Gutachten: Kreuzberger Gröbenufer doch nach Otto F. von der Gröben benannt, dem Erbauer des Sklavenumschlagplatzes Großfriedrichsburg
Das Kreuzberger Gröbenufer an der Spree wurde 1895 nach dem ersten Generalgouverneur der brandenburgischen Handelskolonie und Erbauer des Sklavenumschlagplatzes Großfriedrichsburg, Otto Friedrich von der Gröben, benannt. Das ist das Ergebnis eines Gutachtens, das die Grünen-Fraktion im Bezirksparlament von Friedrichshain-Kreuzberg im Ringen um die Umbenennung in May-Ayim-Ufer in Auftrag gegeben hat. Bis zuletzt war unklar, ob das Gröbenufer nicht nach Namensvetter Karl, preußischer Generalleutnant und ab 1843 Generaladjutant des preußischen Königs, benannt worden ist.
Die Grünen hatten schon im Sommer 2007 im Parlament beantragt, das Gröbenufer zukünftig nach der verstorbenen Berliner Dichterin, Pädagogin und Aktivistin der afrodeutschen Bewegung May Ayim zu benennen. Kritiker hatten das bis zuletzt immer mit dem Argument des unklaren Namensgebers zurück gewiesen.
„Wir wollen mit der Umbenennung des Gröbenufer in May-Ayim-Ufer nicht Spuren der kolonialen Vergangenheit aus dem Stadtbild tilgen. Wir wollen allerdings die Erinnerungsperspektive umkehren, die kolonialen Bezüge der Uferstraße in einer Ausstellung am Ufer dokumentieren und damit in der einstigen Kolonialmetropole Berlin die Auseinandersetzung mit deutscher Kolonialgeschichte befördern. Die Beschäftigung mit den Auswirkungen der kolonialen Ambitionen und Erfahrungen auf das Selbstverständnis, auf die Gedanken- und Gefühlswelt der deutschen Gesellschaft ist längst überfällig“, sagt Elvira Pichler, kulturpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion und Vorsitzende des bezirklichen Kulturausschusses.
„Wir Grüne betrachten die Umbenennung als ein politisches Statement gegen Rassismus. 125 Jahre nach der verheerenden Aufteilung Afrikas muss das Kolonialisten-Ehren auch in Kreuzberg endlich ein Ende haben“, sagt Elvira Pichler. Schließlich hatten Ende 1884 in Berlin 14 Staaten auf der damaligen Afrika-Konferenz den Kontinent unter sich aufgeteilt.
Mit dem Gutachten zum Namensgeber des Gröbenufers steht nun fest: 1895 ehrte Kaiser Wilhelm II. mit der Benennung der Uferstraße nach Otto Friedrich von der Gröben im kolonialbegeisterten Deutschen Reich den ersten brandenburgischen Kolonialgouverneur und Erbauer der Feste Großfriedrichsburg an der Küste des heutigen Ghana. Die Handelskolonie Großfriedrichsburg diente ab 1680 drei Jahrzehnte lang als Umschlagplatz für den transatlantischen Sklavenhandel. Nach Schätzungen von HistorikerInnen wurden von dort bis zu 30.000 Menschen in die Sklaverei verschifft.
Terminhinweis:
Die Umbenennung des Gröbenufer in May-Ayim-Ufer ist Thema des BVV-Ausschusses für Kultur und Bildung, am Mittwoch, den 22. April 2009, um 18.30 Uhr im Rathaus Kreuzberg, Yorckstraße 4-11, Raum 1053. Die neuen Rechercheergebnisse zum Gröbenufer werden dem Ausschuss vorgestellt.