Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen an das Abgeordnetenhaus Berlin (Drucksache 16/0555).

Das Abgeordnetenhaus wolle beschließen

Der Senat wird aufgefordert, die Leitlinien für eine kinder- und jugendfreundliche Stadt fortzuschreiben und in Form einer Kinder-freundlichkeitsprüfung für alle Planungen und Maßnahmen der Senats- und Bezirksverwaltungen verbindlich zu machen.

Bei allen Verwaltungs- und Senatsvorlagen sollen künftig, ähnlich dem Gender Mainstreaming, die Folgen für Kinder und Jugendliche in einem eigenen Abschnitt bewertet und benannt werden. Diese Bewertung erfolgt im für die Vorlage verantwortlichen Ressort.

Dem Abgeordnetenhaus ist bis zum 31.12.2007 zu berichten.

Begründung:

Mit den 1999 auf eine Initiative von Bündnis 90/Die Grünen aus dem Jahr 1994 verabschiedeten Leitlinien für eine kinder- und jugendfreundliche Stadt verfügt Berlin über einen Handlungs- und Orientierungsrahmen für das Politik- und Verwaltungshandeln in Berlin. Obwohl sich Senat und Bezirke verpflichtet haben, sie umzusetzen, regelmäßig zu überprüfen und fortzuschreiben, sind sie bisher nahezu wirkungslos geblieben. Die Ziele und Maßnahmen für die einzelnen Politikfelder scheinen nur einem engeren Kreis Interessierter bekannt und lediglich im Bereich der Jugendhilfe als Richtschnur und Orientierungshilfe von Bedeutung zu sein. Sichtbare Umsetzungsergebnisse sind mit der Drehscheibe Kinderpolitik und dem Aufbau von Koordinierungsstellen und Beteiligungsbüros der Kinder- und Jugendbeteiligung allerdings ausschließlich im Bereich der Kinder- und Jugendbeteiligung zu verzeichnen. Obwohl von einer 2001 förmlich eingerichteten Landesarbeitsgemeinschaft Kriterien für die Durchführung von Kinder- und Familienverträglichkeitsprüfungen erarbeitet und eine modellhafte Erprobung vorbereitet werden sollten, gibt es sie bis heute weder auf Landesebene noch in den Bezirken (siehe dazu Antwort auf die Kleine Anfrage Nr. 16/10344 „Wie weiter mit den Leitlinien für eine kinder- und jugendfreundliche Stadt Berlin?“)

Im Zuge des demografischen Wandels werden Kinder und Jugendliche in unserer Gesellschaft zunehmend zur Minderheit. Bereits 2010 werden erstmals weniger Jugendliche unter 20 Jahre als Menschen über 65 Jahre in Deutschland leben. Im Jahr 2050 wird die Zahl der Älteren fast doppelt so hoch sein, wie die der Jüngeren. Deshalb ist es dringend notwendig, die Bedürfnisse und Interessen der Kinder und Jugendlichen in allen Politikbereichen verstärkt zu beachten und junge Menschen an den Zukunftsentscheidungen und Weichenstellungen zu beteiligen. Die Leitlinien für eine kinder- und jugendfreundliche Stadt Berlin müssen deshalb in Form einer Kinderfreundlichkeitsprüfung für Politik und Verwaltung auf Landes- und Bezirksebene einen verbindlicheren Charakter bei allen Planungen und Maßnahmen bekommen.

Berlin, 22. Mai 2007

Eichstädt-Bohlig Ratzmann Herrmann Jantzen und die übrigen Mitglieder der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen