von Marianne Burkert-Eulitz

Eltern zu stärken, um Kindern in der Bewältigung ihres Schulalltags zu helfen – mit diesem Ansatz arbeitet das Spandauer Projekt „Elternbegleitung an Grundschulen“. Ein Ansatz, den ich in seiner Ganzheitlichkeit befürworte und unterstütze.

Das Projekt „Elternbegleitung an Grundschulen“ baut für Eltern Brücken zur Bewältigung des schulischen Alltags und zu den dafür unterstützenden Angeboten im Sozialraum. Es richtet sich an Eltern, denen die Struktur des familiären Alltags aus verschiedenen Gründen große Schwierigkeiten bereitet. Sie werden von Mitarbeiter*innen des Projekts durch die verschiedenen – meist bürokratischen – Herausforderungen begleitet.  Damit verfolgt das Projekt den Ansatz, Eltern aus der Negativ-Spirale der Überforderung und Hilflosigkeit herauszuholen und ihnen die Kompetenzen im Umgang mit Behörden und mit dem System Schule zu vermitteln. Mit dem Ziel, sie in ihrem Elternsein zu stärken, verlässliche Strukturen für den Familienalltag aufzubauen und neue Kräfte für den Umgang mit ihren Kindern zu aktivieren.

In den letzten Haushaltsverhandlungen konnte ich erwirken, dass das Projekt durch das Land Berlin gefördert wird.

Am 5.7. führte ich ein Gespräch mit Hrn. Bodemann, dem Leiter, und Hrn. Scharein, einem Sozialarbeiter des Spandauer Projekts „Elternbegleitung an Grundschulen“ (in Trägerschaft der Johannesstift Diakonie Jugendhilfe), zur aktuellen und zukünftigen Situation des Projektes:

Lieber Herr Bodemann, lieber Herr Scharein, wie viele Mitarbeiter*innen sind aktuell in Ihrem Projekt tätig?

In unserem Spandauer Projekt „Elternbegleitung an Grundschulen“ arbeiten 2 Sozialarbeiter*innen und 3 Sozialassistent*innen, eine der Stellen ist aber aktuell leider nicht besetzt. Einen Schwerpunkt bei der Stellenbesetzung stellen für uns unterschiedliche kulturelle Hintergründe und Sprachkenntnisse der Mitarbeiter*innen dar, um Familien auch durch die Überwindung von kulturellen Barrieren und Sprachbarrieren zu erreichen. In unserem Team wird Polnisch, Russisch, Griechisch, Arabisch und Rumänisch gesprochen.

Was ist das besondere an Ihrem Ansatz?

Bei Angeboten der Jugendhilfe steht in der Regel immer das Kind im Mittelpunkt. Wir rücken dagegen die Eltern ins Zentrum der Aufmerksamkeit. Was sind aktuell ihre Herausforderungen und wie können wir sie in ihrer Elternrolle stärken? Denn das Wohlergehen der Kinder braucht sichere, kompetente Eltern. Dabei beginnen die Probleme oft ganz unten in der Bedürfnispyramide: das Abschließen von Verträgen, die Organisation der Lebensgrundsicherung, die Versorgung mit ausreichend Versicherungsschutz. In der Regel wollen sich Eltern um ihre Kinder kümmern, aber wenn die Probleme rund um die Organisation des Lebens unlösbar scheinen, stellt sich eine Verzweiflung und Zermürbung bei den Eltern ein, die sich auf die Beziehung zu den Kindern niederschlägt.

Ein weiteres Merkmal unserer Arbeit ist, dass wir von den Familien explizit als NICHT-Schule wahrgenommen werden möchten. Wir wollen den Eltern damit einen zuverlässigen Vertrauensschutz, einen sicheren Raum geben, damit sie auch mit sensiblen Problemstellungen zu uns kommen. Diese können wir dann aufgreifen und – zum Wohle der Kinder – einen Weg heraus aufzeigen. So z. B. bei Erziehungsproblemen oder in der Schuldenberatung.

Wer ist die Zielgruppe Ihres Projekts?

Circa 50 % der von uns betreuten Familien bringen einen Migrations- oder gar Fluchthintergrund mit. Hier haben wir häufig die Rolle der „Deutschland-Erklärer*innen“. Wie funktioniert die deutsche Amtsstruktur? Was ist der Unterschied zwischen Nachhilfe und Sonderpädagogischem Förderbedarf? Wie erwirke ich für mein Kind Logopädiebehandlungen? All das sind Fragestellungen, bei denen wir – neben dem Ausgleich von Sprachbarrieren – vermitteln. Aber auch deutsche Familien, die Angst oder Hemmungen davor haben, Hilfsangebote anzunehmen oder sich aktiv um Unterstützung zu bemühen, stellen einen von uns begleiteten Personenkreis dar.

Wie geht es für Sie nach dieser Legislatur weiter?

Aktuell sehen wir unser Projekt nicht im aufgestellten Haushalt der nächsten Legislatur berücksichtigt. Dies stellt eine schwierige Situation für unsere Mitarbeiter*innen dar, denn sie wissen nicht, ob, wann und für wie lange ihre Verträge verlängert werden. Aber natürlich ist es auch für die Familien, die wir begleiten, eine schwierige Situation, da wir ihnen eine langfristige Betreuung nicht zusagen können. Derzeit sind wir mit vielen Familien in Kontakt bei denen sich über die Coronazeit ein Nachholbedarf in der Schule eingestellt hat. Für diese Familien wäre es besonders schwierig, wenn das Projekt beendet werden würde.

Lieber Herr Bodemann, lieber Herr Scharein, ich danke Ihnen für das Gespräch und werde mich bei den Verhandlungen für eine Weiterfinanzierung Ihrer so wertvollen Arbeit einsetzen!

 

Marianne Burkert-Eulitz (MdA) kandidiert als Direktkandidatin in Wahlkreis 2 für das Abgeordnetenhaus

Dieses Interview erschien zuerst im Stachel, der bündnisgrünen Parteizeitung in Xhain.