Schriftliche Anfrage Drs.: SA/238/VI
Initiator*in: Claudia Schulte, Karl-Heinz Garcia Bergt,
Ihre Fragen beantworte ich wie folgt:
Die Anfrage betrifft mehrere Bereiche innerhalb des Bezirksamts. In die Beantwortung sind daher umfassende Zuarbeiten aus der Abteilung für Arbeit, Bürgerdienste und Soziales, aus der Abteilung für Bauen, Planen, Kooperative Stadtentwicklung sowie aus der Abteilung für Jugend, Familie und Gesundheit eingeflossen.
1. Wie viele geflüchtete Menschen sind aktuell in Friedrichshain-Kreuzberg untergebracht und registriert, aufgeschlüsselt nach Art der Aufenthaltserlaubnis/Zuweisungsentscheidung an Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF)/Asylbeantragung?
Amt für Soziales und Partizipationsbüro:
Die Schaffung von Unterkunftsplätzen für geflüchtete Menschen liegt in Verantwortung des LAF, was die Erstaufnahme Schutzsuchender und die Unterbringung von Asylbewerber*innen in Gemeinschaftsunterkünften betrifft; die Bezirke unterstützen und wirken mit.
Hinsichtlich der Schaffung von Unterkunftsplätzen für Geflüchtete sind die bezirklichen Sozialämter aber insoweit zuständig, als sie für die Akquise von Unterbringungskapazitäten für obdachlose Menschen allgemein Sorge tragen. Darunter fallen im Bedarfsfall auch geflüchtete Menschen mit gesichertem Aufenthalt (sog. „Statusgewandelte“).
Im Zeitraum Januar 2023 bis zum 19.05.2023 wurden durch die Soziale Wohnhilfe 2.259 Haushalte laufend untergebracht. 990 geflüchtete Menschen wurden in vier LAF-Unterkünfte untergebracht. (Stand: 25.05.2023)
2. Wie viele geflüchtete Menschen werden durchschnittlich wöchentlich/monatlich in Friedrichshain-Kreuzberg untergebracht und/oder registriert?
Partizipationsbüro:
Die Fluktuation in den LAF-Unterkünften ist momentan nicht so hoch wie im letzten Jahr. D.h. 2-3 Menschen pro Woche ziehen momentan in den LAF-Unterkünften ein.
3. Wie viele geflüchtete Menschen sind privat, über die sozialen Wohnhilfen und durch das LAF untergebracht?
Amt für Soziales:
Durch das LAF werden lediglich geflüchtete Menschen in den LAF-Einrichtungen untergebracht. Geflüchtete, die eine private Unterkunft/Wohnung gefunden haben, melden sich nicht bei der Sozialen Wohnhilfe Friedrichshain-Kreuzberg, demnach liegen keine Zahlen hierzu vor.
4. Welche Einrichtungen zur Unterbringung geflüchteter Menschen gibt es im Bezirk derzeit? (Bitte Auflistung nach Kapazität, Träger, Adresse, bezirklich oder LAF, ggf. beschränkte Nutzungsdauer der Einrichtung/der Immobilie, gewerbliche Anbieter (Hostel etc.))
Partizipationsbüro: (Stand: 25.5.2023)
Tabellen im PDF zur Drucksache
Amt für Soziales und Stadtplanung:
Infolge des durch den Krieg in der Ukraine bedingten Fluchtgeschehens konnte der Bezirk in guter Kooperation mit dem Gebäudeeigentümer eine ASOG-Einrichtung explizit für Geflüchtete aus der Ukraine einrichten. Diese ist temporär, bis das Objekt durch den Bauherrn entwickelt wird.
Zudem konnten in Zusammenarbeit mit Bau- und Wohnungsaufsicht einzelne verschiedene Unterbringungen geschaffen werden.
Derzeitige belegte Plätze zusätzlich zu LAF-Unterkünften an verschiedenen Standorten: 685.
Vorclearingsphase UMFs, Senat für ca. 195 Plätze insgesamt.
