DS/1954/III

Mündliche Anfrage

Ich frage das Bezirksamt:

1. Was ist dem Bezirksamt über den aktuellen Stand des Rechtsstreits um die Kündigung des Thor-Steinar-Ladens in Friedrichshain bekannt?

2. Inwieweit ist die Entscheidung des Bundesgerichtshof bezüglich des Thor-Steinar-Ladens in Mitte und dessen geplante Zwangsräumung auf die Situation in Friedrichshain anwendbar?

3. Wann ist nach Einschätzung des Bezirksamts mit einer Räumung des Geschäfts in der Petersburger Straße zu rechnen?

Frage 1:

Die rechtlich festgelegte Güteverhandlung zur Klage der Vermieterin gegen den Mietvertrag des Thor-Steinar-Ladens in der Petersburger Straße 94 wird am 2. Dezember 2010 stattfinden. Da nach Aussagen des Anwalts der Klägerin keine Einigung erwartet wird, findet anschließend am selben Tag vermutlich die mündliche Verhandlung vor dem Landgericht Berlin statt. Es besteht die begründete Hoffnung, dass an diesem Tag auch schon (hoffentlich für uns alle) ein positives Urteil ergeht.

Frage 2:

Die Erfolgschancen der Klage zur Kündigung des Mietvertrages in der Petersburger Straße sind durch die beiden Urteile gestiegen. Bilden aber nur mittelbar die Situation ab. Das ist einmal das BGH-Urteil, aus dem ich jetzt auch gleich mal zitieren werde. Der BGH sagt, „dass ein Mietinteressent seinen Vermieter über Umstände informieren muss, die für die Willensbildung des Vermieters von Bedeutung sein können. Und auf die der Vermieter im Rahmen seiner eigenverantwortlich gebotenen Informationspflicht nicht von selbst kommen kann oder muss.“

Der Bundesgerichtshof spricht nur von einem nötigen Hinweis auf die Marke Thor-Steinar und sagt: Der Beklagte war deshalb nach Treu und Glauben und den Grundsätzen eines redlichen Geschäftsverhaltens verpflichtet, die Vermieterin über den beabsichtigten Verkauf von nahezu ausschließlich Waren der Marke Thor-Steinar zu informieren. Das hatte der Ladenbetreiber im Mittel eben gerade nicht getan und deshalb hat der Bundesgerichtshof die vorhergehende Instanz bestätigt. Und da findet demnächst auch (denke ich) die Räumung statt.

In unserem Fall hatte das die Beklagte leider nicht getan. Und der Name Thor-Steinar tauchte in der Tat dort auf; in der Beschreibung der unterschiedlichen Waren die dort in dem Laden in der Petersburger Straße angegeben werden sollten. Das Landgericht könnte also im ungünstigen Fall im Dezember in Bezug auf das BGH-Urteil urteilen, dass Thor-Steinar dem Vermieter als Marke des Angebots genannt wurde. Der Vermieter also informiert war und damit die Klage abweisen könnte.

Die Klägerin argumentiert (also der Anwalt, so hat er mir das geschildert), dass der Beklagte sie Marke Thor-Steinar in seinem Bewerbungsschreiben geschickt zwischen vielen anderen Marken Angaben versteckt und darüber hinaus ausgeführt hatte modische Ware für junge Leute zu vertreiben. So dass ein unbefangener, mit dem Namen Thor-Steinar nicht vertrauter Leser, hierdurch bewusst von der Brisanz dieser Marke abgelenkt werden sollte.

Dies ist nach Auffassung der Klägerin eine arglistige Täuschung, da die Beklagte außerordentlich geschickt vorgegangen wäre, um durch die Formulierung zu vermeiden, dass der Leser des Bewerbungsschreibens über den Namen Thor-Steinar stolpert. Zwar hätte der Angestellte der Klägerin googeln können; wäre möglich gewesen. Ihm war die Marke jedoch nicht bekannt und der Bundesgerichtshof sagt allerdings auch, der Vermieter wäre nicht gehalten Internetrecherchen zum Auffinden etwaiger außergewöhnlicher Umstände durchzuführen. Insofern, glaube ich, ein sehr positiver Umstand im Rahmen des Urteils.

Der Ausgang des Prozesses ist aber aufgrund dieses Umstandes nicht vorhersehbar, weil wir eben keine gleiche Situation haben wie im Fall des Ladens im Mitte.

Frage 3:

Auch nach einem positiven Ausgang der Hauptverhandlung im Dezember wird ein Räumungstitel erwirkt. Und wir rechnen nach dem Ablauf der Monatsfrist, dass das Gericht eine Räumungsfrist ansetzen wird, aber diese Räumungsfrist kann bis zu einem Jahr sogar gewährt werden. Vor Ablauf dieser eingeräumten Frist des Gerichts darf diese Zwangsräumung nicht erfolgen, wenn vor Gericht ein aus unserer Sicht positives Urteil ergeht. Unterliegt die Klägerin, wird sie wenn möglich weiter klagen.

Aber jetzt kommt das wirklich richtig unangenehme (wie ich finde an diesem Punkt): der Mietvertrag endet regulär am 31.12. 2013 und hat zwei Optionen der Verlängerung. Jede Option beträgt drei Jahre. Das heißt mit anderen Worten, dass der Mieter im Grunde genommen zwei mal, wenn er denn will, den Mietvertrag verlängern kann, so das im schlimmsten Fall der Mietvertrag bzw. das Mietverhältnis regulär endet am 31.12.2019.

BV Leese:

Bezüglich des Tragens von Kleidung der Marke Thor-Steinar würde ich gerne noch wissen: Wie beurteilt das Bezirksamt die Möglichkeit, zum Beispiel hier im Rathaus, von seinem Hausrecht Gebrauch zu machen und diesbezüglich der Erteilung eines Hausverbotes gegenüber Besuchern und/oder Beschäftigten des Rathauses die Kleidung der Marke Thor-Steinar tragen (ähnlich so wie der Bundestag das beschlossen hat und ich glaube der Schweriner Landtag).

BezStR Herr Dr. Beckers:

Also rechtlich gesehen sind wir hier sozusagen (gerade in den Bürgerämtern und anderen Bereichen) ein öffentlicher Bereich, wo der Bürger eben Dienstleistungen nachfragen muss oder auch kommen muss. Ich denke wir werden das noch mal prüfen müssen durch das Rechtsamt. Ich kann Ihnen da jetzt keine abschließende Antwort geben. Aber ich würde es auch begrüßen, wenn wir die Möglichkeit hätten, hier gegen das Tragen bestimmter Marken beim Betreten des Rathauses rechtlich vorgehen zu können.

BV Jösting-Schüßler:

Ich nehme die Frage von Frau Leese noch mal zum Anlass, nachzufragen, ob es denn so in den letzten Monaten Erkenntnisse darüber gegeben hat, dass also Personen die hier beschäftigt sind bzw. dann im Rathaus auch anwesend sind, Teile dieser Marke getragen haben? Ich frage das vor dem Hintergrund, weil ich ja mal darauf hingewiesen habe, dass hier Beschäftigte einer Reinigungsfirma diese Marke getragen haben und mich würde schon interessieren, ob seit dem damaligen Zeitpunkt, also insbesondere Beschäftigte dieser Reinigungsfirma hier noch weiterhin tätig sind. Das verwundert mich ein klein wenig, muss ich sagen. Weil ich damals fest davon ausgegangen bin, dass sozusagen das Tragen von dieser Kleidung durch Beschäftigte einer Reinigungsfirma abgestellt worden ist.

BezStR Herr Dr. Beckers:

Die Vergabe von Reinigungsaufträgen liegt in dem Bereich BWI. Das ist auch damals, nach meinem Kenntnisstand, weitergereicht worden, allerdings bin ich über das Ergebnis nicht informiert; ich werde gerne nachfragen.

Beantwortung durch Bezirksstadtrat

Herr Dr. Beckers

Fragesteller: Daniel Wesener

Bündnis 90/Die Grünen

Friedrichshain-Kreuzberg, den 08.11.10