Befürworter zu sagen, diese Verträge müssen offengelegt werden.

Dr. Schulz

Bezirksbürgermeister

Fragesteller: Florian Schärdel

Bündnis 90/Die Grünen

Friedrichshain-Kreuzberg, den 13.09.11