5. Welche Einrichtungen bzw. Unterbringungsmöglichkeiten für geflüchtete Menschen befinden sich derzeit noch in Planung? (Bitte Auflistung nach Kapazität, Träger, Adresse, bezirklich oder LAF, ggf. beschränkte Nutzungsdauer der Einrichtung/der Immobilie)
Partizipationsbüro und Stadtplanung:
Die Vergabe der Trägerschaft des Betriebs wird durch das LAF erst nach Fertigstellung der Maßnahme durchgeführt. Für folgende Standorte ist – je nach Bedarf – eine Nutzungsdauer von 5-11 Jahren als Geflüchtetenunterkunft vorgesehen:
- Alte-Jacobstr./Franz-Künstler-Str., ca. 475 Unterbringungsplätze – Bauträgerschaft Gewobag
- Friedrichstraße; ca. 100 Unterbringungsplätze
- Stralauer Platz Nord; ca. 67 Unterbringungsplätze
- Obentrautstraße; ca. 42 Unterbringungsplätze
- Alt Stralau; ca. 150 Unterbringungsplätze – SenSBW
- Darüber hinaus in Planung:
6. Welche Angebote (Integrationskurse, Sprachkurse etc.) stellt das Bezirksamt Friedrichs-hain-Kreuzberg für geflüchtete Menschen bereit? Welche Angebote gibt es von Senats-/Landesseite für in Friedrichshain-Kreuzberg lebende Geflüchtete?
Volkshochschule Friedrichshain-Kreuzberg:
Geflüchtete Menschen erhalten an der Volkshochschule ein umfassendes Angebot an Sprachkursen. Das sind:
– die Sprachkurse für Geflüchtete des Landes Berlin,
– die Elternkurse für ukrainische Geflüchtete und
– seit Beginn des Jahres 2023 zunehmend auch die vom Bund finanzierten Integrationskurse und Berufssprachkurse.
Mit den finanziellen Mitteln der Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales wurden vor einigen Jahren die Sprachkurse für Geflüchtete konzipiert. Dieses Programm galt lange Zeit bundesweit als ein Leuchtturmprojekt, da hier unbürokratisch und barrierefrei Geflüchtete in kurzer Zeit Sprachkenntnisse zumeist auf dem Anfangsniveau vermittelt werden konnten. Bis zum Jahr 2021 wurde das Programm berlinweit ausgebaut und konsolidiert mit einem Umfang von ca. 5 Mio. Euro. Bereits im letzten Jahr wurden die Mittel halbiert und nur nach wiederholten Intervention der Volkshochschulen und der Bezirke zum Ende des Jahres wieder aufgestockt. In diesem Jahr wurden die Volkshochschulen darüber informiert, dass 2023 eine Aufstockung der Mittel ausgeschlossen werde. Damit haben die Geflüchteten im Bezirk im 2. Halbjahr nur noch sehr stark eingeschränkt Zugang zu diesem Angebot. Bis Ende Juli 2023 werden insgesamt 44 Module mit je 100 Unterrichtsstunden angeboten, im 2. Halbjahr werden es nur noch 6 Module sein. Stattdessen wurde von SenIAS auf die vom Bund finanzierten Maßnahmen verwiesen.
Im 2. Halbjahr wird es zusätzlich vom Land Berlin finanzierte Elternkurse für ukrainische Geflüchtete im Umfang von insgesamt 360 Unterrichtsstunden geben. Ein Mehrbedarf in gleicher Höhe ist bereits durch die VHS angemeldet. Mit den beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge angesiedelten Programme der Erstorientierungskurse, der Integrationskurse und Berufssprachkurse können jedoch nur ein Teil der Geflüchteten versorgt werden. Es ist noch nicht geklärt, ob überhaupt ein Erstorientierungskurs mit insgesamt 400 Unterrichtsstunden im Bezirk für ca. 15 Geflüchtete fortgeführt werden kann. Da der Verwaltungsaufwand deutlich höher ist als bei den vergleichbaren Berliner Landeskursen für Geflüchtete, sind zudem nur noch vereinzelte Volkshochschulen in der Lage, diese Kurse anzubieten können.
Auch das Angebot an Integrationskursen und Berufssprachkursen (Steigerung von 2022 zu 2023 um 25%, bzw. 34%) hat sich deutlich erhöht, da nun auch Geflüchtete an diesen Kursen teilnehmen können, sofern das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge eine Zulassung zum Kurs ausstellt. Derzeit gibt es erhebliche Wartezeiten für die Geflüchteten, so dass kein zeitnahes Angebot bereitgestellt werden kann, auch wenn es freie Plätze geben sollte. Die Kurse sind sehr stark nachgefragt.
Abteilung Jugend, Familie und Gesundheit:
Im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg wird ein Pilotprojekt zur Nachbetreuung von geflüchteten jungen Volljährigen seit 2021 umgesetzt. In Kooperation mit dem LAF und dem Betreiber, Diakonisches Werk Berlin Stadtmitte e.V., werden dort acht Plätze für junge Volljährige vorgehalten, für die gem. § 53 AsylG eine Unterbringung in Gemeinschaftsunterkünften vorgesehen ist. Das Angebot richtet sich an ehemals unbegleitete minderjährige Flüchtlinge (EUMF) in der Zuständigkeit des Jugendamtes, die nach Erreichen Ihrer Volljährigkeit in einem stationären HzE- oder Jugendberufshilfeangebot noch einen Bedarf an ambulanter Unterstützung aus der Jugendhilfe haben, aber aus verschiedensten Gründen noch in keinen eigenen Wohnraum begleitet werden konnten. Diese Räumlichkeiten werden jeweils nur von zwei Personen belegt, anstatt wie sonst üblich, von drei Personen. Die ambulante Betreuung wird durch eine Sozialarbeiterin vom gleichen Träger im Rahmen von Einzelfallhilfe gem. § 41 i. V. m. § 30 SGB VIII geleistet. In weitere Angebote (Integrationskurse, Sprachkurse) anderer Anbieter wird vermittelt.
Die bezirklichen Kinder- und Jugendfreizeiteinrichtungen und die Einrichtungen der Jugendsozialarbeit haben seit 2015 verlässliche Strukturen für Geflüchtete aufgebaut, um ihnen die Inanspruchnahme der offenen Regelangebote zu erleichtern und zu ermöglichen und sie bei der Integration in allen Bereichen zu unterstützen.
Für Kinder und Jugendlichen, die sich im schulpflichtigen Alter befinden, stellt das Schul- und Sportamt in enger Kooperation mit der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie eine Beschulung in Willkommensklassen zur Verfügung.
Mit Stand vom 17.05. werden 264 Grundschüler*innen in 22 Willkommensklassen beschult. Bei den weiterführenden Schulen sind es 288 Schüler*innen in 24 Willkommensklassen.
Bei den Zahlen für die weiterführenden Schulen sind auch Privatschulen und außerschulische Lernorte enthalten. Derzeit gibt es noch eine Warteliste (bei den Grundschüler*innen 13, bei den Oberschüler*innen 22), da nicht genügend Plätze in den Willkommensklassen zur Verfügung gestellt werden können. Des Weiteren wurden im Rahmen des bezirklichen Integrationsfonds verschiedene integrative Angebote für geflüchtete junge Menschen in den Einrichtungen der Jugendarbeit/Jugendsozialarbeit gem. § 11 und § 13. 1 SGB VIII geschaffen und umgesetzt. Aktuell werden insgesamt acht Projekte gefördert, die überwiegend mit geflüchteten Kindern und Jugendlichen arbeiten. Beispielhaft wird hier das Projekt „Jugendkultur –Still RAW“ erwähnt, das jungen Geflüchteten regelmäßig die Sprachförderung in Verbindung mit einem niedrigschwelligen Freizeitangebot zur Verfügung stellt. Dazu gibt es ein offenes „Sprechcafé“ sowie die Möglichkeit der Teilnahme an diversen trägerinternen Gruppenangeboten. In diesem Zusammenhang kooperiert der Projektträger „Drop In – Forum für interkulturelle und politische Bildung e.V.“ insbesondere mit den stationären Jugendhilfeeinrichtungen, die mit unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen arbeiten sowie Willkommensklassen in bezirksansässigen Schulen.
Zusätzlich werden im Rahmen der Förderung aus dem bezirklichen Integrationsfonds nach § 13,1 SGB VIII naturwissenschaftliche Forschungsangebote in Hostels und in mehreren Willkommensklassen im Bezirk angeboten. Diese haben einen niedrigschwelligen Zugang, gelingen trotz Sprachbarrieren und stärken die Selbstwirksamkeit und die gesellschaftliche Teilhabe von Kindern und Familien.
Besonders hervorzuheben sind die Angebote der Familienbildung, -begegnung und -beratung in zwei Hostels in Friedrichshain für Familien mit Fluchtbiographie. Die Projekte setzten o. g. Angebote vor Ort um, begleiten und beraten die Familien entsprechend der Bedarfe hinausreichend, informieren und begleiten die Familien über Angebote der Bildung, Begegnung und Beratung im Sozialraum und sind gut vernetzt.
Darüber hinaus werden in Friedrichshain über den Träger oXxymoron gGmbH zwei Sprungbrettkitas aus den Integrationsfonds gefördert, die sich an Familien mit Fluchterfahrung richten. Ein Angebot richtet sich speziell an Familien mit Fluchtbiographie aus der Ukraine. Zusätzlich erhält der Träger Yekmal e.V. eine Förderung für die sogenannten MIA Sprachkurse.
Die Angebote der Familienförderung nach § 16 SGB VIII richten sich an alle Familien im Bezirk. Darin ist somit die Zielgruppe von geflüchteten Familien in ihrer jeweiligen Heterogenität eingeschlossen.
Diese Angebote finden u.a. einrichtungsgebunden (z.B. in Familienzentren), in der sogenannten Angebotsform 1, statt. Die Angebote für geflüchtete Familien sind bedarfs- und ressourcenorientiert sowie partizipativ mit Familien gestaltet und haben das Ziel der Inklusion, der Partizipation und von Empowerment. Die Familien werden mit Bildungs-, (familiensprachlichen) Beratungs- und Begegnungsangeboten erreicht. Zu den Angeboten werden hier beispielhaft aufgezählt:
- Griffbereit: Sprach- und Familienbildungsprogramm für Familien mit und ohne internationale Familiengeschichte und ihre Kinder zwischen einem und drei Jahren. Im Fokus steht die Eltern-Kind-Interaktion zur Stärkung der (mehr-)sprachlichen Entwicklung.
- Zusammen aufwachsen: Eltern werden in die Grundbegriffe des Early-Excellence Ansatz eingeführt und werden in der Eltern-Kind-Interaktion, in der Frühen Bildung und in der Bildungs-partnerschaft mit Bildungseinrichtungen gestärkt.
- Familienhebammen: Beratung von Familien zum ersten Lebensjahr, zur Gesundheitsförderung und zur Stärkung der Eltern-Kind-Bindung.
- Familienfrühstück: Begegnungsangebote für Familien.
- Offene Angebote mit wechselndem Spiel-, Musik-, Bewegungs- und Kreativangebot zur Stärkung der Erziehungskompetenzen, der Selbsthilfepotentiale, der Vernetzung von Eltern unter-einander und zum Kennenlernen von Bildungs- und Gesundheitsangeboten.
- Kochangebote für Familien mit und ohne Fluchtbiographie.
- Selbstorganisierte Gruppen.
Die in den Einrichtungen benutzen Materialien sind zum Teil mehrsprachlich und intersektional.
Einige Familienzentren verfügen über eine mehrsprachige Bibliothek mit entsprechenden Bildungs- und Begegnungsangeboten für Familien. Auch unter den Mitarbeitenden ist eine Diversität und Mehrsprachlichkeit gegeben.
In den Familienzentren sind Stadtteilmütter tätig, die niedrigschwellige und familiensprachliche Beratungs-, Begegnungs- und Bildungsangebote umsetzten.
Die Stadteilmütter arbeiten zusätzlich hinausreichend (Angebotsform 2: Angebote im häuslichen Kontext) und im Sozialraum (Angebotsform 3).
In der Angebotsform 2 werden in der Familienförderung aufsuchende Angebote für Familien umgesetzt. Dazu zählen neben den Stadtteilmüttern zum Beispiel die „Aufsuchende Elternhilfe“ und die Familienbildungsprogramme „hippy“ und „opstapje“. Besonders hervorzuheben ist, dass letzte genannte Familienbildungsprogramme von den sogenannten Peers umgesetzt werden und zur Stärkung der Erziehungskompetenzen und zur Förderung der gesellschaftlichen Teilhabe und hinsichtlich des Ausbaus von Bildungsgerechtigkeit wirken.
Zu den Angeboten der Familienförderung zählt auch das Familienservicebüro in der Angebotsform 6. Im letztgenannten findet Beratung umfänglich statt. Hierbei soll die Kitaplatzvermittlung hervorgehoben werden, die die Zielgruppe von Familien mit Fluchtbiographie in der Kitaplatzvermittlung besonders in den Fokus nimmt.
