Initiator: Pascal Striebel, Bündnis 90/Die Grünen
Beantwortung durch Bezirksstadtrat Andy Hehmke
Ich frage das Bezirksamt:
1. Wie hat das Bezirksamt den Beschluss des Abgeordnetenhauses von April 2020 umgesetzt, mit dem Senat und Bezirke u.a. aufgefordert wurden, falsch geparkte Fahrzeuge konsequenter und schneller umzusetzen („abzuschleppen“), auch den Parkraumüberwachungskräften die Anordnung des „Abschleppens“ zu ermöglichen, den bisherigen Verfahrensablauf zu beschleunigen, möglichst dezentrale Flächen für abgeschleppte Fahrzeuge zu schaffen und verstärkt präventive wie repressive Schwerpunktaktionen durchzuführen?
2. Wie oft hat das Ordnungsamt im Jahr 2020 gefährdend auf dem Geh- oder Radweg abgestellte „e-Scooter“ kontrolliert (bitte den allgemeinen Umgang schildern und soweit zutreffend die Zahl der Anzeigen, Höhe der Bußgelder und vorgenommenen Umsetzungen nennen)?
3. Trifft die Meldung des Tagesspiegels zu, dass das (per se verbotene!) Gehwegparken durch motorisierte Krafträder (Motorroller, Motorräder etc.) derzeit weiterhin weithin geduldet wird, weil die Beteiligten sich erst dann wieder mit dieser „Berliner Linie“ beschäftigen wollten, wenn demnächst die Erhöhung der Bußgelder beschlossen sei (falls nein, bitte wie Frage 2 beantworten)?
zu Frage 1: Wir haben natürlich nicht nur auf den Beschluss des Abgeordnetenhauses gewartet, sondern führen bekanntermaßen, vielfach ausgeführt, diese Schwerpunktaktionen zum Umsetzen von ordnungswidrig geparkten Fahrzeugen seit 2018 systematisch durch. Also systematisch heißt, mit vorbestellten Umsetzfahrzeugen, die dann vor Ort sind, den Abschleppvorgang durchführen, das Auto an der nächsten freien Stelle absetzen und wieder zurückkommen und die nächsten nicht ordnungsgemäß geparkten Fahrzeuge abschleppen. Es hat in 2018, da haben wir im September begonnen, bis Ende 2018 neun solcher Schwerpunktaktionen gegeben mit insgesamt 46 Umsetzungen. In 2019, das war dann ganzjährig, gab es 60 solcher Schwerpunkttermine mit 523 Umsetzungen und in 2020, allerdings bis April, noch 22 Termine mit 282 Umsetzungen. Nehmen Sie es bitte so, dass das nicht die gesamte Zahl aller erfolgten Umsetzungen im Bezirk ist, die vom Ordnungsamt veranlasst wurden, sondern das sind ausschließlich diejenigen Umsetzungen, die im Rahmen der Schwerpunktaktion stattgefunden haben. Also natürlich gibt es viele weitere Anlässe und Feststellungen, die zur Umsetzung führen, das machen wir nicht nur im Rahmen dieser Schwerpunktaktion. Sie werden aber auch wahrscheinlich sich vorstellen können, dass die Coronapandemie das Ordnungsamt in besonderer Weise fordert.
Es gab im Senat die Verständigung, dass das Ordnungsamt die Federführung bei den Kontrollen hat. Diese Federführung nimmt das Ordnungsamt mit großen Engagement seit Beginn der Pandemie wahr und deswegen sind diese Schwerpunktaktionen auch in dieser Weise seit April letzten Jahres nicht fort… oder konnten nicht fortgeführt werden. Allerdings gab es eine andere Maßnahme, die wir auch landesweit verabredet haben mit dem Senat. Es gab die Einrichtung eines sog. Verkehrsüberwachungsdienstes. Das heißt, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus der Parkraumüberwachung, die sich dafür freiwillig gemeldet haben, konnten in einem sog. Verkehrsüberwachungsdienst einmünden. Das hat allerdings dazu geführt, weil nicht …, ja, also das war nicht gleich verteilt über die Bezirke. Das heißt, wir haben im Rahmen dieser Einführung des VÜD, Verkehrsüberwachungsdienstes, einige Kolleginnen und Kollegen an andere Bezirke verloren, allerdings macht der Verkehrsüberwachungsdienst ausschließlich Überwachung des ruhenden Verkehrs, und zwar im gesamten Bezirk, unabhängig davon, ob wir uns in Parkraumbewirtschaftungszonen befinden oder eben außerhalb der Parkraumbewirtschaftungszonen. Das führt auch zu einiger Schlagkraft, allerdings aufgrund der geringen Personalausstattung nicht in der Weise, wie es vielleicht wünschenswert wäre.
