Florian Schmidt, Foto: Kilian Vitt

Der Neubau von Raum zum Wohnen und für soziale oder kulturelle Nutzungen ist auch in Friedrichshain-Kreuzberg wichtig, um die Versorgung der Bevölkerung mit Gütern der Daseinsvorsorge zu sichern. Dabei steht Neubau im Spannungsverhältnis zur Tatsache, dass der Bezirk bereits sehr dicht bebaut ist.

Es braucht deshalb immer eine gute Begründung für Neubau und es muss möglichst ökologisch, flächensparend und klimafreundlich gebaut werden. Grün statt grau ist das Motto. Besonders ausgeprägt in unserem Bezirk ist der Wunsch nach Mitgestaltung bei Neubauvorhaben. Leider ermöglicht die Bundes-Gesetzgebung vielen privaten Investor*innen ihre Vorhaben weitestgehend ohne Bürgerbeteiligung durchzusetzen. Umso wichtiger ist es, dass in den Fällen, bei denen gesteuert werden kann, dringende Bedarfe berücksichtigt werden und Beteiligung stattfindet. Immer, wenn die Grundstücke in der öffentlichen Hand sind – oder Bebauungsplanverfahren notwendig sind- , haben wir hierfür einen Hebel in der Hand. Um dabei strategisch vorzugehen, wurde in dieser Legislatur seitens des Bezirksamts das Projekt „LokalBau“ ins Leben gerufen.

Die Idee

Die Idee zur LokalBau-Strategie entstand am Anfang der Legislatur in einem Dialogprozess zwischen stadtpolitischen Initiativen und dem Bezirksamt. Bedarfe der Bevölkerung sollen frühzeitig erkannt und Grundstücke entsprechend entwickelt werden. Gemeinwohlorientierte Projektentwickler*innen sollen gemeinsam mit dem Bezirk, dem Land und landeseigenen Gesellschaften modellhafte Konzepte entwerfen. Insbesondere, wenn dauerhaft gemischte Nutzungen an einem Standort angestrebt werden, macht es Sinn neue gemeinsame Trägerstrukturen aufzubauen, in denen Synergien entstehen können, wie z.B. gemeinschaftlich genutzte Räume oder aktive Nachbarschaftsarbeit.

Konkrete Projekte

Das LokalBau-Team unterstützt mit diesen Zielen die Entwicklung verschiedener bezirks- oder landeseigener Grundstücke: Beim BSR-Areal an der Mühlenstraße geht es darum, den BSR-Betriebshof zu verlagern oder zu komprimieren, damit in Mitten des kommerziell geprägten Entertainment-Districts zwischen Warschauer Str. und Ostbahnhof ein sozial und kulturell vielfältiges Quartier entsteht. Die Wohnungsbaugesellschaft Mitte ist Partner und soll einen großen Anteil der rund 350 Wohnungen errichten, aber auch Genossenschaften könnten zum Zuge kommen. LokalBau entwickelt gemeinsam mit der WBM Modelle der Projektstruktur, damit verschiedene soziale Infrastrukturen des Bezirksamts und Ideen aus der Zivilgesellschaft in das Projekt integriert werden können.

LokalBau unterstützt das YAAM am Ostbahnhof bei der Sicherung des Kulturstandortes, damit einer der letzten Freiraumpioniere an der Spree dauerhaft erhalten bleibt. Am Standort Friedrichstraße. 18/19 in Kreuzberg, in der Nachbarschaft des Jüdischen Museums, entwickelt LokalBau kooperative Trägermodelle gemeinsam mit dem Fachbereich Kultur, dem Schwulen Museum und dem Projekt Ankommen und Bleiben, das die Schaffung von innovativem Wohnraum für Geflüchtete unterstützt.

Entstanden ist daraus die Idee einer kooperativen Kulturbauoffensive, die auch für andere Standorte anwendbar ist. Ziel ist es, über die Vergabe eines Erbbaurechts an einen Träger, z.B. eine landeseigene Gesellschaft oder eine Genossenschaft, die Nutzungsmischung und die Finanzierung des Neubaus sicher zu stellen, sowie die Immobilien dauerhaft steuerbar in der öffentlichen Hand zu halten. In der nächsten Legislatur werden die Verfahren an den genannten und weiteren Standorten von LokalBau begleitet.

Perspektiven

Die bisherige Arbeit hat grundsätzliche Innovationsbedarfe aufgezeigt und entsprechende Organisationsentwicklungen ausgelöst: 1. Die Organisation des politischen Willens innerhalb des Bezirksamts, um zu einer Zielvorstellung zu kommen, bedarf strukturierter Verfahren unter Einbeziehung aller Bedarfsträger, von Kultur bis Kita. 2. Die Koordinierung der Kooperationsakteure muss extern aber unter Integration der beteiligten Akteur*innen und Nachbarschaften umgesetzt werden. Über „Entwicklungsfahrpläne“, „integrierte Werkstattverfahren“ und neue Strategien, wie der „Kulturbauoffensive“ und „gemeinwohlorientierte Trägermodelle“ kann dies gelingen. 3. Gemeinwohlorientierte Immobilienentwicklungen müssen massiv von den spekulativ in die Höhe getriebenen Bodenrichtwerten entlastet werden. Die ertragsorientierte Bodenpreisermittlung zur Berechnung von Erbbaurechtszinsen ist dabei unverzichtbar. 4. Durch Kommunikations- und Netzwerkarbeit werden sowohl potentielle Partner (z.B. über das Netzwerk GI) als auch die Bevölkerung (über Baustelle Gemeinwohl-Plattform) zur Mitgestaltung eingeladen und in politische Gestaltungsprozesse interagiert.

 

Florian Schmidt, Bezirksstadtrat für Bauen, Planen und Facility Management und Platz 2 unserer BVV-Kandidat*innenliste

Dieser Artikel erschien zuerst im Stachel, der bündnisgrünen Parteizeitung in Xhain.