Jobcenter Friedrichshain-Kreuzberg:
Geflüchtete werden, mindestens während der Phase des Spracherwerbs, vorrangig durch spezialisierte Integrationsfachkräfte in den Vermittlungsteams betreut. Mit Beginn des Übergangs der Ge-flüchteten aus der Ukraine in das SGB II wurde die Betreuung teilweise auf einen größeren Mitarbeiter*innenkreis ausgeweitet. Für Beratungen arabischsprachiger sowie ukrainischer Geflüchteter sind Dolmetscher*innen vor Ort im Einsatz, für alle anderen Sprachen werden ein telefonischer Übersetzungsdienst und, aktuell in der Testphase, elektronische Übersetzungsgeräte genutzt. Der Fokus der operativen Arbeit mit den Geflüchteten liegt auf den möglichst nahtlosen Übergängen zwischen Integrationskurs und Anschlussförderungen (z. B. weiterer Spracherwerb, Anerkennung / Qualifizierung, berufliche Orientierung, Vermittlung in Arbeit). Anschlussangebote sind in Berlin (nach dem Ende der Corona-Einschränkungen) ausreichend vorhanden (u. a. Berufssprachkurse, ESF- und Landesprojekte, Regelangebote des SGB II). Zur individuellen Förderung werden u.a. Aktivierungs- und Vermittlungsgutscheine für Maßnahmen bei einem Träger eingesetzt („AVGS-MAT“). Diese starten oftmals bereits während der Sprachkurse, um frühzeitig berufliche Orientierung, aber auch Stabilisierung zu bieten.
Schon während des Spracherwerbes wird zu Anerkennung beraten bzw. eine Verweisberatung durchgeführt. Nach dem Spracherwerb steht meist die berufliche Qualifizierung im Fokus – bei den Geflüchteten aus der Ukraine ist in der Regel die Anerkennung der beruflichen
Qualifikationen angezeigt. Bei ausreichenden Sprachkenntnissen und persönlicher Eignung erfolgt die weitere Betreuung durch „FbW-Spezialist*innen“ oder die Vermittlung in Arbeit.
Seit 2020 steht zur Unterstützung geflüchteter Frauen das modulare Angebot „MAfAm – Migrantinnen und Alleinerziehende für den Arbeitsmarkt“ zur Verfügung. Durch individuelle, konsequente und kontinuierlich aufbauende Betreuung (Einzelcoaching) über einen längeren Zeitraum sollen die Teilnehmenden für soziale und gesellschaftliche Teilhabe aufgeschlossen werden.
Nicht nur die konkrete vermittlerische Arbeit, sondern auch die Beratung zu z.B. der Organisation von Familie und Beruf, Kinderbetreuung, Förderung von Sprache und beruflicher Qualifikation, Gesundheit, Netzwerken sowie Beratungsstellen sollen die Kundinnen in die Lage versetzen, auch eigeninitiativ tätig zu werden.
Partizipationsbüro Friedrichshain-Kreuzberg:
– Das Landesrahmenprogramm „Integrationslots*innen“ seit 2013
– Welcome Support Berlin: Allgemeine Sozialberatung (Wohnraum und Sozialberatung) durch Internationalen Bund (IB)
https://ib-berlin.de/standort/212123
– Projekte, die jährlich bedarfsorientiert durch den bezirklichen Integrationsfonds gefördert werden.
https://www.berlin.de/ba-friedrichshain-kreuzberg/politik-und-verwaltung/beauftragte/integration/artikel.714294.php/
– Transkulturelle und interdisziplinäre ärztliche, psychologische und sozialarbeiterische Behandlung, Beratung, Diagnostik und Krisenintervention durch Zentrum für transkulturelle Psychiatrie
https://www.vivantes.de/humboldt-klinikum/fachbereiche/zentren/zentrum-fuer-transkulturelle-psychiatrie
– Psychosoziale Beratung von Geflüchteten für Geflüchtete, sowie Infotage und Gruppenangebote, IPSO gGmbH (gefördert vom LAF) www.ipso-care.com
– Mittendrin! In der Kunstwelt Berlins (gefördert vom LAF) https://werkstadt.berlin/
– Berufsbezogene Sprachförderung für Geflüchtete https://www.zgs-consult.de/berufliche-bildung/berufsbezogene-sprachfoerderung-fuer-gefluechtete/
– Sportbunt, „Sportangebote für geflüchtete Menschen“ und „Integration durch Sport“, Landesprogramm https://sportbunt.de/
7. Wie ist die Situation unbegleiteter Minderjähriger? Wo sind diese untergebracht? In welcher Form und durch welche Träger werden diese betreut? Welche speziellen Angebote gibt es für sie?