Also wir haben zum einen weitere Aktionen mit den VÜD durchgeführt, aber nicht in der dichten Taktung, wie das noch 2019 ganzjährig der Fall war. Derzeit finden zwei Mal wöchentlich im Zusammenhang mit temporären Halteverbotszonen für Reinigungszwecke solche Umsetzmaßnahmen an verschiedenen Stellen im Bezirk statt mittels Hilfe vorbestellter Abschleppfahrzeuge.
Zu Ihren weiteren Frage, also es war ja eine sehr umfangreiche Frage 1:
Es ist grundsätzlich weiterhin rechtlich schwierig, Parkraumüberwachungskräfte einfach einzusetzen und ihre Kompetenzen auszuweiten. Wir haben VÜD, es gibt allerdings landesweite Diskussionen darüber, ob die Parkraumüberwachungskräfte generell tariflich besser eingruppiert werden sollen und auch ihre Kompetenzen steigen nicht. Ich glaube, hierzu muss es eine Verständigung auch in der neuen Koalition nach den Wahlen geben. Da wird der Senat, wird das Abgeordnetenhaus gemeinsam mit den Bezirken beraten.
Die zweite Diskussion, die wir in dem Kontext auch haben ist die, ob der VÜD, der Verkehrsüberwachungsdienst nur temporär während der Zeit der Coronapandemie eingesetzt werden soll. Wir haben jetzt verabredet landesweit, dass der VÜD zunächst mal bis Ende diesen Jahres im Einsatz bleibt, ursprünglich war das nur bis Ende September vorgesehen, jetzt ist es Ende Dezember. Auch hier muss es eine Verständigung geben, ob das dann weitergeht. Es ist auch schwierig für die Menschen draußen zu verstehen. Wir haben derzeit drei Kategorien von Außendienst der Ordnungsämter. Wir haben die Parkraumüberwachung, wir haben den VÜD und wir haben den allgemeinen Ordnungsdienst, die derzeit unterschiedliche Aufgaben wahrnehmen. Auch dazu bedarf es landesweit einer Verständigung, das vielleicht ein stückweit zu vereinheitlichen und nicht noch dritte und vierte Kategorien einzubeziehen. Die zentralen Flächen können durch das Ordnungsamt nicht eingerichtet werden, solche Flächen gibt es bei uns nicht, über diese verfügen wir nicht, insbesondere in der Innenstadt dürfte das auch zukünftig ein Problem sein und solange, wie die Parkraumbewirtschaftung noch nicht flächendeckend eingeführt ist, bestehen noch im ausreichendem Umfang Flächen zum Abstellen der Fahrzeuge im öffentlichen Straßenland. Also das ist in der Regel kein Problem, die in der Nähe an Stellen, wo sie abgeschleppt werden, dann auch … wo sie abgeschleppt werden auch wieder abzustellen. Eine Diskussion über entsprechende Lösungen erfolgt immer berlinweit, d.h. Senatsinnenverwaltung und Polizei sind an diesen Fragen immer mit dran und sind mit uns gemeinsam im Gespräch.
zu Frage 2: Hierzu wird keine gesonderte Statistik geführt. Entsprechende Störungen, Behinderungen werden uns relativ häufig gemeldet, auch von unseren eigenen … behandelt. In der Regel handelt es sich um eine gehäufte Anzahl von E-Scootern, also nicht einzeln abgestellte Geräte, sondern eine gehäufte Anzahl, die von den Mieter*innen bzw. Nutzer*innen regelwidrig abgestellt wurden, und zwar auch dann, wenn einer den Fußgänger*innenverkehr beeinträchtig. Zum Teil sehen wir das auch auf Radwegen, aber wir sehen es auch auf allen möglichen und unmöglichen Flächen, auf Grünflächen auch gehäuft. Es wird dann jeweils der Anbieter kontaktiert und aufgefordert, diese Situation zu entfernen. In der Regel machen die Anbieter das relativ zeitnah. In letzter Zeit stellen wir fest, dass diese Ansprache bei den Anbietern nicht mehr so zu Reaktionen führt, wie wir uns das wünschen. Das heißt, wir haben des Öfteren in letzter Zeit diese E-Scooter selbst umsetzen müssen, aber sichergestellt haben wir kein Gerät. Allerdings umgesetzt, wenn Gefahrensituationen bestehen, wenn solche E-Scooter beispielsweise auf Radwegen stehen, dann müssen sie auch umgesetzt werden, d.h. anders zur Seite geschafft werden und das kostet dann auch.
