DS/1276/IV Mündliche Anfrage

Ihre Anfrage beantworte ich wie folgt:

1. Warum wurde am Donnerstag, 27.6., gegen 18:45 Uhr an der Ecke Lausitzer Str. / Wiener Str. eine friedliche Sitzblockade von Demonstrant*innen, die den regulären Verkehr nicht behinderte, da sie sich direkt vor von der Polizei errichteten Absperrung der Lausitzer Straße befand, von der Polizei geräumt?

Die Ersuchen des Bezirks bezogen sich auf die Absicherung der freiwilligen Räumung der ehemaligen Schule durch die Flüchtlinge durch die Polizei (Vollzugshilfeersuchen für den Auszug der Flüchtlinge am 24.06.14) sowie auf die Unterstützung bei einer möglichen Räumung (Amtshilfeersuchen vom 01.07.14). Inwieweit die Räumung der Sitzblockade in diesem Zusammenhang notwendig war, kann nur durch die Polizei beantwortet werden.

Daher wurde die Fragestellung wurde an die Polizei weitergeleitet. Diese hat die Anfrage an die für die Polizei zuständige Senatsverwaltung weitergeleitet, welche uns mitteilte, dass die Beantwortung von „Anfragen von Bezirksverordnetenversammlungen zu
Themen der Inneren Sicherheit“ grundsätzlich nicht Angelegenheit der Senatsverwaltung ist und „Parlamentarisches Kontrollgremium für die Polizei Berlin und die Angelegenheiten der Inneren Sicherheit ist der Ausschuss für Inneres, Sicherheit und Ordnung des Abgeordnetenhauses von Berlin“.

Ich bedauere sehr, dass die Senatsverwaltung für Inneres und Sport die Anfrage des Bezirksamtes inhaltlich nicht beantworten will.

2. Wie beurteilt das Bezirksamt die in der 1. Frage beschriebene Situation und dabei insbesondere das Vorgehen der Polizei?

Das Bezirksamt maßt sich nicht an, ohne nähere Informationen Polizeieinsätze beurteilen zu können. Um zu einer sachgerechten Beurteilung gelangen zu können, wäre aber eine Stellungnahme der Polizei erforderlich. Da diese nicht erfolgt, können Zweifel an der Verhältnismäßigkeit der Maßnahme nicht ausgeräumt werden.

3. Gab es im Vorfeld des Einsatzes zwischen Bezirksamt und Polizei Absprachen über angemessenes Vorgehen und Deeskalationsstrategien vonseiten der Polizei?

Wie bei zahlreichen Gelegenheiten berichtet, hatte das Bezirksamt die Polizei Berlin um Unterstützung beim Auszug der Menschen am 24.06.2014 aus der besetzten ehemaligen Gerhart-Hauptmann-Schule gebeten. Dazu gab es durchaus Absprachen zwischen Bezirksamt und Polizei, die neben zu klärenden praktischen Fragen natürlich auch ein angemessenes, deeskalierendes Wirken der polizeilichen Kräfte beinhaltete.

Nachfragen:

1. Gab es im Vorfeld des Einsatzes zwischen Bezirksamt und Polizei Absprachen, um die
Situation der Anwohner*innen und Gewerbetreibenden zu eruieren und die damit einhergehenden Belastungen so gering wie möglich zu halten?

2. Gab es auf Seiten des Bezirksamtes Ansprechpartner*innen für die vom Polizei-Einsatz
betroffenen Anwohner*innen und Gewerbetreibende?

Die Nachfragen 1 und 2 möchte ich zusammen beantworten.
Der Umzug von 191 Flüchtlingen (darunter zwei Kinder) am 24. Juni, mit denen ich wegen der individuellen Erteilung der schriftlichen Erlaubnis zum Umzug persönlichen Kontakt hatte, wurde von den Betroffenen überwiegend sehr deutlich begrüßt. Die emotionale Freude, endlich den Zuständen im Gebäude entkommen und in eine Berliner Flüchtlingsunterkunft ziehen zu dürfen, war unübersehbar.

Den Mitarbeiter*innen des Bezirksamts, die hier unterstützend vor Ort tätig waren, danke ich auch an dieser Stelle noch einmal für ihr persönliches Engagement.

Das nicht alle Bewohner*innen den Umzug begrüßen würden, war vielleicht zu erwarten. Aber das Bezirksamt ist bis zu dem Abend des 24. Juni nicht davon ausgegangen, dass es – gemessen an der ursprünglichen Anzahl der Bewohner*innen – bei einem eher geringen Teil der Flüchtlinge und ihrer Unterstützer*innen zu einer derartigen Eskalation kommen würde.

Was den Polizeieinsatz und deren Auswirkungen angeht ist es so, dass wie in jeder anderen Einsatzsituation auch die polizeilichen Maßnahmen hinsichtlich Umfang, Personaleinsatz, Einsatzmittel und Einsatztaktik etc. durch den jeweiligen Polizeiführer in Abstimmung mit der Behördenleitung – dem Polizeipräsidenten in Berlin – erfolgt. Entscheidungen zum räumlichen Umfang der Absperrungen, dem Kräfteeinsatz und den Maßnahmen der Polizeibeamten an den Absperrungen in der Zeit zwischen dem 24.06. und dem 02.07.2014 oblagen nicht dem Bezirksamt sondern der Berliner Polizei, die bei ihren Einsätzen regelmäßig auch das Gebot der Verhältnismäßigkeit zu beachten hat.

Insofern konnte auch nur die Polizei konkrete Informationen zu den Maßnahmen geben und als Ansprechpartner vor Ort agieren. Betroffene Gewerbetreibende haben sich an die Wirtschaftsförderung gewandt. Diese hat im Rahmen ihrer Funktion als zentrale Anlauf- und Koordinierungsstelle für die Unternehmen versucht, zu informieren und zu vermitteln.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Peter Beckers

Friedrichshain-Kreuzberg, den 02.07.2014
Bündnis 90/Die Grünen
Fragestellerin: Susanne Hellmuth

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