Abteilung Jugend, Familie und Gesundheit:
Es gibt einen starken Fallzahlanstieg im Bereich UMF. Dies hat nicht nur mit dem Krieg in der Ukraine zu tun, sondern mit den weiteren Krisengebieten in Syrien, Afghanistan und Afrika. Die minderjährigen Geflüchteten sind in stationären Einrichtungen der Jugendhilfe im gesamten Stadtgebiet untergebracht.
Die Situation der unbegleitet minderjährigen Geflüchteten bringt besondere Herausforderungen mit sich: Es sind nicht ausreichend Beschulungsmöglichkeiten vorhanden, die Bearbeitungszeit bei den Familiengerichten ist verlängert, es bestehen nicht ausreichende Sprachmittler*innenkapazitäten. Aufgrund der kritischen Situation in der stationären Jugendhilfe (fehlende Plätze) ist der Verbleib der minderjährig unbegleiteten Geflüchteten in Clearingeinrichtungen bzw. in Übergangslösungen verlängert. Je nach Bedarf und Alter leben diese in Einrichtungen mit Rund-um-die-Uhr-Betreuung, in Jugendwohngemeinschaften mit betreuungsfreien Zeiten und Betreutes Einzelwohnen (BEW), ebenfalls mit betreuungsfreien Zeiten. Die Betreuung erfolgt durch viele freie Träger der stationären Jugendhilfe, die sich z. T. auf die Betreuung und Begleitung von unbegleiteten minderjährigen Geflüchteten spezialisiert haben, z. B. durch die gezielte Anstellung von Fachkräften mit einem bestimmten Sprachprofil und Wissen zu dem jeweiligen kulturellen Hintergrund. Grundsätzlich gibt es eine breit aufgestellte Trägerlandschaft im Land Berlin. Allerdings ist der Fachkräftemangel in der Jugendhilfe insgesamt groß und die Auswirkungen sind und besorgniserregend.
8. Wo liegen ggf. besondere Herausforderungen für unseren Bezirk, was die Unterbringung, Angebote und Integration geflüchteter Menschen angeht?
Abteilung Jugend, Familie und Gesundheit:
In Bezug auf unbegleitet minderjährige Geflüchtete: die Verselbstständigung aus der Jugendhilfe ist stark erschwert, da es kaum Wohnangebote für diesen Personenkreis gibt. Es fehlt an adäquaten Wohnperspektiven. Die Situation auf dem Wohnungsmarkt ist aufgrund der begrenzten Freiflächen, der bereits bestehenden Bebauungsdichte sowie der attraktiven, weil zentralen Lage des Bezirks, herausfordernd. Da sich die Kostenübernahme von Wohnraum für Klient*innen der Jugendhilfe an den Maßgaben der AV Wohnen orientiert, bestehen hier nur begrenzt Spielräume für die Anmietung von Räumlichkeiten.
Es ist zwingend notwendig, die Sprach- und Schulangebote zu verstärken. Über die letzten Jahre haben wir festgestellt, dass nicht von allen Personengruppen gleichermaßen Kita als Betreuungsangebot nachgefragt und gewünscht wird – diesbezüglich muss über alternative Angebote nachgedacht werden.
Eine wesentliche besondere Herausforderung für unseren Bezirk ist der Fachkräftemangel, der sich sowohl in den Kindertagesstätten, aber auch in den Angeboten der Familienförderung, sehr deutlich zeigt.
Die Vermittlung in die Kitlatzangebote ist besonders erschwert, da Kitaträger aufgrund des Fachkräftemangels die bewilligten Plätze nicht vollumfänglich ausschöpfen können. Familien mit Fluchtbiographie haben in der eigenen Akquise von Kitaplätzen neben der Mehrfachbelastung (durch Flucht, fehlendem eigenem Wohnraum, u.a.) durch etwaige Sprachbarrieren und ggf. mangelnden Kenntnissen über das Berliner Bildungssystem nachweislich geringere Erfolge in der Kitaplatzermittlung.