zu Frage 3: Sie sprechen die Berliner Linie an. Für alle, die jetzt nicht wissen, was das heißt: Es gibt die Verständigung im Land Berlin, dass beispielsweise Motorroller, Motorräder, die auf Gehwegen so abgestellt sind, dass sie niemanden behindern oder gefährden, dass hier nicht eingegriffen wird, also dass hier keine Ordnungswidrigkeit zur Anzeige gebracht wird. Das war bislang die Berliner Linie. Mir ist nicht bekannt, dass ein Bezirk aus dieser Linie ausschert, mal unabhängig vom Parteibuch der zuständigen Ordnungsstadträtinnen und Ordnungsstadträte. Ich meine auch, es hat nichts mit dem Bußgeld und mit dem neuen Bußgeldkatalog zu tun, sondern es gibt derzeit tatsächlich andere Schwerpunkt. Also das eine ist, dass der AOD mit der Coronapandemie beschäftigt ist und das zweite ist, dass der Verkehrsüberwachungsdienst sich natürlich vornehmlich auf die Orte konzentriert, wo das Falschparken sich so auswirkt, dass die Situation gefährlich ist, also dass sie andere Verkehrsteilnehmer*innen tatsächlich gefährden und hier greifen wir ein und das ist die absolute Priorität und wir täten, glaube ich, nicht gut daran, uns um diese Orte, die wirklich gefährlich sind, nicht zu kümmern und andere Orte so aufgestellt sind, dass sie niemanden gefährden, verstärkt in den Blick zu nehmen. Also das ist eine Frage der Ressourcen, der Personalausstattung. Damit will ich enden, es ist weiterhin erforderlich im Land Berlin sich darauf zu verständigen, dass die Ordnungsämter personell besser ausgestattet werden und das betrifft insbesondere den Allgemeinen Ordnungsdienst mit seiner Vielfalt von Aufgaben, aber auch die Frage der Verkehrsüberwachung, ob man die im Rahmen eines VÜD versteht oder anders organisiert. Wenn man das flächendeckend machen will zu allen Tages- und Nachtzeiten, dann muss man hier definitiv mehr Personalressourcen haben. Vielen Dank.
Pascal Striebel: Dankeschön für die Antworten. Zwei Nachfragen habe ich ja noch. Die Erste vielleicht:
Teilt das Bezirksamt meine Auffassung, dass gerade bei den Rollern und Motorrädern insoweit noch Handlungsbedarf besteht, wenn die dann auch in parkraumbewirtschafteten Gebieten quasi verbotene, aber kostenlose Parkplätze bekommen und es dann auch Roller-Sharing Anbieter gibt, die damit Werbung machen so in Richtung wie Car-Sharing, nur ohne Parkplatzsuche. Das ist die erste Frage.
Und die zweite Frage: Diese auch schon öfter mal diskutierte Geschäftsanweisung über das Umsetzen von Fahrzeugen der Polizei und Ordnungsämter sollte im späten Sommer 2021 überarbeitet werden und fertiggestellt werden. Können Sie uns dazu schon was sagen? Dankeschön.
zu Nachfrage 1: Ich wünsche mir, dass man insgesamt mit solchen Sharing-Anbieter zu klaren Regelungen kommt. Wenn man Ordnung im öffentlichen Raum erreichen will, ist es glaube ich immer besser, Orte auszuweisen, in denen ob es E-Scooter, Roller oder was auch immer sind, abgestellt werden können, sicher abgestellt werden können, wo sie niemanden behindern. Wenn man auf dem Modell besteht, dass sozusagen man beliebig an jedem Ort abstellen kann, ist das in der Tat dort ein Problem, wo sich die Nutzerinnen und Nutzer nicht darum kümmern, wie das Gerät dann steht. Also quer auf dem Gehweg, auf einem Radweg oder in anderer Weise verkehrsgefährdend ist schwierig und wenn das so ist, dann schreiten wir auch ein und dann kostet es auch.
zu Nachfrage 2: Ich glaube, diese Geschäftsanweisung ist vor längerer Zeit, nicht in diesem Jahr, konkretisiert worden. Das war mind. ein Jahr her, wenn nicht zwei Jahre schon. Jetzt kann man sich darüber streiten, ob das eher eine Veränderung in der Formulierung war oder tatsächlich in der Substanz, sodass es andere Möglichkeiten der Auslegung gibt. Mir ist eine Neuerung aus diesem Sommer konkret nicht bekannt. Das schließt aber nicht aus, dass es die tatsächlich gegeben hat.