Auch zeigt sich die Erreichbarkeit von Familien mit Fluchtbiographie als eine Hürde in der Praxis. Dazu zählen die Sprachbarrieren, aber auch die Wechsel der Unterkünfte und Zuständigkeiten in den Behörden. Zum bezirklichen Integrationsfonds ist als wesentliche Herausforderung die mangelnde Planungssicherheit der Mittel zu benennen. Damit sind die Fortsetzung und Verstetigung von erfolgreichen Angeboten, aber auch die Expertise gefährdet. Auch hier zeigt sich, dass Expertinnen und Experten bei der fehlenden Planungssicherheit mit ihrer Expertise bei dem aktuellen Fachkräftemangel abzuwandern drohen.
Amt für Soziales und Jobcenter Friedrichshain-Kreuzberg:
Über die allseits bekannten Themen (Wohnungssuche, Kita, Schule, Beruf, Nachbarschaft) hinaus liegen die größten Herausforderungen aktuell sicher im Bereich der Akquise geeigneter Unterbringungen. Ferner kommt es darauf an, dass es im Bereich der Versorgung Geflüchteter zwar keine Unterscheidung in bestimmte Herkunftsregionen, aber nach jeweils maßgeblichen individuellen Rahmenbedingungen (z. B. nach Alter, Gesundheitszustand, Familienzusammensetzung) gibt. In der öffentlichen Kommunikation ist es wichtig darauf hinzuweisen, dass alle Geflüchteten in Berlin auf der Grundlage gesetzlicher Vorgaben gleichermaßen versorgt und untergebracht werden. Darüber hinaus bedarf es Angebote für besonders vulnerabler Personengruppen, für die Berlin Verantwortung übernimmt (LGBTQ+), mobilitätseingeschränkter und pflegebedürftiger Menschen.
Zudem erschweren offene Fragen zur Bleibeperspektive sowie die verlängerte Dauer zur Anerkennung der bestehenden Abschlüsse die Integration in Arbeit der Kund*innen.
Partizipationsbüro Friedrichshain-Kreuzberg:
– Fragile Infrastrukturen (Kita- und Schulplatzmangel, zu wenig (Fach-)Ärzt*innen)
– Die Anzahl älterer Geflüchteter bzw. Geflüchteter mit Behinderungen und Pflegebedarf, die ein barrierefreie Unterbringung und ein erhöhtes Maß an medizinischer Versorgung benötigen, steigt. Allerdings sind Termine bei Fachärzt*innen nicht im ausreichenden Maße vorhanden und das Angebot von Sprint für Sprachmittlung im medizinischen Kontext (Integrationslots*innen dürfen die medizinische Begleitung nicht leisten) reicht nicht aus, um den Bedarf zu decken.
– Die Erfahrungen aus den Jahren 2015 und 2016 haben gezeigt, dass es eine Perspektive für geflüchtete Menschen braucht, um die schwierige belastende Unterbringungssituation besser zu ertragen. Die Versorgung mit Wohnraum ist deshalb im Bezirk als prioritär zu betrachten.
– Zur Koordination privat untergebrachter Menschen aus der Ukraine wird weiterhin dringend eine Vollzeitstelle benötigt. Die Beschäftigungsposition (BePo) ist lediglich bis Ende September 2023 zugesichert.
– Bezirklicher Integrationsfonds: Die Projektfinanzierung wird im Doppelhaushalt beschieden und jährlich zugesichert. Die Sicherheit der Fortführung ist bis zum vierten Quartal vor Projektbeginn instabil, die Höhe der Gesamtmittel variiert. Dies bewirkt prekäre Situationen für Projektträger, den Mitarbeitenden und der Zielgruppe (Geflüchtete). Angebote können nicht Mittel- und langfristig geplant und somit nicht strategisch aufgestellt werden. Auch beeinflusst die Unsicherheit der Fortführung der Angebote das Vertrauensverhältnis der Nutznießer*innen gegenüber der Anbietenden in der Zusammenarbeit. Das Thema Flucht ist ein kontinuierliches Thema und bedarf Stabilität in der Angebotsplanung.
Mit freundlichen Grüßen
Clara Herrmann
Bezirksbürgermeisterin